Das Autokartell in Deutschland erschüttert das Vertrauen der Verbraucher. Zu Recht, sagt Oswald Bubel, Chef der saarländischen Unternehmensverbände. Wenn mit Wettbewerbern Absprachen getroffen würden, wäre das nicht nur moralisch angreifbar.
Herr Bubel, was für ein Auto fahren Sie?
Einen Diesel. Und damit bin ich momentan sehr zufrieden.
Was dachten Sie, als Sie zum ersten Mal von dem Dieselkartell in Deutschland gehört haben?
Ich war nicht maßlos überrascht, dass es das geben soll. Ich kann nicht beurteilen, ob hier tatsächlich ein Verstoß gegen das Kartellrecht vorliegt. Für mich gilt noch immer die Unschuldsvermutung. Falls diese Vorwürfe sich aber bestätigen würden, widerspräche das allem, was wir von Recht, Gerechtigkeit und Anstand erwarten. Wir haben Rahmenbedingungen in der Wirtschaft, die die Politik setzt, und einen Grundsatz, für den wir im Verband und auch ich persönlich eintreten: Subsidiarität. Wir möchten nicht, dass alles auf oberster Verwaltungsebene entschieden wird, sondern treten auch für private Tätigkeiten ein. Ich verlange aus tiefster Überzeugung, diesen privaten Tätigkeiten einen vernünftigen Rahmen wie etwa Wettbewerbsbeschränkungen zu geben, an denen man sich dann auch zu halten hat. Falls es sich bewahrheitet, bin ich tief enttäuscht.
Zerstört dies endgültig das Vertrauen in die Verlässlichkeit der deutschen Autoindustrie?
Natürlich belasten die derzeitigen Vorgänge das Vertrauen in die Autoindustrie. Aber sie zerstören es nicht endgültig, denn wir wissen erstens nicht, ob das Kartellrecht verletzt wurde und zweitens dürfen wir nicht alle Hersteller über einen Kamm scheren. Ich weiß nicht, wie lange die Konsequenzen nachwirken. Die Dieselaffäre, in die deutsche Autohersteller eingebunden sind, werden andere zu ihrem Vorteil nutzen, um die eigene Marke zu stärken. Sie ist für Unternehmen im Ausland ein höchst willkommener Anlass – wenn ich nach Amerika blicke und sehe, dass sogar Manager verhaftet werden.
Hat dies Auswirkungen auch auf das Saarland als Zulieferland, als Autoland?
Es gibt eine gewisse Vorsicht in den Betrieben. Man muss unterscheiden zwischen Lkw und Pkw. Soweit es um Lkw geht, deren Motoren sauberer verbrennen als Pkw-Motoren, wird die Auswirkung nicht vergleichbar sein. Bosch in Homburg arbeitet zu einem großen Teil für den Lkw-Bereich. Aber es steht uns eine Entwicklung bevor, die sich beschleunigen wird, rund um Verkehr, Mobilität, Automobil. Unternehmen müssen in die Zukunft schauen, nachhaltig wirken und eine Vision entwickeln, auch im Saarland: Wohin entwickelt sich Mobilität? In Richtung Brennstoffzellen oder E-Mobilität? ZF hat nun eine Sparte von Bosch gekauft, die sich mit Windenergie beschäftigt. Unternehmen brauchen Konzepte und müssen diese in Generationen denken. Nicht nur das Saarland ist Autoland, ganz Deutschland ist es: Jeder sechste Arbeitsplatz in Deutschland hängt an der Autofertigung. Sehr viel Wohlstand in Deutschland entsteht durch die Autoindustrie. Nun muss sich diese Sparte jedoch weiterentwickeln. Wir haben – ich möchte sagen im Kleinen – Erfahrung im Wandel: Das Saarland hat sich von der Dominanz der Kohle- und Stahlindustrie hin zur Automobil-, Maschinenbau- und IT-Industrie orientiert. Es gibt einen Bedarf an Verkehr und Mobilität, für die nächsten Jahrzehnte ist es wohl das Auto. In der Verantwortung der Entwickler liegen nun energieeffiziente und klimafreundliche Antriebe, deren Emissionswerte nicht manipuliert sind. Das ist ein Sündenfall, der nicht zu rechtfertigen ist. Ob das nun Gas, E-Mobilität, Wasserstoff ist, da müssen Sie die Experten fragen. Und es muss strategisch geplant werden: Das Thema Batterien spielt hier auch eine große Rolle. Auch wenn ein Elektroauto selbst emissionsfrei fährt, derzeit wird noch viel Strom in Kohlekraftwerken erzeugt.
Nach dem Dieselgipfel im Kanzleramt gab es Stimmen, dass die Konzerne zu billig wegkamen mit einem Software-Update. Haben diese sich Ihrer Meinung nach damit aus der Verantwortung gestohlen?
Das kann ich nicht sagen. Auf den ersten Blick ist es eine kostengünstige Lösung. Es gab nach dem Dieselgipfel Zeitungsinserate von Ford, VW, von Daimler, die Stilllegungsprämien für Dieselfahrzeuge anboten. Die Firmen scheinen also durchaus bereit, auch mit mehr Geld in die Offensive zu gehen. Ich würde es sehr wertschätzen, wenn der Aufruf an die Konzerne erginge, selbst tätig zu werden, um die beste Lösung zu finden. Diese Anzeigen könnten darauf hinweisen, dass es diese Initiativen aber gibt. Der Verbraucher hat immer selbst entschieden, ob er Diesel oder Benziner fährt, und er hat seine Gründe: Ich fahre einen Diesel, weil er wenig Sprit verbraucht, er ist günstiger und hat eine lange Reichweite. Dem Verbraucher die Tür vor der Nase zuzuschlagen und zu sagen, Diesel sei künftig in irgendeiner Form verboten, ist nicht der richtige Weg. Die private Initiative ist entscheidend, auch in der Wirtschaft hinsichtlich einer Entwicklung von Alternativantrieben – damit wir das Klimaziel einhalten und unserer Verantwortung hier nachkommen.
Wie hätten Sie als Manager gehandelt, wäre Ihnen eine solche Absprache bekannt geworden?
Ich komme aus der Wirtschaft, von der Firma Hager. Wir tragen die Verantwortung für unser Handeln und Unterlassen gegenüber unseren Kunden, unseren Mitarbeitern, gegenüber unserem Umfeld. Wir haben strikte Anweisungen, jegliche wettbewerbsbeschränkende Absprachen zu vermeiden. Natürlich müssen wir in starkem Wettbewerb bestehen, doch haben wir nie eine Absprache mit Wettbewerbern getroffen. Es wäre töricht, so etwas zu tun, pure Dummheit. Denken Sie zusätzlich auch an die Kronzeugenregelung. Derjenige, der sich als erster offenbart, bleibt straffrei. Wer Absprachen trifft, begibt sich in die Hände des Wettbewerbers, mit dem er die Absprache getroffen hat. Er macht sich erpressbar und verliert ein Stück unternehmerische Freiheit. Unternehmer dürfen keine wettbewerbsbeschränkenden Absprachen treffen. Verantwortungsvolle Unternehmer halten die gesetzlichen Vorschriften ein.