Der medizinische Dienst „Was hab’ ich?" übersetzt kostenlos ärztliches Fachchinesisch ins Deutsche. Ehrenamtlich tätige Medizinstudenten machen’s möglich – und lernen dabei auch selbst, wie man sich gegenüber Patienten laienverständlich ausdrückt.
Als Medizinstudent kennt man die Situation, dass man Familienangehörigen oder Bekannten helfen muss, die ärztliche Fachsprache zu entschlüsseln", sagt Ansgar Jonietz, von Haus aus Informatiker. So rief er 2011 gemeinsam mit zwei Medizinstudenten das gemeinnützige Projekt „Was hab ich?" ins Leben. „Wir wollten eine Lösung dieses Problems auch für alle bieten, die keinen Medizinstudenten oder Arzt im Bekanntenkreis haben", erklärt er. Auf washabich.de können Patienten ihre ärztlichen Befunde einreichen und in eine verständliche Sprache übersetzen lassen. Durch ehrenamtliche Übersetzer, durch Spenden und Fördergelder ist der Dienst für alle Patienten kostenfrei. Das ist Jonietz wichtig.
Wer den Dienst nutzen möchte, meldet sich bei washabich.de an und betritt das virtuelle Wartezimmer. „Jeden Tag werden Patienten auf der Warteliste angeschrieben und aufgefordert, ihren Befund einzusenden", erzählt Jonietz. „Dieser wird von uns geprüft und steht dann unseren ehrenamtlichen Übersetzern zur Verfügung, die frei aussuchen können, was sie übersetzen. Bei Fertigstellung wird der Nutzer benachrichtigt und kann das Dokument abrufen." Regelmäßig aktiv seien etwa 100 Übersetzer. Dabei wird auf Kompetenz geachtet: Mindestens acht Fachsemester sind Voraussetzung für diese ehrenamtliche Mitarbeit.
Wer als Patient nicht warten möchte, kann sich auch den kostenlosen „Befunddolmetscher" als PDF herunterladen (www.befunddolmetscher.de).
Doch wie steht es um den Schutz der sensiblen Patientendaten? Jonietz versichert: „Wir nehmen in der Regel keine Befunde per E-Mail an. Der Patient sendet seinen Befund verschlüsselt über unsere Website ein. Dabei bitten wir ihn, alle personenbezogenen Daten zu schwärzen. Die Befundübersetzung wird passwortgeschützt und verschlüsselt über unsere Website abgerufen und ist garantiert frei von personenbezogenen Daten." Zudem seien die Übersetzer an ihre ärztliche Schweigepflicht gebunden.
Etwa 100 kompetente Übersetzer sind regelmäßig aktiv
Die Zahlen sprechen für sich: „Wir hatten bereits über 1.700 Medizinstudenten und Ärzte im Team, die zusammen über 35.000 Befunde ehrenamtlich übersetzt haben und von uns in patientengerechter Kommunikation ausgebildet wurden", freut sich Ansgar Jonietz.
Aktuell besteht das Kern-Team im Dresdner Büro aus insgesamt fünf Ärzten, einer Kommunikationswissenschaftlerin, einem Softwareentwickler und Jonietz als Geschäftsführer, der nebenbei noch Gesundheitswissenschaften studiert.
Ob es eine Diagnose gibt, die besonders häufig eingereicht wird? „Häufig werden bei uns radiologische Befunde eingereicht, zum Beispiel von MRT-Untersuchungen. Das erklären wir uns damit, dass diese für den Patienten nicht nur besonders unverständlich sind, sondern auch leicht zugänglich: Für das MRT werde ich häufig zum Facharzt verwiesen und habe den nächsten klärenden Arzttermin manchmal erst viel später."
Der Service hilft nicht nur Patienten, auch (angehende) Ärzte profitieren davon: Durch ihre Mitarbeit bei „Was hab‘ ich?" lernen sie, komplizierte Fachsprache in laienverständliches Deutsch zu übersetzen. Seit dem Wintersemester 2014/15 bietet die Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus in Dresden darüber hinaus auch das Wahlfach „Was hab‘ ich?" an, um angehende Mediziner bereits während des Studiums für die patientengerechte Kommunikation fit zu machen.