In Davos in der Schweiz finden nicht nur Skifahrer tolle Möglichkeiten. Kulturfans können einige Angebote entdecken – und auf Erholungssuchende warten Kurhotels und Lamas.
Es waren die Kuren gegen die früher weit verbreitete Tuberkulose, die das Graubündner Bergdorf Davos im 19. Jahrhundert international bekannt und berühmt machten. Zu verdanken war diese Entwicklung vor allem dem aus Mannheim stammenden Arzt Alexander Spengler (1827 – 1901), der nach seiner Beteiligung an den Aufständen 1848/49 aus Deutschland in die Schweiz floh. Zunächst studierte er in Zürich Medizin und wurde 1853 Landarzt in Davos.
Bald fiel ihm auf, dass es dort auf 1.500 Meter Höhe keine Tuberkulose-Kranken gab. Es musste also am Klima und an der reinen Bergluft liegen, so vermutete er, und schnell galt Davos als weltweit einziger Ort, wo diese Krankheit geheilt werden konnte.
In den bald erbauten Sanatorien mussten die Patienten, in warme Decken gewickelt, dreimal täglich zwei Stunden auf Liegen in frischer Luft verbringen und viel gute Alpenmilch trinken. Aus ganz Europa reisten die Kranken an, und Wohlhabende blieben oft mehrere Jahre.
Albert Einstein war auch mal zu Gast
Die, die fit genug waren, feierten Feste und erfreuten sich im Kurhaus an Theater- und Musikprogrammen. Clara Schumann hat dort Klavierkonzerte gegeben, Albert Einstein spielte auf seiner Geige. Ein stattliches Kulturangebot kennzeichnet Davos weiterhin, nun ein lebendiges Städtchen mit 13.000 Einwohnern. Nach eigenen Worten bietet Davos Klosters sogar das weltbeste Gästeprogramm.
Zu den Patienten, die sich in Davos wegen einer angeblich trockenen Tuberkulose im Waldsanatorium, dem heutigen „Waldhotel", behandeln ließen, gehörte 1912 auch Katia Mann, die Ehefrau von Thomas Mann. Einige Zeit später besuchte er sie für gut vier Wochen. Was er bemerkte und Katias Briefen entnahm, fand sich später in seinem bekannten Roman „Der Zauberberg" wieder. Auch erfand Mann einen Chefarzt, dem das Geldverdienen wichtiger war als die Medizin. Damit war nicht Spengler gemeint, der sogar Unterkünfte und Behandlungen für die Armen organisierte. Insgesamt gab es auch zahlreiche Fehldiagnosen wie bei Katia Mann, und gut Betuchte therapierten manche Ärzte gerne länger. Davos war über diesen Roman erbost. Erst im Jahr 2008 wurde abgehend vom „Waldhotel" ein Thomas-Mann-Weg für den Nobelpreisträger angelegt, der hinauf zur Schatzalp führt. Das dortige Luxus-Sanatorium, in dem üppige Feste gefeiert wurden, dient inzwischen als Hotel.
Traditionelle Werkstatt für Skischuhe
Im Kirchner Museum sind nun auch Tagebücher und Schriftstücke von Thomas Mann unter Glas zu sehen. Manns Handschrift ist schwierig zu lesen, doch weit mehr beeindrucken ohnehin die fabelhaft farbigen Bilder von Ernst Ludwig Kirchner (1880 – 1938) und seine schwarz-weißen Holzstiche. Werke des Zeitgenossen Philipp Bauknecht wurden als Kontrast dazu gehängt.
Nach Ängsten im Ersten Weltkrieg, Lähmungserscheinungen an den Händen und Morphium-Gebrauch gesundete Kirchner weitgehend auf der Stafelalp. Seine Bilder zeigen, wie sehr ihn Davos, dessen Umgebung und die Berglandschaft beeindruckt haben. Auch für Kirchner ist Davos zum Kurort geworden. Als er erneut morphiumsüchtig wurde, erschoss er sich.
Doch der Mythos Davos ist erhalten geblieben. Dem dortigen Wissenschaftlertreffen vor dem Ersten Weltkrieg folgt seit rund 50 Jahren das Davoser Weltwirtschaftsforum, das 2022 im Mai stattfinden soll. Gekurt wird ebenfalls, aber in anderer Form.
