Wolfgang Frey führt seit vielen Jahren sein privates Eisenbahnmuseum. Zudem produziert der 58-Jährige eigene Modelle, die bei Sammlern wegen ihrer Präzision und Detailtreue äußerst beliebt sind.
Eigentlich war Heinz Frey schon zu alt für eine Spielzeugeisenbahn. Doch er war nun einmal ein passionierter Eisenbahnfreund. Als Anfang der 50er-Jahre wieder Modelleisenbahnen auf den Markt kamen, stand er deshalb regelmäßig vor den Schaufenstern und staunte. Irgendwann hatte seine Frau ein Einsehen und erfüllte ihm seinen sehnlichsten Wunsch. Zum Weihnachtsfest 1956 schenkte sie ihm eine H0-Eisenbahn. Dass die Güterzuglok eigentlich nicht zu den Schnellzugwagen passte, störte ihn kaum – fortan verbrachte er jede freie Minute mit seiner Bahn. Zunächst noch heimlich allein, doch nachdem 1960 Sohn Wolfgang geboren wurde, bastelten die beiden bald gemeinsam an ihrer Bahn. „Manchmal glaube ich, dass ich nur das Vorwandskind war, um die Sache mit der Modelleisenbahn zu rechtfertigen", sagt Wolfgang Frey und lacht. Der heute 58-Jährige hat die Leidenschaft für Eisenbahnen von seinem Vater geerbt und führt im sächsischen Seifhennersdorf in der Oberlausitz seit vielen Jahren ein privates Eisenbahnmuseum.
Zudem produziert er eigene Modelle, die bei Sammlern äußerst beliebt sind. Schon 1966, also mit gerade einmal sechs Jahren, hatte Wolfgang Frey mit einfachen Mitteln seine ersten Modelle gebaut. Sie sind bis heute erhalten geblieben und nach wie vor funktionsfähig. Metallbearbeitung, Kunststoffguss und viele andere Technologien brachte sich Frey selbst bei, denn von Beruf war er eigentlich Fleischer – ebenso wie sein Vater. Trotzdem erreichten seine Modelle mit der Zeit eine solche Perfektion, dass er dafür bei Wettbewerben wie dem Verkehrshaus-Preis in Luzern in der Schweiz Goldmedaillen gewann. Der Modellbau war lange Zeit nur ein Hobby. Erst nachdem im Jahr 2001 gemeinsam mit Freunden der Verein Seifhennersdorfer Eisenbahnfreunde gegründet wurde, um die private Eisenbahnsammlung öffentlich zeigen zu können, häuften sich die Nachfragen nach den handgefertigten Modellen. 2004 gründete Wolfgang Frey die Firma Modellbau Frey, fünf Jahre später schloss er seine Fleischerei endgültig und widmet sich seitdem ganz dem Modellbau. „Ich habe mein Hobby sozusagen zum Beruf gemacht."
Sämtliche Modelle werden ausschließlich in limitierten Kleinserien gefertigt, die Auflage liegt zwischen fünf und 30 Stück. Wenn diese vergriffen sind, ist aufgrund des Verschleißes der verwendeten Formen und Vorrichtungen eine Nachauflage erst wieder bei genügend neuen Bestellungen möglich. Produziert wird in den ehemaligen Räumen der Fleischerei. Es kann bis zu einem Jahr dauern, ehe ein neues Modell fertig ist. Die Lokomotiven nehmen besonders viel Zeit in Anspruch. Trotz des Einsatzes von Maschinen und 3D-Druckern sind die Modelle immer noch größtenteils Handarbeit.
Mit seinen Modellen gewann er schon Goldmedaillen
Das Motto von Wolfgang Frey lautet: so detailgetreu wie möglich. Seine Waggons sind mit Federpuffern und Schraubenkupplung ausgestattet, fast wie im Original. „Mein Klientel ist der ernsthafte Modellbauer", erzählt er – darunter auch viele ältere Herren. In den Kinderzimmern sind Modellbahnen dagegen eher selten geworden, was den Absatz der großen Modellbahnhersteller wie Märklin merklich einbrechen ließ. Von deren Krise hat Frey aber eher profitiert. „Die Industrie muss hohe Verkaufszahlen erreichen, damit es sich für sie lohnt. Wenn ihr das nicht mehr gelingt, müssen sie die Preise erhöhen. Aber dann entscheiden sich viele lieber für mich, weil sie wissen, dass sie bei mir mehr Details bekommen." Oft zieht Frey alte Fotos zurate, damit die Fahrzeuge auch wirklich historisch korrekt sind. „Es steckt viel Liebe und Herzblut in jedem einzelnen Modell", sagt er und gesteht, dass es ihm deshalb nicht immer leicht fällt, die Lokomotiven und Waggons einfach abzugeben. „Aber es hilft zu wissen, dass meine Kunden genauso große Eisenbahn-Liebhaber sind wie ich." Mit vielen ist er auch privat befreundet, man sieht sich regelmäßig zu den Freundestreffen vor Ort. „Drei Tage bei Eierlikör und Eisenbahn", sagt er schmunzelnd.
