Im japanisch-dänischen Restaurant „Sticks’n’Sushi" in Berlin sind die „Kids’n’Sushi"-Kurse der Renner. Der kulinarisch interessierte Nachwuchs lernt die Sushi-Zubereitung. Zukünftig soll der Kurs für Sechs- bis Zwölfjährige alle zwei Wochen laufen.
„Seht mal zu, dass die Alge so aussieht!", ruft es aus der Workshop-Ecke vom „Sticks’n’Sushi". Glatt gezogen auf der Bastmatte und mit der rauen Seite nach oben soll das Nori-Blatt liegen, auf das bald der Sushi-Reis gegeben wird. Gurkenstreifen, Lachsfilet und Garnelen liegen schon in bunten Schüsseln parat. Elf Kinder wuseln um die Tische hinter der Wendeltreppe nahe der Küche, sortieren sich immer wieder an ihre Plätze zurück, um ihre eigenen Hoso-Maki-Rollen zu rollen.
Beim sonntäglichen „Kids’n’Sushi"-Kurs im Restaurant an der Potsdamer Straße ist Selbermachen unter fachkundiger Anleitung schwer angesagt. Die monatlichen Kurse für die Sechs- bis Zwölfjährigen sind beinah immer ausgebucht. Künftig soll es sie deshalb alle zwei Wochen geben. „Sushi ist ganz normales Essen", weiß Anisha Boeven. „Das gibt’s häufig zu Geburtstagen oder im Restaurant." Kein Wunder, dass die Elfjährige für den einstündigen Kurs mit Julien Baumgart und Jojo Yuathonglang vom „Sticks’n’Sushi" sofort zu begeistern war. Die mit Namen beschrifteten Stoff-Bandanas in Kombination mit weißen Plastik-Schürzen verwandeln die Kinder in eine Art Sushi-Ninjas. So eingekleidet und mit gewaschenen und desinfizierten Händen erfahren sie, wie leicht die Sushi-Zubereitung sein kann. „Ich dachte, es wäre viel schwerer. Aber das ist es nicht, wenn man auf ein paar Kleinigkeiten achtet", berichtet Anisha. Als da wären: „Die Hände immer erst in Wasser tauchen, bevor man den Reis anfasst, damit er nicht überall klebt. Außerdem muss man einen Zentimeter am Rand freilassen, damit die Rolle zusammenhält." Zwei Rollen-Sorten werden in einem Kurs zubereitet – Hoso-Maki mit dem Algenblatt außen und Ura-Maki-Rollen. Letztere sind auch bekannt als „Inside Out" oder „California Rolls", bei denen der Reis die Füllung von außen umschließt. „Bei den Inside-Out-Rolls muss das ganze Blatt mit Reis bedeckt sein, sonst sieht man die Algen hinterher." Fürs Äußere im Tüpfellook und den geschmacklichen Kontrast zu Fisch und Grün kommt schwarzer Sesam auf die Reis-Schicht, bevor die ganze „Platte" gewendet und „falsch herum" aufgerollt wird.
Sonntags um 11 Uhr, zur Kurszeit, ist das „Sticks’n’Sushi" noch nicht regulär geöffnet. So bleibt das Gewusel überschaubar und die begleitenden Eltern können sich nach der Film- und Foto-Runde zu Beginn mit Kaffee oder Kaltgetränk an die Bar oder auf die Terrasse setzen. Die Kinder werfen zunächst einen Blick in die große, offene Küche, in der die Vorbereitungen fürs Tagesgeschäft parallel laufen. Sehen die „Reiswaschanlage" mit fließendem Wasser, wie Jojo Yuathonglang die für die Profis optimierte Strecke zum Herauswaschen von Steinchen und kleinen Verunreinigungen nennt. Der Reis wird in speziellen Kochern zubereitet, anschließend mit Mirin, einem süßen Reiswein, und Sushizu, einer Art Reisessig, gewürzt. „Sushi ist eine uralte Form, um Fisch durch Fermentation im Reis länger zu konservieren", erklärt Julien Baumgart. Dass der Reis selbst ebenfalls gut schmeckt, fiel den Japanern auch recht bald auf – so vor etwa 700 Jahren.
