Das Pistachio Street Food Festival huldigt dem grünen Gold Siziliens am 27. und 28. August im Gleisdreieckpark. Bei „Duo Sicilian Ice Cream" kann vorgeschmeckt werden: Antonio Tomasello stammt aus Bronte und verarbeitet Steinfrüchte von den Ätna-Böden seit sechs Jahren.
Eine Tonne Pistazien pro Jahr geht allein durch die Maschinen von „Duo Sicilian Ice Cream". „Meine Heimatstadt Bronte produziert gerade mal um die 20 Tonnen im Jahr", sagt Inhaber Antonio Tomasello. Der Eismacher weiß, welche der Steinfrüchte noch vor Ort auf welche Art geröstet und schließlich in Berlin zu Eis, Cannoli- und Croissant-Füllung, Mus oder Pesto verarbeitet werden sollen. Die Zeiten, in denen er gerade einmal 100 Kilogramm pro Saison verbrauchte und Pistazien selbst röstete, sind für Tomasello seit drei, vier Jahren vorbei. Aber die Qualität ist geblieben.
Pistazien aus Bronte sind mindestens für alle fein schmeckenden Italiener Goldstandard. Sie wachsen am Ätna auf Böden aus Lavagestein.
„Unsere Pistazien sind sehr grün und intensiv", sagt Tomasello. „Um die 40 Prozent der Bäume" kenne er persönlich, Onkel und Nachbarn bauen an. „Den Rest kaufe ich in ‚DOP‘-Qualität zu." Die „Denominazione d’Origine Protetta" (DOP) entspricht dem EU-Siegel „Geschützte Ursprungsbezeichnung" (g.U.) mit strengen Vorgaben an regionale Produkte. Pistazien haben eine lange Tradition in Sizilien. Die Araber brachten die Bäume mit und kultivierten das „oro verde", das „grüne Gold".
Mit dem Eis huldigt er der Heimat
In Berlin ist die Schlange am Eisladen an der Skalitzer Straße meist lang. Und die Wahrscheinlichkeit hoch, dass neben dem klassischen, kompakt-cremigen „puren" Pistazieneis weitere, an Sizilien erinnernde Kreationen mit dem Spatel auf Hörnchen oder in die Becher gestrichen werden. „Etna" ist so ein Eis, mit dem Antonio Tomasello seine Heimat würdigt. Es wird mit leicht gerösteten Mandeln aus Avola hergestellt und ist von Pistaziencreme durchzogen.
Pistazien werden bei „Duo Sicilian" ebenfalls täglich als Creme in frischgebackene Croissants gefüllt. Bleiben welche übrig, kommen sie am nächsten Tag zu Bröckchen gezupft als Füllung in ein „Brontesino"-Gelato. Pistaziencroissant und Mascarpone-Eis vereinen sich zu einem wahrhaftigen „Duo Sicilian". Antonio Tomasello liebt die Sorte „Sicily". In ihr verbindet sich eine Creme mit den intensiven Aromen der Zitronenschale mit einem Mandeleis. „Limonencreme mit Mandel, das ist für mich Sizilien."
Antonio Tomasello stammt aus einer Eismacher-Familie. Sein Vater kam 1972 ins Münsterland und eröffnete ein Eiscafé. Das hinterließ Spuren beim Sohn, der nach dem Studium mit seinem Bürojob in Berlin unglücklich wurde. „Ich habe zu meinem Vater gesagt: Gib mir die Rezepte, ich mache einen Eisladen." Der Vater tat wie ihm geheißen, traute dem Sohn die Eismacherei zu. „70 bis 80 Prozent meines Wissens habe ich von meinen Eltern. Die Telefonate mit meinem Vater gehen bis heute über Eis. Die Bitterschokolade mache ich genauso wie er, daran habe ich nichts verändert."
2016 eröffnete der erste „Duo Sicilian"-Eisladen, 2018 der heutige, größere in der Skalitzer Straße 82 einige Häuser weiter. Im Jahr 2021 kam eine Filiale in der Käthe-Niederkirchner-Straße im Prenzlauer Berg hinzu. Produziert wird seit Juni 2022 im Eislabor am Maybachufer. Dort ist genügend Platz zum Experimentieren, Produzieren und für kreative Workshops mit anderen Eismachern oder solchen, die es werden wollen.
„Duo Sicilian" stellt sein Eis unter anderem nach Art einer sizilianischen Granita her. Sie besteht lediglich aus den drei Zutaten „Wasser, Zucker und Geschmack". In sie wird keine Luft eingeschlagen. Cremigeres Eis hat bei „Duo Sicilian" lediglich 18 bis 20 Prozent Lufteinschlag. „In normalen Eisdielen sind es bis zu 35 Prozent." Luft ist eben günstiger als Zutaten wie Obst, Milch und Sahne, die bei „Duo" in Bio-Qualität in die Maschinen kommen. Eine Portion von einer Sorte, die mit dem Spatel aus den Edelstahlbehältern entnommen wird, kostet zwei Euro.
Bei anderen ist zu viel Luft drin
Auf eine ordentliche Herkunft legt Tomasello Wert: „Unsere tropischen Früchte wie die Mangos lassen wir aus Brasilien schicken. Für uns ist wichtig, dass wir sie von kleinen Unternehmen beziehen, die Bauern kennen und eine fast direkte Lieferung haben." Wenn „Duo Sicilian" von Mitte Dezember bis Ende Januar schließt, ist Zeit, nicht allein die Familie auf der Insel zu besuchen, sondern auch die Pistazienbauern vor Ort oder die Haselnusserzeuger im Piemont.