Doch auch wer sich keine eigene Modellbahn anschaffen will, ist bei Wolfgang Frey gut aufgehoben. In seinem privaten Museum hat er viele Originalstücke der Eisenbahn vor der Verschrottung bewahrt, die an die lange Bahntradition in dieser Region erinnern. Sachsen war immer schon ein Eisenbahnland gewesen, mithilfe der Schmalspur erschloss man selbst noch entlegenste Gegenden. Die sächsischen Schmalspurbahnen waren mit einer Gesamtlänge von über 500 Kilometern das größte einheitlich betriebene Schmalspurbahnsystem in Deutschland. Bis heute verkehren auf mehreren Strecken im Freistaat Schmalspurbahnen, einige sogar täglich. So auch im Zittauer Gebirge unweit von Seifhennersdorf, Deutschlands kleinstem Mittelgebirge, wo die Zittauer Schmalspurbahn weiter durch die Täler dampft und dabei bis heute nichts von ihrer Faszination verloren hat.
Vom Bahnhof Seifhennersdorf sind im Museum das alte Kurbelstellwerk, ein Läutewerk, Morseapparate und viele andere Stücke zu sehen, zudem Dutzende Schilder und Lampen und eine Sammlung verschiedener Eisenbahnermützen. Die älteste stammt aus dem Jahr 1900, die jüngste ist das aktuelle Modell der Deutschen Bahn. „Wenn Sie mich fragen, ist das auch gleichzeitig die, mit der ich am wenigsten anfangen kann, weil sie für mich nicht mehr viel mit einer echten Eisenbahnermütze zu tun hat", meint Wolfgang Frey.
In einem weiteren Raum ist eine 22 Quadratmeter große H0-Anlage im Maßstab 1:87 zu bewundern, die nicht etwa per Computer gesteuert wird, sondern immer noch analog mithilfe alter Relaisschaltungen, wie sie früher auch in Telefonen verwendet wurden. „Böse Zungen behaupten, dass die Anlage gerade deshalb bis heute funktioniert", sagt Frey.
Eine Eisenbahnermütze aus dem Jahr 1900
Gleich nebenan, auf dem Dachboden des alten Umgebindehauses, befindet sich das Schmuckstück seiner Sammlung: ein detailgetreuer Nachbau des Bahnhofs Bertsdorf im Zittauer Gebirge im Maßstab 1:22,5. Seit 1991 hat Frey daran gebaut, anfangs noch zusammen mit seinem Vater, und dabei viel Wert auf Details gelegt. Auf der Anlage fühlt man sich in das goldene Zeitalter der Dampflokomotiven zurückversetzt. Das gilt im Übrigen auch für den echten Bahnhof, der weitgehend in der Form erhalten geblieben ist, die er schon 1890 zur Eröffnung der Zittauer Schmalspurbahn hatte. Aufgrund seiner verkehrshistorischen, bau- und technikgeschichtlichen Bedeutung ist der Bertsdorfer Bahnhof mittlerweile denkmalgeschützt.
In einer Sache ist Wolfgang Frey allerdings vom Original abgewichen. Ganz in der Nähe seines Modellbahnhofs steht nämlich ein kleines Denkmal, das es in Wirklichkeit so nicht gibt. Es ist eine Erinnerung an seinen inzwischen verstorbenen Vater Heinz, der ihn einst mit dem Eisenbahnvirus angesteckt hatte. Das Motiv ist ungewöhnlich: ein Hut auf einem Sockel. „Mein Vater hatte die blöde Angewohnheit, seine Hüte ständig irgendwo zu verlieren", erklärt Wolfgang Frey. Seine geliebten Modellbahnen hütete sein Vater dagegen penibel. Der Zug, mit dem 1956 alles angefangen hatte, steht heute im Haus seines Sohnes in der Vitrine.