Sie können kommunizieren, Spielzüge vollbringen, und manchmal machen sie sogar Komplimente. Doch hinter all den virtuellen Handlungen stecken keine realen Menschen, sondern spezielle Programme, sogenannte Bots.
Bots kommen eigentlich aus dem Spielsektor und stellen eine Art künstlichen Gegner dar. Der reagiert auf den Spielzug des echten Menschen und ermöglicht es ihm so, Spiele wie Schach einfach allein zu spielen. Auch bei großen Online-Rollenspielen mischen Bots ordentlich mit. Sie können kämpfen, taktieren und kommunizieren. Damit wäre grob das Aufgabenfeld der Spiele-Bots abgesteckt. Sie sollen Spieler unterhalten, sie motivieren, herausfordern und immer dann einspringen, wenn gerade kein echter Gegner bereitsteht. Eine schlaue Taktik, um den Spielspaß zu erhöhen.
Dabei sind die virtuellen Spielgegner nicht die einzige Form von Online Bots. Es gibt auch sogenannte Social Bots (soziale Roboter). Die loggen sich in soziale Netzwerke wie Facebook oder Twitter ein und simulieren dort menschliche Verhaltensmuster. Das funktioniert mithilfe komplizierter Algorithmen. Diese zu durchschauen und nachzuahmen ist nur etwas für echte Computercracks, Bots von Grund auf zu programmieren ebenso.
Und nicht immer haben Social Bots wirklich soziale Ziele im World Wide Web. Manche von ihnen sollen User blenden, indem sie etwas vortäuschen zu sein, was sie nicht sind: ein realer Mensch. Um den nachzuahmen, nutzen Bots eine Mischung aus künstlicher Intelligenz, dem Paraphrasieren von Allgemeinwissen und aktuellem Geschehen sowie der Datenanalyse von Textkörpern als Orientierungspunkt für den Gesprächsverlauf. Ziel kann es sein, bestimmte Werbebotschaften zu vermitteln als Teil einer PR-Kampagne, um zu Gewinnspielen zu locken oder zum Verbreiten von politischer Propaganda.
Um ihr Auftreten zu verschleiern, gehen Social Bots wie zufällig online, nutzen immer wieder andere Zeiten, damit kein Muster erkennbar ist und sie zu leicht zu entlarven sind. Dabei agieren Bots autonom, müssen nicht extra für jeden Einsatz neu „angeschubst" werden. Je überzeugender das Programm agiert, desto schwieriger ist es für einen realen Menschen, einen Bot zu entlarven. Am ehesten ist das immer noch im Dialog möglich. Noch gibt es kein Programm, dass alle Reaktionen und Gesprächsmomente eines Menschen komplett nachahmen kann. Wer dem Bot also gezielt Fragen stellt, die außerhalb seiner „Reichweite" liegen, der deckt schnell seine Grenzen auf und erkennt das Programm dahinter.
Die meisten Online Bots bestehen aus drei Elementen: einem Account mit zugehöriger API-Schnittstelle und einer entsprechenden Programmierung. Die kann natürlich – je nach Programmierer und späterem Aufgabenfeld des Bots – sehr unterschiedlich aussehen. Einfache Bots benötigen kaum mehr als einen 15-zeiligen Programmiercode. Das macht sie nicht nur effizient, sondern auch ausgesprochen günstig. 10.000 Bots gibt es so schon zu Schäppchenpreisen von 500 Dollar. Natürlich alle praktisch angelegt als fertiges Script in einer Cloud, einer großen virtuellen Wolke, in der auch große Datenmengen einfach zu koordinieren und zu synchronisieren sind.
Problem fehlender Kontrolle
Wie viele Bots allein im deutschsprachigen Internet im Einsatz sind, dazu gibt es keine offiziellen Zahlen. Und das aus gutem Grund, schließlich sind nahezu alle Bots anonym unterwegs und verrichten stur ihre Arbeit. Schätzungen der „Süddeutschen Zeitung" zufolge sollen mittlerweile rund 15 Prozent aller Twitterprofile Bot-geführt sein. Dies bewerten Online-Experten und Anwälte kritisch, denn noch gibt es kaum Gesetze, die den Einsatz der Programme kontrollieren oder einschränken würden. Eine Ausnahme in diesem Segment bilden die oben erwähnten Spiele-Bots. Gemäß einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamburg sind Bots, die automatisiert Spielhandlungen vornehmen und in das virtuelle Spielvermögen der Gamer eingreifen, wettbewerbsfähig. Sie können darüber hinaus auch das Urheberrecht verletzen, entschied zumindest das Oberlandesgericht Dresden im selben Jahr. Angriffspunkte boten dabei die Vertriebs- und Absatzstörungen sowie Markenrechtsverletzungen ohne entsprechende Lizenzen, welche die uneingeschränkte Nutzung der Software möglich machen würden. Social Bots blieben bislang von jedweder Rechtsprechung verschont. Ihre Nutzung untersteht keinen Verboten, weshalb sie tagtäglich unbehelligt Millionen von Tweets und Mails absetzen können. Hierbei gilt für diese Form der Bots die einzige Bedingung, sich an die Datenschutzbedingungen zu halten und das Urheberrecht von Webseiten beziehungsweise Webinhalten nicht zu verletzen. Und selbst diese Richtlinien beachten Programmierer oft nicht. Sie sammeln stattdessen eifrig Nutzerdaten – natürlich ungefragt und zum Zwecke des Weiterverkaufs oder der gezielten Werbung.
Die Gesetze diesbezüglich ändern sich nur langsam, und noch gibt es zu viele neue Herausforderungen, die das Internet auch an die Kontrollbehörden wie Polizei und Staatsanwaltschaft stellt. Die mangelnde Kontrolle ist der ausschlaggebende Grund, weshalb Online Bots so viele Kritiker auf den Plan rufen, die diese am liebsten verbieten würden. Dabei kann ihr Einsatz durchaus bereichernd sein, denn er bietet viele Möglichkeiten und Chancen in der Kommunikation und im Wettbewerb. Es würde helfen, wenn es mehr Transparenz gäbe und die Bots online zu erkennen wären. Solange sie dann konform mit den Nutzungsbedingungen der jeweiligen Webseitenbetreiber arbeiten, würde ihr Einsatz wahrscheinlich kaum jemanden stören. Das zu ermöglichen und ein Umdenken voranzutreiben, scheint die vordergründige Aufgabe der Politik zu sein. Online Bots sind heute kaum mehr vom virtuellen Marktgeschehen wegzudenken und brauchen einen Weg raus aus der Grauzone.