Bornholm begeistert seine Besucher ganzjährig mit mediterranem Flair, weiten Stränden und lebendiger Kultur.
Kaum kommt der Hafen von Rønne an Bornholms Westküste in Sicht, drängeln sich die Fährpassagiere an der Reling. Die weiße Pfarrkirche mit der kupfergrünen Turmspitze und dem roten Dach fällt schon von Weitem auf. Deutlich überragt sie die Häuser mit den ebenso roten Dächern.
Beim Spaziergang durch die Straßen und Gassen wird das Bild noch bunter. Hier eine schmiedeeiserne Laterne auf ockerfarbener Hauswand, dort ein leuchtend gelbes Fachwerkhaus mit intensiv blauer Tür. Für Feinschmecker ist jedoch roter Hummer auf weißem Teller der schönste Kontrast. So zu erleben beim wöchentlichen Fischbuffet im „Fredensborg Badehotel". Zuzahlung rund 60 Euro für Hummer satt, Garnelen, Krabben und Lachsvarianten.
Ein gelbes zweistöckiges Fachwerkhaus nennt sich mit Zweitnamen Bodega. Tatsächlich besitzt die sonnenverwöhnte Ostseeinsel im Sommer durchaus mediterranes Flair, entwickelt sich darüber hinaus auch zu einer erholsamen Ganzjahresdestination. Romantische Sonnenuntergänge mit rötlichem Himmel über der blauen Ostsee gibt’s selbst im Winter. Und nichts gilt, entsprechend gekleidet, als so gesund wie ein flotter Strandspaziergang mit Meeresbrise, vielleicht in Dueodde, der dünenreichen Insel-Südspitze, wo im Sommer die Gäste bräunen, buddeln und baden. Weht der Wind am Wasser zu stark, lassen sich im Wald von Almindingen braune Wisente (europäische Bisons) beobachten oder auf einem Ziegenhof schwarz-weiße Zicklein streicheln.
Kunsthandwerk-Fans kommen ohnehin ständig nach Bornholm, um Besonderes zu erstehen. Handgemachte Keramikwaren haben hier eine lange Tradition. Dementsprechend werden die Produkte des 1859 gegründeten Keramikbetriebs L. Hjorth in Rønne in einem ehrwürdigen Backsteinbau gefertigt. Dort formen fleißige Hände neben gutem Gebrauchsgeschirr auch Dekoratives. Konzentriert verpasst eine gelernte Keramikmalerin einer Ente ein bläulich gestricheltes Federkleid. Vielleicht landet eine solche später im dazugehörigen Museum.
Auch Bornholms fantasievolle Glaskunst genießt hohes Ansehen. Textil-Design mit Pfiff steht ebenfalls auf der Agenda. Kürzlich hat der World Crafts Council die Insel für ihre hohe Erlebnisdichte und die Förderung von Glaskunst, Keramik und Textildesign als „World Craft Region" ausgezeichnet, die erste in Europa.
Einen Stopp verdient auch das Kunsthandwerkszentrum Grønbechs Gaard in Hasle, eine Kombination aus Café, Shop und Ausstellungen. Bruchsicher werden die originell geformten Glasväschen verpackt, und während die Eltern Kaffee trinken, können die Kids in einem separaten Raum Skulpturen aus recycelten Materialien basteln.
Ab Mai ist für viele Urlauber ein Abstecher zur nahen Hasle Røgerie ein Muss. Beim Anblick der frisch geräucherten, goldbraun glänzenden Heringe, „Bornholmer" genannt, läuft den meisten das Wasser im Munde zusammen. „Früher arbeiteten auf Bornholm 133 Räuchereien, jetzt sind es nur noch wenige", sagt Räuchermeister Søren Heide bei der Führung. Auch aufs richtige Holz käme es an.
Darüber hinaus erfordert das Räuchern stundenlange Aufmerksamkeit und war früher Frauensache, während die Männer zum Fischfang hinausfuhren. Neuerdings werden die Heringe aus dem dänischen Jütland importiert, die Lachse aus Norwegen. Doch nicht nur diese zieren das leckere Fischbuffet. Die Salate sind ebenfalls eine Delikatesse. Danach ein Gläschen Gammel Dansk – ein Magenbitter mit 29 Kräutern – so ist es dänische Sitte.
Nun weiter gen Norden, und schon bald setzt sich die Festung Hammershus auf der felsigen Nordspitze in Szene, die größte Burgruine Nordeuropas, erbaut im 12./13. Jahrhundert. In 72 Meter Höhe thront sie, umgeben von mehreren Verteidigungsanlagen, hoch über der schimmernden Ostsee. Mal die klobigen Mauern berühren und vergangene Zeiten erfühlen oder bei warmem Wetter vor dem Mantelturm rasten. Seine Ziegel stammen aus den Zeiten der Lübecker (1525 bis 1575), die die Anlage erheblich erweiterten.
