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WAS MACHT EIGENTLICH...

Mit wüster Frisur und Zigarre: So kennt man den einstigen Ministerpräsidenten zweier Bundesländer
Foto: imago images/Jürgen Eis

… Bernhard Vogel?

Karriere in der Politik machte er zwischen 1976 und 2003 als Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen, wo er jeweils auch CDU-Landesvorsitzender war. 13 Jahre war er Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung. Heute arbeitet der 91-Jährige an seiner Biografie.

Unter den deutschen Politikern nimmt Bernhard Vogel eine Sonderstellung ein: Nur er war in zwei Bundesländern Ministerpräsident und CDU-Landesvorsitzender und ist mit mehr als 23 Amtsjahren der Rekord-Landesvater. „Die Idee, in einem anderen deutschen Land Ministerpräsident zu werden, war so abwegig, dass sie lange niemand hatte“, beschrieb Vogel 2022 anlässlich seines 90. Geburtstages seine ungewöhnliche West-Ost-Karriere: „Mainz war ein Wagnis. Thüringen war ein Abenteuer“, blickt er heute auf seine Zeiten als Regierungschef zurück. Nach gut 13 Jahren als rheinland-pfälzischer Ministerpräsident verlor Vogel 1988 einen parteiinternen Machtkampf und schied mit den legendären Worten „Gott schütze Rheinland-Pfalz!“ aus dem Amt. Nach etwa vierjähriger Tätigkeit als Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) kehrte der erfahrene Politiker in Thüringen in ein Ministerpräsidentenamt zurück, gab dieses erst 2003 aus Altersgründen auf und übernahm dann erneut den KAS-Vorsitz.

Wollte eigentlich an der Uni bleiben

Der junge Politologe Bernhard Vogel wollte 1960 nach der Promotion eigentlich an der Uni Heidelberg bleiben und war dort ein paar Jahre auch als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter tätig, bevor es ihn in die Kommunal- und dann in die Landespolitik zog: Schon 1967 wurde er rheinland-pfälzischer Kultusminister und schließlich 1976 als Kohl-Nachfolger Ministerpräsident. „Ich glaube, dass ich in der Politik mehr bewirken konnte als als Wissenschaftler“, ist sich Vogel heute sicher, den richtigen Berufsweg gewählt zu haben. Als die CDU-Landesverbände Rheinland-Pfalz und Thüringen kurz vor Weihnachten 2022 Vogels 90. Geburtstag feierten, zeigte der Jubilar, dass er trotz des hohen Alters immer noch ein „politischer Kopf“ geblieben ist, der die aktuellen Entwicklungen in seiner Partei, in Deutschland, Europa und der Welt aufmerksam verfolgt: „Der Ukraine-­Krieg und anderes lassen mich häufiger an das Ende des Zweiten Weltkrieges denken“, sagte Vogel im Vorjahr in einem SWR-Interview, macht aber den nachfolgenden Generationen Mut: „Wir haben das damals geschafft. Warum solltet ihr die heutigen Herausforderungen nicht meistern?“ Er rät zu mehr Entschlossenheit und Mut bei der Lösung aktueller Probleme und plädiert entschieden für die Beibehaltung der Union aus CDU und CSU, die sich jedoch nicht den „Parolen der AfD“ annähern dürften, weil sie sonst die Wähler in der Mitte verlieren könnten. Trotz unübersehbarer Schwierigkeiten wünscht Vogel sich eine Fortführung des europäischen Einigungsprozesses, bei dessen Umsetzung Deutschland und Frankreich weiterhin eine Führungsrolle zukomme.

Heute arbeitet der 91-jährige Bernhard Vogel an seiner Biografie
Heute arbeitet der 91-jährige Bernhard Vogel an seiner Biografie - Foto: picture alliance/dpa

Der bald 91-Jährige liest immer noch drei Tageszeitungen und ist leidenschaftlicher Nachrichtenhörer. „Ich höre täglich beim Rasieren den Deutschlandfunk und sehe jeden Abend die Nachrichten, entweder in der ARD oder im ZDF“, erklärte Vogel kürzlich im „Stern“. Der in einigen Ehrenämtern tätige Politiker hatte 1984 wesentlichen Anteil daran, dass in Ludwigshafen ein Pilotprojekt gestartet wurde, aus dem sich das duale Rundfunk- und Fernsehprogramm aus Öffentlich-Rechtlichen und Privaten entwickelt hat: „Um 10 Uhr haben wir auf einen roten Knopf gedrückt und damit den medienpolitischen Urknall von Ludwigshafen ausgelöst“, betonte Vogel vor knapp zwei Monaten anlässlich des 100. Jahrestages des Rundfunks in Deutschland.

Point-Alpha-Preisträger 2021

Gesundheitlich muss Vogel heute mit ein paar Einschränkungen leben: „Der Kopf ist noch einigermaßen in Ordnung, aber das Laufen macht Schwierigkeiten“, verriet er im Vorjahr der „Bild“. Er sehe und höre nicht mehr so gut wie früher und müsse heute häufiger auf Beerdigungen gehen und Kondolenzbriefe schreiben. Im Alltag lasse er sich morgens mehr Zeit und gönne sich im Gegensatz zu früher einen Mittagsschlaf. „Danach versuche ich dann ein bisschen aufzuschreiben, was ich so in meinem Leben erlebt habe“, ohne jedoch absehen zu können, ob aus seinen Memoiren wirklich etwas werde. Nach dem schmerzlichen Tod seines Bruders Hans-Jochen vor drei Jahren hält er über den jährlich von ihm veranstalteten Familientag hinaus weiter engen Kontakt zu dessen drei Kindern. Nach Thüringen fährt Vogel noch etwa einmal im Monat, um an Gesprächen oder Konferenzen teilzunehmen. Zudem stehe er mit der dortigen CDU und deren Partei- und Fraktionschef Mario Voigt weiter in engem Kontakt: „Ich wünsche ihm, dass er die Partei geschlossen in den nächsten Landtagswahlkampf führt“, um die „besorgniserregende“ derzeitige Situation mit einer Minderheitsregierung unter Bodo Ramelow beenden zu können. Seine Wohnung in Erfurt hat Vogel inzwischen verkauft, sodass er heute nur noch sein Haus in Speyer und ein kleines Appartement in Berlin besitzt.

Zu den vielen Auszeichnungen Vogels, der 2012 auch eine Politik-Gastprofessur an der Uni Essen innehatte, kam 2021 auch noch der Point-Alpha-Preis für seine Verdienste um die Einheit Deutschlands und den Frieden in Europa. 

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