Torsten Mattuschka macht bei Regionalligist VSG Altglienicke erste Schritte auf ungewohntem Terrain – dabei scheint der Kultkicker mehr fürs Traineramt mitzubringen, als mancher denkt.
a war es mal wieder zu sehen, dieses lausbübische Lachen von Torsten Mattuschka. Diesmal auf einem Foto bei Facebook, unmittelbar nach dem Aufstiegsrückspiel zwischen Energie Cottbus und dem SC Weiche Flensburg, das dem Club aus Mattuschkas Geburtsstadt den Sprung in die Dritte Liga einbrachte. Der Ex-Profi hatte dabei gleich zwei gute Gründe zu feiern: eben den Erfolg von Energie, wo er insgesamt fünf Jahre die Stiefel schnürte – und den Klassenverbleib seines aktuellen Vereins, der VSG Altglienicke. Wären die Lausitzer nämlich an Flensburg gescheitert, hätten die Altglienicker wieder in die NOFV-Oberliga Nord absteigen müssen. Das wäre ein denkbar ungünstiger Einstand für den Neu-Trainer der Ersten Herrenmannschaft gewesen.
Torsten Mattuschka – Trainer? Ganz genau, denn bei der VSG Altglienicke hatte man zum Ende der Regionalligasaison in prekärer Tabellenposition keine andere Wahl mehr gesehen, als sich von Übungsleiter Miroslav Jagatic zu trennen. Fünf Partien vor Ende der Spielzeit machte es allerdings wenig Sinn, einen neuen Trainer zu verpflichten. Eine Übergangslösung musste also her – am besten eine interne: jemand, der den Verein kennt, Respekt genießt und die Spieler noch einmal wachrütteln kann. Da musste der Sportliche Leiter Daniel Böhm nicht lange überlegen – und fragte Torsten Mattuschka. Der war als Spieler ohnehin gerade auf Eis gelegt, da er sich im Februar einen Anriss der Achillessehne eingehandelt hatte und nicht mehr einsatzfähig war. An der Seite des erfahrenen Lothar Hamann (66), der die VSG zuletzt in der Saison 2013/14 trainiert hatte, sollte er die „Kurzmission Klassenverbleib" bewältigen. Zwei Siege gelangen dem Trainergespann Hamann/Mattuschka dann zwar auch noch – am Ende aber war man doch auf die Cottbuser Schützenhilfe angewiesen.
Anschließend war „Tusche" dann ebenso in den sozialen Netzwerken zu sehen, wie die Fans ihn lieben: Mit einem Glas Bier in der Hand prostete er in die Kamera. Dass man es nicht aus eigener Kraft geschafft hatte? Geschenkt, da bleibt sich Torsten Mattuschka in seiner Lockerheit treu. Am Ende hat’s gereicht – fertig, aus. Aber ist der Ex-Profi gerade mit seiner Art geeignet, Trainer zu sein? Der anarchische Spaßkicker, der nun Spielsysteme erarbeitet, und womöglich Ernährungspläne ausgibt, während er das Image zwischen Profitum und Pilsgenuss gepflegt hat – und immer noch tut?
Die Idee, Spieler zu trainieren, ist allerdings beileibe kein Schnellschuss Mattuschkas gewesen – und auch nicht von Seiten der VSG Altglienicke. Die hatte den prominenten Fußballer vor zwei Jahren schließlich nicht nur als Spieler und Aushängeschild für den selbst ernannten „Dorfverein" aus Berlins Südosten verpflichtet, sondern auch als Trainer für die A-Jugend. Die Bereitschaft und die Vorstellungskraft, diese völlig andere Tätigkeit zu bewältigen, war also bei Mattuschka bereits vorhanden. Dabei kam er nicht als Profi um die Ecke, dem man nichts mehr beibringen muss – auch bei den Junioren assistierte er im Gespann dem erfahreneren Jürgen Franz (58). Mit Erfolg: Gleich im ersten Jahr konnte man den Aufstieg in die Verbandsliga feiern.
