Peter Regin soll bei den Eisbären seinen Landsmann Frans Nielsen ersetzen. Er bringt ein ähnliches Spielerprofil wie sein Vorgänger mit, auch andere Parallelen sind verblüffend. Doch eine reine Kopie will Regin nicht sein.
Nach 22 Jahren im Profigeschäft genießt Frans Nielsen das Leben als Eishockey-Rentner. Mit seiner Ehefrau Moa und den drei Kindern verbringt der Däne zu Hause in Herning ganz entspannt seine Tage, von Stress keine Spur. Er müsse „erst mal Abstand gewinnen und mich um meine Familie kümmern, die oft auf mich verzichten musste", hatte Nielsen vor seinem endgültigen Abschied bei den Eisbären Berlin gesagt.
Den früheren Stürmer, dem schon während seiner Karriere ein gutes Gefühl für Taktik und Spielsituationen nachgesagt wurde, zieht es nicht auf die Trainerbank. Zumindest noch nicht. „Ich werde nicht gleich als Trainer einsteigen, denn dann bin ich wieder genauso viel unterwegs wie bisher", sagte er. Was von seiner Laufbahn als Spieler bleibt, ist phänomenal. 949 Partien hat Dänemarks Eishockey-Ikone in der nordamerikanischen Profiliga NHL bestritten, bei den New York Islanders (2006 bis 2016) und den Detroit Red Wings (2016 bis 2021) hat man ihn noch heute in guter Erinnerung. Zum Abschluss hängte der spielstarke Center noch ein Jahr bei den Eisbären dran – und er bereute diese Entscheidung nicht. „Ich hätte mir kein schöneres Ende meiner Laufbahn vorstellen können", sagte Nielsen mit Blick auf den im Mai errungenen deutschen Meistertitel. Doch auch die Atmosphäre beim DEL-Rekordchampion hat den Vielgereisten beeindruckt. „In der NHL kommen Leute nicht mit Trommeln", berichtete er: „Ich habe nie vermutet, von welchen Emotionen ich nach einer so langen Eishockey-Karriere bei den Spielen erfasst wurde."
Nielsen zieht es nicht auf die Trainerbank
Doch auch sportlich war das letzte Kapitel ein voller Erfolg, und zwar für beide Seiten – nicht nur wegen seiner 16 Treffer und 18 Vorlagen. Seine Übersicht, Erfahrung und spielerische Klasse taten dem Team gut. „Frans war in der abgelaufenen Saison ein sehr wichtiger Spieler für uns", lobte Sportdirektor Stéphane Richer den Routinier: „Trotz seiner beeindruckenden Laufbahn hat er sich immer in den Dienst der Mannschaft gestellt." Und wie kann so jemand ersetzt werden? Die Eisbären haben eine – zumindest auf dem Papier – ideale Lösung gefunden. Nielsen gibt quasi den Staffelstab an einen Nachfolger ab, der erstaunlich viele Parallelen zu ihm aufweist: Peter Regin.
Regin ist ebenfalls Däne und kommt genau wie Nielsen aus Herning, wo sie beide bei den ortsansässigen Blue Fox ausgebildet wurden. Beide konnten über die Zwischenstation Schweden in der NHL Fuß fassen, nachdem zuvor beide im Draft jeweils in Runde drei an Position 87 gezogen worden waren. Regin kommt in der besten Eishockeyliga der Welt immerhin auf 254 Partien (Ottawa Senators, New York Islanders, Chicago Blackhawks). Der Mittelstürmer spielt die gleiche Position wie Nielsen, ist ebenfalls Linksschütze, mit 36 Jahren nur unwesentlich jünger als sein Vorgänger und körperlich von ähnlicher Statur. Der Fall ist also klar: Regin ist ein Eins-zu-eins-Ersatz für Nielsen, auch er soll die junge Mannschaft mit seiner Erfahrung und Ausstrahlung auf dem Eis und in der Kabine führen. Dass er das Zeug dazu hat, bewies er auf seinen vorherigen Stationen bei Jokerit Helsinki und HC Ambri-Piotta sowie in der dänischen Nationalmannschaft, die er bei den Olympischen Spielen 2022 als Kapitän bis ins Viertelfinale führte. Übrigens an der Seite von Nielsen, der wenig später bei der WM in Finnland seine letzten Spiele überhaupt absolvierte.
