Mit Rückkehrerin Satou Sabally ist die Basketball-Nationalmannschaft der Frauen noch stärker geworden. Die Berlinerin will unbedingt zu Olympia und hat auch die WM 2026 in ihrer Heimatstadt im Visier.
So richtig einordnen konnte Satou Sabally ihre Gefühle nach der 53:70-Niederlage gegen Italien nicht. Die beste deutsche Basketballerin war enttäuscht über das Ergebnis, aber berauscht vom Erlebnis. „Wir haben verloren. Normalerweise sieht man mich da nicht lächeln“, sagte die 25-Jährige: „Aber wenn man sich umschaut, da sind so viele Leute. Deshalb spiele ich Basketball.“ 3.400 Besucher waren in die ausverkaufte „edel-optics.de“-Arena gekommen, um die deutsche Nationalmannschaft gegen Italien spielen zu sehen. Eine Euphorie, die viele der Spielerinnen noch gar nicht kannten. Selbst Satou Sabally, die in der besten Frauen-Basketballliga der Welt für einen Topclub aufläuft, war begeistert. „Eine volle Halle macht einen einfach nur glücklich“, äußerte sie, „und hier so viele Mädchen zu sehen, da geht mir echt das Herz auf. Das bedeutet mir so viel. Das hätte ich mir nicht erträumen können.“ Damit ist sie ihrem ganz großen Ziel, das weit über den Sport hinausreicht, einen Schritt nähergekommen: „Einfach mal ein Vorbild sein für so viele Mädels. Ich glaube, dass ich jetzt so eine Art Vorzeigeschild bin für den deutschen Damenbasketball. Das ist etwas sehr Cooles.“
Ein Vorbild für Mädchen sein
Der Zuspruch von den Rängen, der trotz der ersten Niederlage in der EM-Qualifikation groß war, bestätigte die Berlinerin auch in ihrer Entscheidung, nach vier Jahren Pause in die Auswahl des Deutschen Basketball-Bundes zurückzukehren. „Die nächsten zwei Jahre sind so wichtig für den deutschen Frauen-Basketball – da muss ich jetzt dabei sein“, begründete Sabally. Olympia 2024 in Paris, EM 2025 mit einer Vorrunde in Hamburg und WM 2026 in ihrer Heimatstadt Berlin: In der Tat stehen im Frauen-Basketball aufregende Zeiten an. Dass da Sabally als beste Spielerin wieder mitwirkt und mit Schwester Nyara (23) ein kongeniales Duo bildet, kann nur ein Vorteil sein. Oder nicht?
Ohne die Sabally-Schwestern hatte die DBB-Auswahl bei der vergangenen EM immerhin den sechsten Platz belegt und damit so gut abgeschnitten wie seit 26 Jahren nicht. Doch intern wissen alle: Will das deutsche Team wirklich ernsthaft um eine internationale Medaille kämpfen, müssen sie auf Nyara und vor allem Satou Sabally setzen.
„Da sollte es keine Probleme geben“, sagte Leonie Fiebich vom spanischen Club Basket Zaragoza, „wir sind ja alles nette Leute bei uns im Team, wir kriegen das gut hin“. Das glaubt auch Satou Sabally. Die Grundlage für einen noch größeren Erfolg sei gelegt, sagte sie, „ich möchte für den Extrafunken sorgen“. Mit ihrem riesigen Talent, ihrer beeindruckenden Physis und auch mit ihrem unbändigen Ehrgeiz. „Die Leute sagen immer: Du spielst so hart. Ich nehme jede Position sehr ernst. Das hat mich auch auf dieses Level gebracht. Immer alles 100 Prozent“, erklärte die vielseitige Sabally: „Ich möchte die beste Spielerin sein, die ich sein kann – und ich weiß jetzt, dass ich auch die Beste auf der Welt sein kann.“
In Sachen Zielsetzung stapelt die gebürtige New Yorkerin daher auch nicht tief. „Ich will eine Olympia-Medaille. Ich will nicht nur bei Olympia dabei sein“, betonte die bei TuS Lichterfelde ausgebildete Spielerin. Man müsse jetzt alles investieren und vorbereiten, um „als deutsche Frauen-Mannschaft irgendwann eine Medaille holen zu können“. Vor der Kür steht also die Pflicht, und die steht für Sabally und Co. vom 8. bis zum 11. Februar im brasilianischem Belem beim Olympia-Qualifikations-Turnier an. Dann muss die Mannschaft von Bundestrainerin Lisa Thomaidis gegen die starken Gegner Brasilien, Serbien sowie Australien antreten und mindestens den dritten Platz in der Gruppe holen. „Wir haben wirklich krasses Talent“, sagte Marie Gülich vom Valencia Basket Club, „aber manchmal geht es auch darum, zusammenzufinden. Ich sehe uns mit sehr viel Potenzial, aber auch noch sehr viel Raum zum Wachsen.“ Vor allem dank Satou Sabally.