Immerhin hatte schon Alexander Spengler erkannt, dass zur Genesung auch Bewegung nötig ist. Also ging er mit den Kranken wandern, und seine nordischen Skier sind im Sportmuseum zu sehen. Technisch weit besser ausgerüstet streben sportliche Fahrer sogleich zu den Abfahrten auf der Parsenn. Doch vor dem ersten Schwung Richtung Davos oder Klosters bewundern viele zunächst das imposante Gipfelpanorama. Bilder, die zur Kur für die TV-Augen werden.
Doch eines gehört zum rasanten Downhill und zum wahren Skiläuferglück: der richtige Skistiefel. Der soll nicht drücken, sondern dem Fuß angepasst sein. Kenner finden ihn in Davos beim Traditionshersteller Heierling. Denn es war Franz Heierling, der 1883 eine Schuhmacherwerkstatt gründete und 1885 die ersten Skischuhe herstellte.
Nun, in der vierten Generation, führt Hans-Martin Heierling den Betrieb. Gern zeigt er die alten Modelle aus Leder und die späteren hohen Plastikstiefel mit Schnallen. Jetzt sind neue Technik und „Boot Fitting" angesagt, und der Schuh wird dem Fuß genau angepasst. Dieses Ziel wurde bei Heierling stets verfolgt, auch olympische Goldmedaillen haben Rennläuferinnen und Rennläufer mit Heierling-Modellen gewonnen. Kürzlich ist der neue Stiefel hI auf den Markt gekommen, einer in schlichtem Grau, doch schnell haben die schon Wartenden zugegriffen. Denn dieser Skistiefel ist reparabel. Außerdem können die Materialien recycelt, aufgearbeitet und erneut verwendet werden. „Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung sind jetzt nötig", betont Hans-Martin Heierling, und das gilt wohl auch für Langlauf- und Wanderschuhe.
Solches brauchen auch die Gäste, die gern die Wanderwege nutzen, der sich in Davos Platz am Bach entlangzieht. Mütter und Väter spazieren dort mit ihren Kinderwagen. Neben ihnen spurten die Langläufer Freestyle oder in den Loipen. Die Skiläufer schwingen sich derweil auf die Sessellifte. Hier werden alle zufrieden. Wieder andere steigen in die Jakobshornbahn, um während der Fahrt Davos von oben zu sehen und zu fotografieren. Nicht alle haben Skier dabei, denn dort gibt es ebenfalls Wanderwege. Nicht wenige kuren noch lieber bei Kaffee und Kuchen auf der Sonnenterrasse der „Jschalp".
Zum Nonplusultra wird jedoch das Lama-Trekking, das der „Arvenhof" im Dörfchen Klosters-Serneus anbietet, noch geprägt von den schönen alten Walserhäusern. Larissa und Rico Jegen führen den von den Eltern 2002 gegründeten Lama-Hof seit 2016 als landwirtschaftlichen Bio-Bergbetrieb weiter. „Die meisten sind Classic Lamas, einige Wolly Lamas", erklärt Larissa. Zurzeit haben sie 49 Lamas, die in Gruppen aufgeteilt sind. Die erste ist die Zuchtgruppe mit einem Hengst.
Lama-Trekking auch für Schulklassen
Dazu gehört auch der fünfjährige Bonito, der von Rico fürs Trekking ausgebildet wurde. Ein großes kräftiges Tier mit einem Gestell für Rucksäcke auf dem Rücken. Die zweite Gruppe besteht aus den ein- bis dreijährigen Jungtieren. Sie werden neu sortiert, wenn die Stuten das Alter für die Deckung erreicht haben. Die Trekking-Gruppen umfassen zumeist fünf bis zehn Gäste, und jede Person darf sich das Tier wählen. So finden sich die zueinander Passenden zusammen, weiß Rico und hat seinen kleinen Sohn Orlando mit dabei. Er und seine beiden Geschwister scheinen in einer heilen Welt aufzuwachsen. Auch Schulklassen und Firmen mit ihren Mitarbeitern kommen gern. Letztere reden zunächst nur über ihren Job, werden aber bald immer stiller, hat Rico beobachtet. Das Lama-Trekking wird für alle zu einer Entspannungskur und bleibt unvergesslich. Im Hoflädchen gibt es zudem Handgestricktes und Hausschuhe aus und mit weicher warmer Lamawolle sowie mit Lamawolle gefüllte Kissen.