„Wir finden Schimmel, den keiner sieht!", lautet das Motto von Labradorhündin Elli und ihrer Besitzerin Patricia Staß. Die beiden sind Expertinnen für die Suche nach versteckten Schimmelquellen.
Mit ihren feinen Nasen können Hunde fast alles aufspüren – zum Beispiel Geldscheine, Drogen, elektronische Datenträger, Lawinenopfer oder Sprengstoffe. Sie verfügen über bis zu 300 Millionen Riechzellen, der Mensch nur über rund zehn Millionen. Die vierjährige Labradorhündin Elli ist auf Schimmel-Geruch spezialisiert. „Ihr macht es ganz viel Freude, es ist für sie ein Spiel", sagt ihre Besitzerin Patricia Staß (50). Der Rasse wird ein sogenannter „will to please" nachgesagt. Das heißt: Der Hund hat ein großes Bedürfnis, seinem Menschen zu gefallen. Das Spürhund-Team ist im Auftrag von Patricia Staß’ Ehemann Christoph Staß unterwegs. Die Firma des Stuckateurmeisters im nordsaarländischen Wahlen, einem Ortsteil von Losheim, modernisiert Häuser. Manchmal wenden sich Kunden, die einen Schimmelbefall befürchten, an den Fachmann. Etwa Personen, die ein Haus kaufen wollen oder schon gekauft haben. Oder Immobilienbesitzer, bei denen sich gesundheitliche Beschwerden zeigen, sobald sie die eigenen vier Wände betreten. Schimmel kann etwa Husten, Schnupfen, Müdigkeit, Halskratzen, Übelkeit und brennende Augen verursachen. Er entsteht dort, wo es feucht ist – wenn man falsch lüftet oder beim Bauen nicht genug Zeit zum Trocknen einplant. Oder wenn Leitungswasserschäden zu spät oder nicht sachgemäß behoben werden.
12.000 Euro kostet die Ausbildung
Spürnase Elli ist in der Lage, mikrobiologisch produzierte flüchtige organische Verbindungen (MVOC) bereits in geringster Konzentration zu erschnüffeln. Lange bevor die ungeliebten Pilze fürs menschliche Auge sichtbar werden. „Wir finden Schimmel, den keiner sieht!", lautet das Motto des „Spürhund-Teams Patricia". Ein weiterer Vorteil: Die Suche ist zerstörungsfrei, unnötige Probebohrungen auf Verdacht gibt es nicht. Nachdem die Eheleute im Fernsehen einen Bericht über Spürhunde gesehen hatten, beschlossen sie, das Leistungsspektrum des Unternehmens zu erweitern und einen Schimmelspürhund einzusetzen. Der passende Kandidat für den Job war schnell gefunden, Elli stammt aus der eigenen Zucht. Geschult wurde sie von einem Trainer, der auch Diensthunde für Polizei und Bundeswehr ausbildet. Einmal in der Woche fuhr Elli mit ihrem Frauchen zur Hundeschule nach Bad Honnef. Zwischendurch gab es Hausaufgaben, und nach einem Jahr wurde eine Prüfung abgelegt. 12.000 Euro kostete die Ausbildung. Die Technik des Suchens lernte Elli zunächst mit Materialien, die einfacher zu besorgen sind als Schimmelsporen. Sie schnüffelte an verschlossenen Gläsern mit Linsen, Nudeln oder Pellets. Anschließend wurden die Proben in einer Lagerhalle versteckt.
