Berichte über Haushalts- und Finanzdebatten waren für viele lange ein ähnliches Signal wie die Werbepause beim Spielfilm. Zeit, für noch schnell was Wichtiges zu erledigen, es wird nichts Wesentliches verpasst. Ob sich das wirklich geändert hat, hat bislang noch niemand gründlich untersucht. Es würde aber einiges dafür sprechen.
Solange alles einigermaßen gut lief, waren Haushaltsdebatten entweder was für den großen rhetorisch-routinierten Schlagabtausch oder was für detailinteressierte Zahlentüftler.
Nun läuft es aber nicht mehr gut, und gleichzeitig wachsen auch noch die Aufgaben. Damit wird jede politische Entscheidung sichtbar zu einer Wertentscheidung und jede Debatte zu einem wirklichen politischen Signal.
Erst recht, wenn Entweder-oder-Diskussionen losgetreten werden wie in der Diskussion darüber, wo das zusätzliche Geld herkommen soll, das nach mehrheitlich politischer Auffassung für Verteidigung zwingend erforderlich ist. Finanzminister Lindner will dafür ein „Moratorium“ bei Sozialausgaben und Subventionen. Hört sich harmos an. Aber spätestens, wenn die Idee – natürlich auch in einer Talkshow – auf die Frage nach „Kanonen oder Butter“ zugespitzt wird, und das von einem Top-Ökonomen, ist klar, welche vergiftete Debatte sich auftut.
Die Idee eines solchen Vorschlags als unsensibel zu bezeichnen, wäre eine glatte Schönfärberei. Überflüssig, daran zu erinnern, unter welchen Anspannungen unsere Gesellschaft ohnehin steht.
Da hilft es auch wenig, darauf zu verweisen, dass der Sozialetat der größte Ausgabenposten ist (unter anderem mit weit über 100 Milliarden für die Rentenversicherung und knapp 50 Milliarden für Sozialleistungen) und dass der Vorschlag „nur“ ein Moratorium ist. De facto würde es auf Kürzung hinauslaufen, und es wäre klar, wen es träfe.
Wenn dann noch von „Schlaraffenland“ die Rede ist und einem „Traumtänzertum“, dann hat die Debatte endgültig das Niveau von verbalen Reizwort-Keulen erreicht. Damit kriegt man weder eine solide Finanzpolitik hin noch eine breite und notwendige Unterstützung für die Ukraine und die eigene Verteidigungsfähigkeit. Und schon gar nicht bringt es etwas mehr Ruhe in die ohnehin gereizte Stimmungslage. Ganz im Gegenteil. Und wem soll das nutzen?