Natürlich dreht sich bei „Duo" nicht alles um die Pistazie – Sorbets, laktosefreie, vegane oder glutenfreie Sorten sämtlicher Geschmacksrichtungen sind ebenfalls in der Eistheke zu finden. Und Antonio Tomasello erfindet gern Neues. Eine Pistazien-Focaccia mit einem salzigen Bufala-Gelato mit Pistazien-Topping etwa, die er beim Italian Christmas Market im Dezember anbot. Die sizilianische Art, Eis in eine Brioche zu streichen und als süße Mahlzeit zu verzehren, versucht er den Berlinern ebenfalls nahezubringen – bei „Duo" liegen immer frisch gebackene Milchbrötchen mit Hut in der Auslage.
Wem das zu gehaltvoll ist, der hat vielleicht eher Freude an einem Affogato, bei dem klassischerweise Vanilleeis wortwörtlich in einem Espresso ertrinkt. Bei der Berlin Ice Cream Week ging „Duo Sicilian" mit einem „zeitgenössischen Becher" mit Büffelmilch-Eiscreme, getoppt von einem Stück Focaccia und einem salzigen Pistazienpesto, an den Start.
Geht es um sehr gutes Eis und um Pistazien, sind Antonio Tomasello und „Duo Sicilian" mit Eis, Granita und Pistaziencreme nicht weit – so auch beim zweiten Pistachio Street Food Festival im „Jules B-Part" im Gleisdreieckpark. Am 27. und 28. August wird dort der Pistazie an 20 Ständen zum zweiten Mal kulinarisch und international gehuldigt. Sie lässt sich in Süß oder Salzig, als dominierende oder begleitende Zutat verarbeiten: Francesco Bordo von „Paisà" setzt in seinem Food Truck auf Pasta mit diversen Pistaziensaucen; „Tehran 021" hat sich dagegen dem persischen Juwelenreis mit Safran, Pistazien und Mandeln und den Samosas mit Pistazien verschrieben.
Als süße Dessert-Spielart ist Sholeh Zard, ein persischer Safran-Reispudding mit Pistazien und Mandeln, im Angebot. „Mangiare Berlin" bringt seine Fritteusen sowie einen mobilen Ofen mit und tischt klassisch gebackene sowie frittierte Pizzen mit Pistazien-Toppings auf. Einer der Besucher-Lieblinge war im vergangenen Jahr der Oktopus-Burger mit Pistaziensauce. Sergio Priore hält unter anderem diese Spezialität von „Med Eat Terranian Trip" wieder bereit.
Hier kann man den Pistazien-Kosmos entdecken
In die südamerikanische Pistazienwelt geht es am Stand von „Jarú" mit peruanischer Ceviche, Empanadas und Lomo Saltado mit Pistazien. „Zum heiligen Teufel" bringt Panzerotti, das italienische Pendant der mit Pistazien gefüllten Teigtasche, mit. „El Mexicano Tacos" toppt diese sowie Nachos mit Pistaziensauce. „Lemon Feinkost" versüßt das Leben mit Baklava und Mafruka-Dessert mit den grünen Früchtchen auf die orientalische Art. Eine weitere sichere Anlaufstelle fürs qualitätvolle Naschen ist „Kuchen von Gaia" – die Cannoli und Bigné-Windbeutel mit Pistaziencreme sowie Pistazien-Tiramisu werden Giulio Silveri gewiss wie im Vorjahr aus den Händen gerissen. „Guten Dag" wiederum zeigt, dass frittierte Hühnchen und Gemüse sich im koreanischen Stil schmackhaft mit Pistazien verbinden lassen.
An weiteren italienischen Ständen kommen die Pistazien in Burger und Piadine, Focaccia und Pucce. Die „BBQ Fraktion" toppt ihre Pulled Pork- oder Pastrami-Burger und Piadine, dünne Fladenbrote aus der Emilia Romagna, mit gehackten oder zu Sauce verarbeiteten Pistazien. „Dolci e Salati" füllt salzige Cannoli mit Ricottacreme, Mortadella oder Pistazien sowie gebackene Calzone mit Pistazienpesto. „Cargo Gastronomia" macht mit Pucce, einer Art apulischer Focaccia, mit Pistazienfüllungen bekannt. Die „Focacceria San Francesco" steht mit Sfincione, der sizilianischen Spielart der Focaccia, Pistazien-Arancini und gemischten Frittüren mit Pistaziensauce parat. Aus den Abbruzzen stammen die Arrosticini, gegrillte Fleischspieße, mit Pistaziensauce, die „Isola Italia" mitbringt.
Das zweite Pistachio Street Food Festival wird so zur Entdeckungsreise durch den Pistazien-Kosmos sowie zur Erkundungstour durch die unterschiedlichen Länder- und italienischen Regionalküchen. Wer den Genuss verlängern will, kann sich am Stand von „Paesano" und „Mammafiore" mit Pistazien-Likören eindecken oder findet bei „Vifino" mit Cremes, Pesto und Keksen genügend Köstliches für das häusliche Pistazienglück.