Regin verabschiedete seinen Kumpel gebührend – und nun tritt er in Berlin in dessen Fußstapfen. Die Erwartungen an ihn sind hoch. „Peter ist ein Top-Center, mit umfangreicher Erfahrung und großer Qualität. Er hat in seiner Karriere bewiesen, dass er vielseitig einsetzbar ist und Führungsqualitäten besitzt", sagte Richer. Der prominente Neuzugang soll nicht nur die eigenen Fans erfreuen. „Ein Spieler seiner Klasse", meinte der Eisbären-Sportdirektor, „ist nicht nur eine Bereicherung für uns, sondern auch für die gesamte Liga."
Der Hochgelobte hat sich vor seinem Wechsel natürlich auch mit Nielsen über den Club, die Fans und das Leben in der Hauptstadt ausgetauscht. „Ich habe nur Positives über die Mannschaft und die gesamte Organisation gehört", verriet Regin. Er freue sich, bald ein Teil davon zu sein. Im Livestream habe er sich ein paar Spiele der Vorsaison angeschaut – und er war von der Stimmung in der Arena am Ostbahnhof schwer beeindruckt. „Ich kann es kaum erwarten, diese einzigartige Atmosphäre aus nächster Nähe erleben zu dürfen", sagte er. Und Regin wusste auch, was die Fans bei einer Vorstellung gern hören: „Natürlich ist es unser Ziel, unseren Titel zu verteidigen und die dritte Meisterschaft in Folge zu feiern."
Dafür reicht es nicht, wenn Regin die hohen Erwartungen an ihn erfüllt. Auch die anderen Neuzugänge wie Brendan Guhle (von NHL-Club Anaheim Mighty Ducks), Frank Mauer (Red Bull München) oder Torhüter Juho Markkanen (HC Lugano) müssen liefern. Nicht nur der Abgang von Nielsen muss kompensiert werden, auch andere Leistungsträger aus der vorherigen Meistersaison fehlen. In der Abwehr dürfte der zuverlässige Kai Wissmann (zu Boston Bruins) schmerzlich vermisst werden, und im Tor könnte sich durch den Wechsel von Nationalspieler Matthias Niederberger nach München eine Problemzone auftun.
Kern der Mannschaft wurde gehalten
Niederberger war ein Garant für Stabilität, auch in hektischen Phasen des Spiels war meist auf ihn Verlass. Ob die jungen Markkanen (20), Tobias Ancicka (21) und Nikita Quapp (19), die in der kommenden Saison das Torhüter-Gespann bei den Eisbären bilden sollen, den Verlust auf Anhieb auffangen können, bleibt fraglich. Richer sieht das Team zwar auf der immens wichtigen Torhüter-Position „sehr gut aufgestellt", vor allem Markkanen besitze „enormes Potenzial". Doch es gilt als nicht ausgeschlossen, dass sich die Berliner eine Ausländerlizenz aufheben, um später vielleicht doch noch mal bei den Torhütern nachzulegen und mehr Erfahrung einzukaufen.
Das Gerüst der Meistermannschaft konnte zusammengehalten werden, was an sich schon eine große Herausforderung war. Um die Verträge der absoluten Leistungsträger Marcel Noebels (langfristiger Vertrag), Eric Mik, Leo Pföderl und Matt White (jeweils zwei weitere Jahre) zu verlängern, musste sich der Club finanziell mächtig strecken. Zudem konnten Kapitän Frank Hördler, Ancicka, Manuel Wiederer und Yannick Veilleux für mindestens eine weitere Saison an den Verein gebunden werden. „Wir sind sehr zufrieden mit diesen Vertragsverlängerungen", sagte Richer: „Nach dem Gewinn der Meisterschaft war es unser Ziel, den Kern unserer Mannschaft in Berlin zu halten."
Ein Topspieler wie Regin soll die Qualität bestenfalls noch erhöhen. „Ich habe auch große Erwartungen an mich selbst", betonte der Stürmer. Eine davon ist, die Rolle von Nielsen zu übernehmen. „Wir sind zusammen aufgewachsen und enge Freunde. Wir beide ähneln uns sehr, sind dann aber doch in vielerlei Hinsicht verschieden", meinte Regin. Er werde zwar versuchen, „Frans’ Fußstapfen, die er hier hinterlassen hat, so gut es geht auszufüllen." Als reine Nielsen-Kopie sieht sich der Neuzugang aber keineswegs: „Ich werde versuchen, die Mannschaft auf meine Art und Weise bestmöglich zu unterstützen."