Die Zeiten des Bettenabbaus in saarländischen Krankenhäusern sind vorbei. Die Landesregierung plant einen deutlichen Ausbau. Noch sind viele Fragen zur Krankenhausplanung offen.
Es ist viel in Bewegung gekommen, die Lage bleibt aber weiter unübersichtlich. Das Krankenhaus Wadern ist bereits geschlossen, Dillingen steht das noch bevor, das Kreiskrankenhaus St. Ingbert und das Saarbrücker Winterbergklinikum beschließen einen Klinikverbund. Gleichzeitig geht ein Gutachten davon aus, dass im Saarland künftig die Zahl der Betten steigt. Klarheit soll ein neuer Krankenhausplan schaffen, der eigentlich schon Anfang des Jahres vorgelegt werden sollte. Das zumindest hatte Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU) noch im vergangenen November in Aussicht gestellt. Das Warten auf den Koalitionsvertrag, der bundespolitische Rahmenbedingungen setzt, der Wechsel an der Regierungsspitze im Saarland und die zwischenzeitlichen Anhörungen haben den Zeitplan etwas verzögert.
Eigentlich ist der neue Krankenhausplan längst überfällig. Der geltende Plan geht noch auf die Jamaika-Regierung und den damaligen Gesundheitsminister Georg Weisweiler (FDP) zurück und sollte von 2011 bis 2015 gelten. Seither gab es zwar aktuelle Fortschreibungen, Pläne für Teilbereiche, und viel Diskussion, vor allem über Fragen von (freiwilligen) Klinikkooperationen, Konzentrationen und Spezialisierungen. Letztlich hing aber viel davon ab, wie sich die Rahmenbedingungen des Bundes ändern würden. Die sind mit dem Krankenhausstrukturgesetz bekannt.
Jahrelang galt vor allem die Maxime, dass Betten abgebaut werden müssten. Immer wieder legten Untersuchungen nah, dass es im Saarland im Vergleich zu viele Betten und Krankenhäuser geben würde. Immer wieder sorgten Meldungen über angeblich oder tatsächlich geplante Klinikzusammenschlüsse für Schlagzeilen. Insbesondere in den ländlichen Regionen ging die Sorge um die Nahversorgung um. Zusätzlich sorgte der Sparkurs des Landes wegen der Schuldenbremse für Ärger, weil auch die Bau-Investitionen, für die die Länder zuständig sind, weit hinter den Notwendigkeiten zurückblieben.
Gleichzeitig entwickelte sich ein unübersehbarer Personalnotstand. Seit geraumer Zeit steht die Zahl von bundesweit 162.000 nicht besetzten Stellen im Raum, 70.000 davon in der Pflege. Nicht nur Gewerkschaften sehen den Grund für die allgemeine Entwicklung im Krankenhausbereich in einem bereits in den 90er-Jahren eingeleiteten Systemwechsel hin zu einer Ökonomisierung und Privatisierung. Eine Zäsur für die marktwirtschaftliche Orientierung war die Einführung der sogenannten DRGs (Diagnosis Related Groups). Damit wurden Fallpauschalen festgelegt, unabhängig vom tatsächlichen Behandlungsaufwand. Nach Expertenmeinung war das Ziel weniger, die Gesamtausgaben für Krankenhausbehandlung zu senken, sondern eine Art Marktbereinigung. Kleinere Häuser sollen wegen der Absenkung ihrer Vergütung (aufgrund geringerer Fallzahlen) „freiwillig“ aus dem Markt ausscheiden.
500 Betten zusätzlich
Unter anderem durch die demografische Entwicklung zeichnete sich aber schon länger ein geänderter und höherer Bedarf ab. „Die Krankenhauslandschaft ist in einem gravierenden Umbruch und steht vor großen Herausforderungen, in Städten wie im ländlichen Raum“, hatte Ministerin Bachmann Ende vergangenen Jahres betont, als sie ein Gutachten präsentierte, das „wichtige Impulse“ für den neuen Krankenhausplan im Saarland liefern sollte. Dabei waren die Gutachter bereits von einem zusätzlichen Bedarf von mehr Krankenhausbetten im Saarland ausgegangen. „Im Schnitt etwa 300“, wie es damals hieß, wobei es eine gewisse Spanne je nach Prognose-Szenario gab. Dennoch blieb eines der Ziele: „Doppelstrukturen und Überkapazitäten müssen abgebaut werden“.
