Die Landeshauptstadt Saarbrücken steht nicht gerade im Ruf eines Fahrrad-Paradieses. Mit dem neuen Verkehrsentwicklungsplan will die Stadt einen Sprung nach vorne machen. Baudezernent Heiko Lukas über Pläne, Perspektiven und Sicherheit.
Herr Lukas, Saarbrücken erhielt Anfang der 90er-Jahre die zweifelhafte Auszeichnung „rostige Speiche" vom ADFC. Seitdem hat sich die Situation in der Stadt verändert. Ist sie aus Ihrer Sicht dort angekommen, wo die Stadtverwaltung sie sehen will, oder könnte es nach wie vor Verbesserungen für Radfahrer geben?
Die Landeshauptstadt Saarbrücken hat seither große Fortschritte im Bereich Radverkehr gemacht. Wenn mehr Bürgerinnen und Bürger aufs Rad steigen, profitieren alle von weniger Lärm und Abgasen, die Lebens- und Aufenthaltsqualität verbessert sich. Deshalb ist es richtig, dass der Stadtrat im Verkehrsentwicklungsplan 2030 das Ziel gesetzt hat, den Radverkehrsanteil durch konkrete Maßnahmen deutlich zu steigern.
Tatsächlich sieht der Verkehrsentwicklungsplan vor, den Radverkehrsanteil in der Stadt zu verdreifachen. Wie kommen Sie damit voran?
Kurzfristig und im laufenden Geschäftsbetrieb markiert die Stadtverwaltung Radschutzstreifen, baut Radabstellstellanlagen und nimmt zahlreiche kleine Verbesserungen im Radnetz vor.
Wie sehen solche Verbesserungen konkret aus? Welche Pläne gibt es, die Stadt fahrradfreundlicher zu gestalten?
Die Maßnahmen sind im schon erwähnten Verkehrsentwicklungsplan, der ja ein eigenes umfangreiches Kapitel hierfür enthält, beschrieben. Damit haben wir nun den großen Vorteil, einen Fahrplan zu besitzen, der zu mehr Fahrradfreundlichkeit führt. Beispiele sind der Ausbau von fünf Hauptachsen des Radverkehrs und eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit.
Soll es auch neue Radwege geben?
Wir sind dabei, die größeren Radhauptachsen auf den Weg zu bringen, die im Verkehrsentwicklungsplan definiert wurden. Als ersten Schritt vergibt die Landeshauptstadt einen Planungsauftrag für den Radweg im Meerwiesertalweg als Teil der Achse HTW – Innenstadt – Universität. Ein wichtiges Stück dieser Achse befindet sich auf der Wilhelm-Heinrich-Brücke ja schon in der Umsetzung.
Karlsruhe, Platz Nummer zwei der fahrradfreundlichsten Städte Deutschlands, hat zahlreiche Fahrradstraßen, die nur für Radler sind. Wäre so etwas auch in Saarbrücken denkbar?
Entscheidend ist es, dass wir den Radfahrenden ein möglichst gutes und lückenloses Netz bieten können. Fahrradstraßen können dafür ein Mittel sein. Wie im Verkehrsentwicklungsplan formuliert, lassen wir zunächst einmal prüfen, ob Fahrradstraßen auch in Saarbrücken mit seinen lokalen Gegebenheiten sinnvoll sind. Falls ja, werden wir hierzu Vorschläge unterbreiten.
2004 sah man große Chancen für den Radverkehr durch die Stadtmitte am Fluss. Haben sich diese Erwartungen erfüllt?
Die Chancen des Projektes Stadtmitte am Fluss sollten nicht nur, aber auch im Bereich des Radverkehrs genutzt werden. Einige Ideen daraus hat die Landeshauptstadt inzwischen umgesetzt. Als Beispiel sei die neugestaltete Eisenbahnstraße genannt: Hier hat die Landeshauptstadt für den Radverkehr Schutzstreifen auf der Fahrbahn markiert und neue Fahrradständer errichtet. Außerdem hat die Stadtverwaltung eine Fahrradrampe an der Wilhelm-Heinrich-Brücke realisiert.
Nutzen das die Bürger? Wie steht es generell um die Fahrradkultur in Saarbrücken?
In Vorbereitung für den Verkehrsentwicklungsplan hatte die Landeshauptstadt den Verkehr in Saarbrücken analysieren lassen. Ergebnis: 2010 sind im gesamten Stadtgebiet rund vier Prozent aller Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt worden. In der Innenstadt waren es sechs Prozent. Jedoch hat sich nach einhelliger Meinung der Fachleute die Quote seither erhöht. Immer mehr Menschen in Saarbrücken nutzen das Fahrrad als schnelle und umweltschonende Alternative zum Auto.
Laut Statistiken weist Saarbrücken ein vergleichsweise hohes Unfallrisiko für Radfahrer aus. Gibt es Bestrebungen, das zu ändern und wenn ja, wie sehen sie aus?
Besonders Radfahrende und Fußgehende sind bei Unfällen gefährdet, weil sie ein höheres Verletzungsrisiko tragen. Sowohl die Stadtverwaltung als auch die Polizei widmen sich auf verschiedenen Ebenen permanent der Verkehrssicherheit. Auch die örtliche Unfallkommission überprüft Maßnahmen, die Gefahrenstellen entschärfen können. Um Autofahrer auf geltende Vorfahrtsregelungen aufmerksam zu machen, werden Einmündungen und Einfahrten rot markiert und mit Piktogrammen versehen.
Passieren weniger Unfälle, wenn Radfahrer unerlaubterweise auf dem Gehweg fahren?
Die Sicherheit ist für die Radfahrenden im Übrigen – und entgegen landläufiger Meinung – höher, wenn sie im Sichtfeld des Autoverkehrs auf der Straße auf einem Rad- oder Schutzstreifen fahren, als im vermeintlich sichereren Seitenraum oder sogar auf dem Gehweg, da sie dort leichter an Ein- und Ausfahrten oder an einmündenden Straße übersehen werden können.