Im US-Remake der schwedischen Tragikomödie „Ein Mann namens Ove“ gewinnt Tom Hanks dem grantigen alten Mann viele neue Facetten ab. Und Ove heißt jetzt Otto. „Ein Mann namens Otto“ läuft seit 2. Februar im Kino.
Otto Anderson (Tom Hanks) hat eigentlich nur noch ein Ziel: Selbstmord. Nach dem Tod seiner geliebten Frau ist er schwer depressiv und findet das schnöde Dasein definitiv nicht mehr lebenswert. Der Vorort von Pittsburgh, in dem er in einem Reihenhäuschen wohnt, ist trist und kalt. Seine Nachbarn gehen ihm furchtbar auf die Nerven. Sie sind zu faul, um den Müll richtig zu trennen, zu dumm um eine Einbahnstraße richtig herum zu befahren oder eine Leiter sicher an ein Hausdach zu lehnen. Dann muss sich Otto auch noch über einen Typen im Baumarkt ärgern, der ihm partout einen längeren Strick verkaufen will als er braucht, um sich zu erhängen. Doch das ist nicht das eigentliche Problem. Denn als sich Otto schließlich im Wohnzimmer erhängt, reißt nach wenigen Augenblicken der Haken aus. Otto fällt – und lebt, mit einem großen Loch in der Decke. Und als wäre das nicht schlimm genug, zieht gegenüber auch noch die hochschwangere Mexikanerin Marisol (Mariana Treviño) mit ihrem Mann und zwei jungen Töchtern ein.
Remake des Erfolgsfilms
Marisol ist eine herzensgute, freundliche und sehr mitteilungsbedürftige Frau, die sich auch durch Ottos griesgrämige und mürrische Art nicht davon abhalten lässt, ihn immer wieder um Rat zu fragen. Missgelaunt und äußerst reserviert lässt sich Otto dann schließlich doch dazu breitschlagen, ihr zu helfen. Dankbar revanchiert sie sich, indem sie Otto mit Schüsseln voller Leckereien versorgt. Konsequent ignoriert sie Ottos schlimme Beleidigungen und lässt sich sogar zu dem Satz hinreißen: „Jedes Ihrer Worte ist wie eine warme Umarmung.“ Nach weiteren fehlgeschlagenen Selbstmordversuchen gibt Otto vorübergehend seinen Plan auf, sich selbst zu entleiben. Stattdessen eröffnen ihm Marisols ungebremste Herzlichkeit und Zuwendung neue Lebensperspektiven. So überrascht es nicht, dass er sich bald liebevoll um eine streunende Katze kümmert. Aber das ist erst der Anfang …
„Ein Mann namens Otto“ ist die amerikanische Version des schwedischen Originals „Ein Mann namens Ove“, das nach dem gleichnamigen Bestseller vor acht Jahren ins Kino kam. Sowohl das Buch als auch der Film waren ein großer Erfolg. Allein in Deutschland amüsierte sich eine halbe Million Zuschauer köstlich über den griesgrämigen Grantler mit dem großen Herz. Tom Hanks spielt Otto anfangs mit stoischer Verachtung für seine Mitmenschen, die er sowieso alle für Idioten hält. Nur sehr langsam schält er sich aus seiner Verbitterung und Vereinsamung heraus und wird wieder zu dem mitfühlenden und hilfsbereiten Menschen, den wir in diversen Rückblenden kennenlernen. Den jüngeren Otto in diesen Sequenzen spielt übrigens Tom Hanks’ Sohn Truman.
Hauptdarsteller mit Charisma
Marc Forster, der schon bei so unterschiedlichen Filmen wie „Wenn Träume fliegen lernen“, „Drachenläufer“ und dem Bond-Film „Ein Quantum Trost“ Regie führte, hat sich bei „Ein Mann namens Otto“ für eine eher abgetönte Erzählweise entschieden: ohne knallige Höhepunkte oder aufrüttelnde Statements. Die hätte man nämlich durchaus erwarten können. Schließlich geht es in diesem Film auch um so heiße Eisen wie Sterbehilfe, Verdrängung von alteingesessenen Bewohnern, Vorurteile gegenüber Einwanderern und die Transgender-Thematik. Stattdessen verlässt sich Forster ganz auf die Ausstrahlung seines charismatischen Hauptdarstellers Tom Hanks, der in der lebensstrotzenden Mariana Treviño ein ebenbürtiges Gegenüber findet. Wie sich diese beiden Vollblut-Schauspieler ins Zeug legen und dem hochemotionalen Hick-Hack-Karussell immer wieder neuen Schwung geben, ist kurzweilig und macht großen Spaß. Und so wird aus „Ein Mann namens Otto“ dann doch noch ein echtes Feelgood-Movie.
Für Tom Hanks ist Otto Anderson – nach der Rolle des Colonel Parker in „Elvis“ – eine weitere Charakter-Studie, die er souverän meistert. Allerdings ist sie weit entfernt von seinen glanzvollen Darstellungen wie der als „Captain Phillips“, der im gleichnamigen Film auf seinem Container-Schiff von Piraten angegriffen wird. Oder von seiner Rolle in „Saving Mr. Banks“, wo er eine mitreißende Performance als Walt Disney abliefert. Von Figuren wie „Forrest Gump“ oder Robert Langdon in den „Da Vinci-Code“-Filmen erst gar nicht zu reden. Tom Hanks muss ja nicht unbedingt – wie Liam Neeson – ins harte Action-Helden-Fach wechseln. Aber etwas mehr Elan und Feuer steckt dem 65-jährigen Allroundtalent doch ganz bestimmt noch in den Knochen. Also: Das nächste Mal bitte mehr Gump statt Grump!