Dafür sollten Einrichtungen entstehen „mit einem attraktiven Leistungsspektrum, moderner Infrastruktur, Ausbildungsangeboten und Kooperationen“. Unter anderem dafür war der bundesweite „Krankenhausstrukturfonds“ geschaffen worden. Letztlich dient er dazu, die Schließung unrentabler Kliniken sozialverträglich zu begleiten. Kritiker nannten diesen Fonds auch schon „Schließungsprämie“ oder gar „Abwrackprämie“ für Krankenhäuser. Tatsächlich wurde auch die Schließung von Wadern mit Millionen aus diesem Fonds begleitet, allerdings unter hohen Auflagen. So soll damit unter anderem der Standort Losheim aufgewertet werden und die Mitarbeiter dort eine Beschäftigungsgarantie erhalten.
Ungeachtet dessen liefen zu Beginn des Jahres die Abstimmungsgespräche zum neuen Krankenhausplan, Grundlage für die Entwicklungen bis 2025. Und der sieht eine noch deutlichere Erhöhung der Bettenzahl vor als zunächst angenommen. Mit den zuletzt genannten etwa 500 Betten zusätzlich würde das Ministerium an die obere Grenze des im Gutachten beschriebenen Korridors gehen. Die Gesamtzahl würde von derzeit unter 6.400 auf knapp unter 6.900 Betten steigen können. Schwerpunkte des Ausbaus wären die Bereiche Geriatrie und Neurologie. Allerdings würde sich das nicht gleichmäßig auf die Standorte verteilen. Besonders profitieren vom Aufwuchs würde das Uniklinikum Homburg. Deutlichen Zuwachs gäbe es auch in Lebach, teilweise Losheim, unter anderem Folge der Schließung von Wadern, sowie in Saarlouis, als Konsequenz der geplanten Schließung von Dillingen. Die Idee zu einer Nordsaarland-Klinik, die nach dem Aus in Wadern in der Diskussion war, ist wohl vom Tisch, weil sich bislang niemand fand, der zu der geschätzten 90-Millionen-Euro-Investition bereit war.
Die deutliche Erhöhung der Bettenzahl stößt bei den Kassen auf Skepsis. Sie wären wohl in Anerkennung eines steigenden Bedarfs mit den ursprünglich genannten etwa 300 Betten (Mittelwert aus dem Gutachten) einverstanden gewesen, halten aber offenbar wenig von den darüber hinausgehenden Überlegungen, sehen dadurch den ebenfalls angekündigten Abbau von Doppelstrukturen eher gefährdet.
Die Saarländische Krankenhausgesellschaft reagierte auf die ersten Ankündigungen naturgemäß positiv angesichts der aus ihrer Sicht angespannten Situation. Ihnen fiel aber noch ein anderer Punkt im Gutachten besonders ins Auge. In den Saar-Kliniken hat sich inzwischen ein Investitionsstau von über 400 Millionen Euro gebildet. Zwar hat die Landesregierung inzwischen ihre Mittel dafür wieder aufgestockt. Die zusätzlichen vier Millionen (auf derzeit 32,5 Millionen Euro) im Haushalt seien zwar zu begrüßen, aber eben doch nicht mehr als der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein.
Linke und Grüne begrüßen die Pläne, fordern aber gleichzeitig eine entsprechende Aufstockung des Personals, wobei sie auch den Bund in der Pflicht sehen. Der müsse die Tarifkostensteigerungen mit übernehmen und zugleich einen verbindlichen Personalschlüssel für den Pflegebereich festlegen, fordern die Grünen. Parteichef Markus Tressel hatte sich zudem für eine länderübergreifende Krankenhausplanung eingesetzt. Die Gewerkschaft Verdi wird nicht müde, klare Personalvorgaben insbesondere im Pflegebereich von Ministerin Bachmann zu fordern. Auch die Diskussion um weitere Spezialisierungen scheint ebenfalls noch nicht beendet.