Das Wasser aus der Zisterne war allerdings nur gekocht verträglich, das heißt, als Bier. Die Burgbewohner tranken davon täglich mindestens sechs Liter, steht auf einer Info-Tafel, um ihre stark gesalzenen Fisch- und Fleischmahlzeiten hinunterzuspülen. Alles Säufer? Keineswegs. Der mehrfach gebraute Gerstensaft hatte nur schlappe 0,2 Prozent Alkohol und wurde sogar zur Zubereitung von Kindernahrung verwendet.
Von Norden geht’s dann weiter entlang der Ostküste und damit zur weißen Moderne. Gemeint ist Bornholms Kunstmuseum, konzipiert von den dänischen Architekten Johan Fogh und Per Følner. Schon die Idee, auf der nur 590 Quadratkilometer großen Insel ein Kunstmuseum zu errichten, stieß in der Bevölkerung zunächst auf Ablehnung. Das Geld sollte lieber für soziale Projekte verwenden werden, meinten zahlreiche Bornholmer. Auch der Standort oberhalb der Klippen von Helligdommen, den Heiligtumsfelsen – einst eine vorchristliche Kultstätte – wurde kritisiert.
Das dennoch gebaute und 1993 eröffnete Kunstmuseum fand dann gleich so viel Anklang, dass es bald vergrößert werden musste. Drinnen erkennen die Besucher, wie schön und wohldurchdacht dieses Gebäude ist. Sogar eine alte heilige Quelle wurde ins Museum geleitet und fließt in einer Rinne über die Treppenstufen. Beim Gang durch die lichten Räume geht der Blick durch zahlreiche Fenster in die grüne Umgebung.
Eine Dauerausstellung widmet sich den „Bornholmer Malern", den Künstlern, die hier zumindest eine Weile lebten und malten. Oft haben sie auf einem Hügel oberhalb von Gudhjem gesessen und auf ihren Bildern das besondere Licht der Insel eingefangen.
Nach wie vor zählt dieser hübsche Ort auch zu den Lieblingszielen der Urlauber, die ebenso gern wie die Künstler über die roten Dächer auf die Ostsee schauen. Unter manch einem Ziegeldach verbirgt sich ein Fachwerk-Farbwunder, so in Sonnengelb mit Blau plus blauer Sitzbank oder als eine rot-gelbe Nachbarschaftskombination.
Gudhjems „Café Klingt" ist in den Wintermonaten geschlossen, leider an diesem Tag auch die landeinwärts gelegene, um 1150 erbaute Østerlars Rundkirche, die größte und älteste von insgesamt vier. Mit jährlich rund 120.000 Gästen ist sie ein echter Besuchermagnet.
Alle vier wurden als Wehrkirchen errichtet, in denen die Menschen bei Angriffen von Piraten Schutz suchten, und alle wurden nach dem gleichen Schema rund um den stabilen Mittelpfeiler gebaut. Diese vier Rundkirchen sind offensichtlich „unkaputtbar" und gehören zu den wichtigsten Wahrzeichen Bornholms. Gottesdienste und Führungen finden regelmäßig statt. Von außen wirken sie recht streng, überraschen drinnen jedoch mit Fresken und jahrhundertealtem Dekor.
Am besten erhalten ist die um 1160 erbaute Nylars Rundkirche. Drinnen faszinieren vor allem die gut erhaltenen Malereien auf dem Mittelpfeiler. Hier ringelt sich die Schlange verführerisch zwischen Adam und Eva, rechts davon werden die beiden ungehorsamen „Apfelbeißer" aus dem Paradies vertrieben.
Sehr beliebt ist auch der aparte Küstenort Svaneke ein Stück weiter südlich. Wie wär’s mit einem lustigen Wollhut vom Markt oder mit bunten Bieren im Bryghus, dem ganzjährig ab 11 Uhr geöffneten Brauhaus? Dazu passt das inselweit servierte Traditionsgericht „Sol over Gudhjem" (Sonne über Gudhjem), bestehend aus Schwarzbrot mit Butter, Hering, Zwiebeln, Radieschen, Schnittlauch, Pfeffer und Meersalz. Das rohe Eigelb obendrauf ist die Sonne, egal zu welcher Tages- oder Jahreszeit.
Nur Daniel Mikkelsen, der Chocolatier gleich nebenan, kann das mit seinen Kreationen noch toppen. In Handarbeit fabrizieren er und seine Angestellten die feinsten Leckereien. Richtige Renner sind die Flødeboller, zarte Schaumküsse in Edelausführung. „Wenn ich im Urlaub mal keine Schokolade bekomme, werde ich ganz nervös", sagt der schlanke große Mann und beißt sogleich in eine Praline. Auch sein Zweitbetrieb in Kopenhagen floriert.
Andererseits kommen die Dänen vom Festland gern nach Bornholm, um hier richtig gut zu essen, beispielsweise im Restaurant „Le Port" in Vang nahe Hasle (Telefon 0045-56969201) oder im Stammershalle Badehotel (von 1911) nördlich von Gudhjem (Telefon 0045-56484210). Das fitte freundliche Team stellt sich hinterher gerne für ein Erinnerungsfoto in Positur.