In Saarbrücken zu leben ist herrlich. Wäre da nicht das Problem mit den Parkplätzen. Die sind Mangelware, gerade für Anwohner. Für Recht und Park-Ordnung sorgen die „Hipos" und sind dabei täglich mit Unmut konfrontiert. Wir haben eine Hilfspolizistin einen Tag lang begleitet.
Tagein, tagaus das gleiche Elend. Nach einem langen Arbeitstag fährt man nach Hause. Wer eine Wohnung in der Innenstadt hat, ist vermutlich mit der Problematik vertraut – die Parkplatzsuche ist ein täglicher Kampf, den man nur selten gewinnen kann. Natürlich besitze ich eine Bewohnerplakette, für die ich einen nicht unerheblichen Preis für ein ganzes Jahr zahle. Das Dumme ist nur, dass es in Saarbrücken eigentlich viel zu wenig dieser Anwohnerparkplätze gibt. Als sei das nicht genug, stehen auf diesen ausgewiesenen Parkplätze zu 50 Prozent Autos, die keinem Anwohner gehören, sondern Leuten, die von irgendwoher kommen und sich der Einfachheit halber auf „meinen" Parkplatz gestellt haben …
Diese Tatsache an sich kann schon extrem frustrieren. Wäre da nicht noch der andere Preis, den man für eine Wohnung in bester Citylage zahlt: die regelmäßigen Strafzettel. Ich gebe es offen zu: Wenn ich einen Mitarbeiter der Stadt in Dunkelblau nur von Weitem sehe, geht mein Puls schon in die Höhe und ich lege mir um Verständnis bittende Worte zurecht, um der Geldbuße zu entkommen.
Aber diskutieren hilft selten und es gibt noch die andere Seite. Nämlich die „Hipos", die nur ihren Job machen. Damit kommt unweigerlich die Frage auf, wie es sich wohl anfühlt, einen Job auszuüben, für den keiner so richtig Verständnis hat? Wer tritt einer „Politesse" schon positiv gegenüber? Anlass genug, dieser Frage einmal auf den Grund zu gehen. Hilfspolizistin Renate Biewer durfte ich einen Tag lang begleiten.
Zuerst wird ein Foto gemacht
Wir treffen uns am Ordnungsamt, der „Basis" ihrer Arbeitsstelle. In weiser Vorausschau komme ich an diesem Morgen mit dem Fahrrad, möchte ich doch äußerst ungern diesen Termin mit einem Strafzettel beenden, weil ich mal wieder keinen vernünftigen oder kostenfreien Parkplatz gefunden habe. Bei strahlendem Sonnenschein marschieren wir um acht Uhr in der Früh los Richtung Innenstadt. Uns hat nur der ruhende Verkehr zu interessieren. Nach etwa 200 Metern kreuzt schon das erste falschparkende Fahrzeug unseren Weg. Mitten auf dem Gehweg. Biewer macht zuerst ein Foto von der Situation und erklärt: „Dieses Fahrzeug bekommt ein Bußgeld von 20 Euro, weil es niemanden behindert. Stünde es auf einem engeren Gehweg, sodass keine Fußgänger mehr vorbeikommen, würden 30 Euro fällig werden." Im nächsten Schritt wird das Kennzeichen notiert und mit dem elektronischen Gerät, das aussieht wie ein Smartphone, überprüft. „Wir schauen erst mal nach, dass sich kein Fahrer in dem Auto befindet. Außerdem müssen wir den Ventilstand kontrollieren, das heißt, in welcher Position sich das Reifenventil befindet. So kann man später feststellen, wenn das Auto immer noch auf dem gleichen Parkplatz steht, ob es bewegt wurde oder nicht." Oberstes Gebot für Biewer dabei: Ein Fahrzeug wird nicht angefasst! Darum wird das Knöllchen auch immer so am Scheibenwischer befestigt, dass er nicht angehoben werden muss. Um Tricksern alle Illusionen zu rauben, macht die Stadtangestellte gleich klar: „Ein altes Knöllchen unter den Scheibenwischer zu klemmen, schützt nicht vor erneutem Bußgeld. Wir sehen direkt, ob es dort eingeklemmt wurde, weil wir es ja nicht darunter befestigen dürfen." Ich muss schmunzeln, denn ich hatte insgeheim gehofft, dass mich dieser Trick vor neuer Strafe schützt.