Disziplin von Eduard Geyer gelernt
Inzwischen hat Mattuschka den Kurs zum DFB-Elite-Jugend-Trainer inklusive Abschluss erfolgreich absolviert. Und die A-Lizenz, verriet der 37-Jährige unlängst in einem Interview mit der „Berliner Zeitung", soll folgen. Aber wie musste man sich die Rollenverteilung im Trainergespann vorstellen? „Ich bin der Heißmacher, pushe meine Spieler, sage ihnen, dass sie sich viel zutrauen sollen und müssen", spricht der Novize Klartext. Als Vorbilder in dieser Hinsicht, die er selbst während seiner Zeit als Aktiver erlebte, nennt Mattuschka dabei die Cottbus-Trainer Stefan Krämer (inzwischen mit Uerdingen in die Dritte Liga aufgestiegen) und „Pele" Wollitz. Disziplin wiederum – und das überrascht nicht wirklich – habe er von Eduard Geyer gelernt. Oder lernen müssen: „Ede" sprach Mattuschka – damals Anfang 20 – nach einem Testkick mit dessen Stadtteilverein SV Dissenchen an und überredete ihn zur Rückkehr zu Energie, wo er schon in der Jugend gespielt hatte. Und das, obwohl der Trainerlegende das Aussehen – in seiner Biografie beschreibt Mattuschka sich selbst zu diesem Zeitpunkt als kahl geschorenen Augenpiercing-Träger von stattlichen 97 Kilo Körpergewicht – missfallen haben dürfte. Dessen technische Fähigkeiten und der Wert von immerhin etwa 100 Toren in der gleichen Anzahl von Kreisligaspielen waren Geyer allerdings auch nicht entgangen.
So nahm die Karriere von Torsten Mattuschka ihren späten Lauf: Bundesligadebüt und Zweite Liga mit Cottbus, nach seinem Wechsel zum 1. FC Union 272 Spiele und 60 Tore für die Eisernen und wieder bis hinauf in die Zweite Liga. Im Jahr 2014 kehrte der damals 34-Jährige zu den inzwischen eine Klasse tiefer spielenden Cottbusern zurück.
Mit deren Abstieg in die Regionalliga Nordost im Jahr 2016 schien auch „Tusches" Laufbahn beendet. Da kam das Angebot aus Altglienicke gerade recht. Eine „Win-win-Situation" – schließlich weiß man, was man aneinander hat: die VSG Altglienicke einen Sympathieträger mit großer Strahlkraft, Torsten Mattuschka einen Verein, der ihm neue Perspektiven im sportlichen Bereich bietet. So bleibt er dem Regionalligisten auch weiterhin im Trainerteam erhalten, während sich Lothar Hamann ins zweite Glied zurückzieht. Neuer Chefcoach bei der VSG wird zur Saison 2018/19 Andreas Zimmermann (48). Der gebürtige Berliner kann in seiner Laufbahn namhafte Stationen wie FC Carl Zeiss Jena oder Rot-Weiß Oberhausen vorweisen. Torsten Mattuschka soll sich weiter als Assistent einbringen und parallel fortbilden. Nach jüngsten Meldungen über die fortschreitende Genesung ist sogar eine Rückkehr als Stand-by-Spieler denkbar. Auf lange Sicht aber stellt für den 37-Jährigen sehr wohl die Trainertätigkeit eine echte Perspektive dar.
Insgesamt hat Mattuschka übrigens seinen früheren Coach Uwe Neuhaus (inzwischen Dynamo Dresden) am beeindruckendsten in Erinnerung – der führte den 1. FC Union über sieben Jahre erfolgreich mit einer Mischung aus Disziplin, Kompetenz und auch Lockerheit. Darum genießt er rund um die Alte Försterei auch bis heute Heldenstatus – beinahe also wie „Tusche" als Spieler. Und dem ist durchaus zuzutrauen, einmal Neuhaus’ legitimer Nachfolger zu werden – auch mit dieser für ihn typischen Extraportion Lockerheit.