Die als Guard bei den Dallas Wings aktive Spielerin hat eine persönlich herausragende Saison in der nordamerikanischen WNBA hingelegt. Sie kam im Schnitt auf 18,6 Punkte und 8,1 Rebounds – in beiden Kategorien bedeutete die Ausbeute einen Platz in den Top Ten der Liga. Aber noch bedeutender: Sabally wurde mit dem Preis für die Spielerin mit dem größten Leistungssprung ausgezeichnet (Most Improved Player), zudem wurde sie ins All-WNBA First Team gewählt. Beides war ein Novum für eine deutsche Basketballerin, entsprechend stolz war sie darüber: „Das ist natürlich eine große Ehre.“ Doch der Meistertitel blieb ihr verwehrt, im Play-off-Halbfinale flog Dallas raus. „Ich habe mich nicht gut genug gefühlt“, gab Sabally zu. Aber mit etwas Abstand habe sie auch Stolz auf sich empfunden. Und einen noch größeren Hunger auf den WNBA-Titel. „Den möchte ich auf jeden Fall haben“, bekräftigte Sabally, „auch mit Dallas, meiner Mannschaft“.
„Noch sehr viel Raum zum wachsen“
In der Liga-Pause hat sie sich aber erneut für ein Auslands-Engagement entschieden. Anders als die männlichen Basketballstars in der NBA um LeBron James und den deutschen Basketball-Weltmeister Dennis Schröder kassieren die WNBA-Spielerinnen noch nicht so viel Geld, um auch eine monatelange Spielpause problemlos überbrücken zu können. „Ich finde ganz allgemein, dass man als Frau in unserer Gesellschaft einfach mehr Anerkennung bekommen sollte“, sagte Sabally. Sie ist eine politisch sehr engagierte junge Frau, die eine klare Haltung bei Gleichberechtigung und anderen wichtigen gesellschaftspolitischen Themen hat. Diese hat sie in der jüngeren Vergangenheit auch immer wieder zum Ausdruck gebracht, doch das will sie in Zukunft etwas zurückschrauben. „Wenn man etwas erreichen will, muss man Prioritäten setzen“, sagte sie: „Das haben mich die vergangenen Jahre gelehrt.“
Nachdem Sabally in den Jahren zuvor bei Fenerbahce Istanbul in der Türkei einem „Nebenjob“ nachging, spielt sie in diesem Jahr für den chinesischen Club Shandong Shangao. „Klar ist das Gehalt der primäre Grund, da lüge ich niemanden an“, sagte Sabally ehrlich. Doch dort kann sie auch im Spielrhythmus bleiben, um bei der Olympia-Qualifikation möglichst in Topform anzutreten. Dass sie die DBB-Auswahl spielerisch noch mal auf ein anderes Niveau heben kann, zeigte Sabally bei ihrem Comeback im EM-Qualifikationsspiel in Tschechien: Beim klaren 85:41-Sieg überzeugte die Rückkehrerin als Anführerin, und das Zusammenspiel mit ihrer Schwester Nyara war eine Augenweide. Zusammen kamen sie in ihrem ersten gemeinsamen Länderspiel auf 38 Punkte. „Das ist unbeschreiblich. Auch ein cooler Moment für meine Familie“, sagte Nyara Sabally, die für New York Liberty ebenfalls in der WNBA aufläuft.
Mindestens bis zur Heim-WM 2026 in ihrer Heimatstadt Berlin wollen die Sabally-Schwestern für Deutschland auf Korbjagd gehen. „Das ist wirklich ein Traum. Dass ich eine WM spielen werde in meiner Heimatstadt, dort wo alles begonnen hat – da schließt sich ein Kreis“, sagte Satou Sabally. Sie, die in New York geboren ist, ein paar Jahre in Gambia gelebt hat, in Berlin aufgewachsen und als Teenagerin in die USA zurückgegangen ist, fühlt sich nur in Berlin so wirklich heimisch. „Das merke ich jedes Mal, wenn ich zurückkomme. Ich muss auch ein bisschen unterdrücken, wie sehr ich Berlin vermisse.“