Jeden Fund ihres Schützlings bestätigt Patricia Staß zunächst mit einem Hundeklicker. Nach dem akustischen Signal gibt es natürlich noch ein Leckerli. „Fürs Fressen machen Labradore ziemlich viel", verrät die Tierfreundin mit einem Schmunzeln. Wenn bei jeder Meldung eine Belohnung winkt, ist die Versuchung groß, auch mal grundlos anzuschlagen. Gibt es manchmal Fehlalarm? „Das kommt vor", räumt die Losheimerin ein. Die Täuschungsmanöver durchschaut sie allerdings schnell. „Das merke ich dann am Verhalten." Während der Ausbildung hat sie gelernt, die Körpersprache ihres Partners mit der kalten Schnauze zu deuten. Sobald Elli Schimmelspuren entdeckt, bleibt sie für einen Augenblick bewegungslos stehen. Wenn die Hündin nach dem „Einfrieren" noch kurz die Pfote auf die Fundstelle legt, besteht kein Zweifel mehr. „Dann befindet sich dort hundertprozentig Schimmel", versichert Patricia Staß. Damit Ellis empfindsame Nase den antrainierten Geruch nicht vergisst, schickt ihr Ausbilder einmal im Jahr luftdicht in Folie eingeschweißte Schimmelsporen. „Damit trainiere ich", erläutert die Expertin. Bei elf verschiedenen Schimmelsorten schlägt Elli an. Im eigenen Haus kennt sie mittlerweile jedes Versteck. Deshalb sucht das Duo zurzeit eine Halle oder eine Garage zum Üben.
Gutachter zeigen sich beeindruckt
„Meines Wissens gibt es sonst keinen Schimmelspürhund im Saarland", sagt Patricia Staß. Sobald sie Elli das Geschirr anlegt, weiß der Labrador: Jetzt geht’s zur Arbeit. Am Tag vor dem FORUM-Besuch stand eine Premiere an. Erstmals wurde die Hündin in einem Wohnmobil eingesetzt. Übers Dach war Feuchtigkeit eingedrungen. Nach einer halben Stunde hatte Elli alle Schimmelstellen gefunden. Ein Gutachter, der ebenfalls zurate gezogen wurde, zeigte sich beeindruckt von den Fähigkeiten der Fellnase. Vor den Einsätzen schaut sich Ellis Frauchen die Objekte zunächst alleine an. Manchmal bittet sie den Kunden, Möbel von der Wand zu schieben oder den Strom abzuschalten. Zur Sicherheit, falls Elli ihre Nase tief in die Steckdose drückt. Die Räume werden vor der Suchaktion ausgiebig gelüftet, alle Haustiere müssen raus. Nach der Arbeit markiert Patricia Staß die Fundorte mit Klebeband. Außerdem macht sie Fotos. Ihr Ehemann analysiert mögliche bauphysikalische Ursachen und schreibt einen Bericht für den Auftraggeber.
Ein Hausbesitzer, der das Dach selbst ausgebaut hatte, engagierte das Spürhund-Team, weil es muffig in den Kleiderschränken roch. Vielleicht war ja ein Heizungsrohr leck? Undichte Stellen fand Elli allerdings nicht. Dafür aber Kot und Beutereste eines Marders, die Schimmel angesetzt hatten. „Schimmel durch einen Wasserschaden wäre mir lieber gewesen", bedauerte der Kunde. Dann hätte nämlich die Versicherung gezahlt. So musste er für die Beseitigung der Schäden selbst aufkommen. Dass man bei der Suche nach Schimmel immer häufiger auf sensible Hundenasen setzt, weiß auch das Umweltbundesamt. „Zunehmend werden speziell ausgebildete Schimmelspürhunde eingesetzt, um verborgene Schimmelpilzkontaminationen zu erkennen", schreibt die Behörde in ihrem Ratgeber „Schimmel im Haus". Darin verweist sie aber auch auf die Grenzen des Einsatzes: Auch wenn der Hund einen verdeckten Schimmelbefall markiere – eine Aussage über das tatsächliche Ausmaß der Schimmelpilzbelastung und über eine eventuelle gesundheitliche Gefährdung der Bewohner sei dadurch noch nicht möglich. Das kann erst ein Labor klären. „Wird ein Schimmelbefall lokalisiert, ist Handeln angesagt. Es sollte schnellstens eine Materialprobe entnommen und analysiert werden", empfiehlt Unternehmer Christoph Staß.