Gibt Biewer also das Kennzeichen in ihren kleinen, schlauen Helfer ein, bekommt sie umgehend angezeigt, ob besagtes Fahrzeug auf dem Gehweg am gleichen Tag bereits verwarnt wurde. Grundsätzlich wartet sie bei ihrer Arbeit einige Minuten, um zu schauen, ob der Halter vielleicht doch noch auftaucht. Steht ein Fahrzeug so ungünstig, dass es beispielsweise einen Radweg behindert, wird abgeschleppt. Aber auch nicht ohne zu zögern. „Wir haben schon einen Ermessensspielraum von zehn bis 15 Minuten. Taucht in dieser Zeit niemand auf, müssen wir handeln. Aber wir jagen ja keine Verbrecher. Mit uns kann man reden." Wiederholungstäter gibt es aber auch immer wieder. Da ist die nächste Ausrede schon vorherseh- aber weniger verhandelbar. „Lustige Geschichten gibt es in meinem Arbeitsalltag keine. Die Leute werden eigentlich immer aggressiver. Freundlich gesinnt sind uns nur wenige", sagt Biewer. Die verschiedenen Zonen sind tatsächlich ein Spiegel der Gesellschaftsschichten einer Stadt. „Die Art, wie Diskussionen mit den erbosten Fahrzeughaltern geführt werden, sind standortabhängig." Natürlich können die „Hipos" den Ärger vieler Leute nachvollziehen.
Selbst wenn ein Pkw, wie an besagtem Tag, eine Feuerwehrzufahrt vor einem Kindergarten versperrt, lässt die Politesse noch Kulanz walten. Sie stellt umgehend fest, dass das Auto schon seit dem Vortag unverändert dasteht. „Ich sehe aber, dass es sich um einen Anwohner handelt. Also rufe ich jetzt kurz auf der Innenstelle an. Die können mir dann die Adresse geben und ich kann den Fahrzeughalter zum Umparken auffordern." Gesagt, getan. Der Anwohner eilt herbei und stellt sein Auto um. Hätte die städtische Verkehrskontrolle niemanden erreichen können, wäre das Auto abgeschleppt worden. „Die Leute wissen aber in der Regel wo sie parken und welche ‚Gefahren‘ das birgt. Einige versuchen es eben trotzdem oder kommen dann mit Ausreden", weiß Biewer und berichtet weiter: „Andere reden sich aber nicht raus, sondern sie attackieren mich – nicht nur verbal, sie werden auch handgreiflich." Auch diese Fälle häufen sich: „Nachdem ich beschimpft wurde, hat ein Mann tatsächlich zugetreten. In meinen Bauch. Ich habe dann die Polizei gerufen und ein Zeuge hat meine Version bestätigt. Ich bekam eine Woche Krankenschein. Der Fahrer des Wagens, der eine Panne vorgetäuscht hatte, hätte nicht mal einen Strafzettel bekommen."
Früher war sie Tierarzthelferin
Trotz solcher Zwischenfälle macht Biewer ihren Job gerne. „Ich bin seit vier Jahren im Dienst. In den letzten Jahren ist der Ton schon aggressiver geworden. Nicht selten sind die Falschparker erst recht freundlich und werden dann ganz schnell ausfallend. Andere wiederum sind ganz normal, ja, sogar verständnisvoll." Biewer ist trotzdem „einfach gerne draußen unterwegs", sagt sie. Innerhalb einer Woche sollen alle Straßen der zugeteilten Zonen abgelaufen werden. Da kommt man viel rum, hat täglich Bewegung. „Der Körper gewöhnt sich daran. Mir gefällt auch, dass ich mich in meinen Zonen frei bewegen kann. Früher war ich Tierarzthelferin, hatte einen Gabelstaplerbetrieb und war in einem Callcenter beschäftigt. Von daher – ich bin wirklich zufrieden mit meinem jetzigen Job", sagt sie und lacht. „Vom Callcenter bin ich schon viele komische Geschichten gewohnt, da hatte man teilweise schwierige Gespräche. Dafür bekomme ich jetzt sehr häufig irgendwelche Lügenmärchen erzählt. Aber manchmal reicht auch schon eine einzige Geste und die Falschparker fahren weg", sagt sie und nimmt die meisten schwierigen Situationen mit Humor.
Die Stadt ist in elf Zonen eingeteilt, der Wechsel der einzelnen Mitarbeiter erfolgt wochenweise. Immer montags bekommt Renate Biewer ihre zwei Zonen zugeordnet. Tagsüber zieht sie alleine los, abends sind zwei gemeinsam unterwegs. Der Sicherheit wegen. Zur Weihnachtszeit wird Renate Biewer wieder besonders viel zu tun haben. Bleibt zu hoffen, dass diese Zeit für beide Seiten möglichst besinnlich wird.