Das Rollen ist ein kleiner Kraftakt
„Einen Moment lang, als die Schüssel mit dem Reis kam, wurde es wild", beobachtet der Fotograf. Mit dem Füllen und Rollen wird es ernst. Also noch einmal rasch die Hände ins Wasser getunkt, eine Handvoll Reis – für eine „dünne" Hoso-Maki etwa 80, für eine „dickere" Inside-Out-Rolle 100 Gramm – aufgenommen und auf den Algen ausgebreitet. Es folgt ein kleiner Kraftakt: „Der Reis muss beim Rollen richtig fest zusammengedrückt werden", sagt Yuathonglang. „Man muss den Belag festhalten, damit er nicht wegrutscht", stellt Anisha fest. „Reindrücken, festhalten und wegziehen" ist der „Groove", den die Profis rhythmisch vorgeben. Jojo hat die Ränder abgeschnitten und die Rollen geteilt. Eine gewisse Kraft und Fingerfertigkeit müssen vorhanden sein; deshalb werden die Sushi-Kurse erst für Kinder ab sechs Jahren angeboten. Yuathonglang weiß, wovon er spricht: Als „oberster Sushi-Roller", wie er sich bezeichnet, oder offiziell: „Line Chef" an der Maki-Station, ist er einer der schnellsten im Küchenteam. „Jojo ist richtig gut", sagt Anisha. „Er macht in einer Minute fünf Rollen." Die Sushi-Kids brachten es auf immerhin vier in einer Stunde. Von jeder Sorte wurden zwei Rollen geformt, in Stücke geschnitten und stilecht in einer schwarzen Bento-Box fürs Probieren zu Hause verpackt. Mit einigen gekonnten Griffen schlägt Julien Baumgart ein großes Zellstoff-Karree über der Bento-Box zusammen. Flugs ist aus dem mit abstrakten Fischen bedruckten, weißgrauen Quadrat ein nachhaltiges Tragetuch geworden. Dieses „Furoshiki" kann nach dem Auspacken gleich als Tischset oder Serviette genutzt werden – minimalistisch schick sieht es allemal aus.
Daran hätten auch Erwachsene ihren Spaß, finde ich. Eine Freundin hatte mich gleich beauftragt, herauszufinden, ob es die Sushi-Kurse auch für uns gäbe. „Sticks’n’Sushi"-Operations Manager Marie-Louise Madsbjerg sagt, man überlege tatsächlich, Kurse für Erwachsene anzubieten. Die müssten länger dauern, mehr Feinheiten erklärt werden: „Erwachsene wollen etwa genau wissen, wie der Reis zubereitet wird", sagt Yuathonglang. Vielleicht wollen sie sogar gleich Fisch filetieren, Nigiri-Bänkchen bauen oder frittierte „Ebi"-Garnelen aus den „Hinterteilen" der Rollen neckisch herausgucken lassen? Das wäre sicherlich nicht für 25 Euro pro Nase wie beim Kinder-Kurs machbar. Die „Kids’n’Sushi"-Kurse gehören zum Marketing der 1994 gegründeten dänisch-japanischen Restaurant-Kette. Im Januar 2017 erst eröffnete „Sticks’n’Sushi" im ehemaligen „Tagesspiegel"-Haus das erste Lokal in Deutschland. Anisha als Tochter einer durch und durch kulinarischen Familie jedenfalls musste nicht erst Eltern und Schwester auf das „Sticks’n’Sushi" aufmerksam machen. Sie waren alle längst dort essen. „Ich finde den Nachtisch besonders gut", sagt sie. Ob Matcha-Schoko-Marzipan-Küchlein, Yuzu-Sorbet oder weiße Schoko-Mousse mit Lakritz – in den Keramiktöpfchen zeigt sich die dänische Seite des Restaurants gern.
Stärkerer Fokus auf Vegetarischem
Anisha rollte in ihre Maki einmal Gurke pur und einmal Lachs mit Gurke. „Ich fand gut, dass wir die Füllungen selbst wählen konnten." So ist auch für die nicht-fischliebenden Familienmitglieder Passendes in der Box. Mit der soeben eingeführten neuen Karte legt das „Sticks’n’Sushi" noch stärker seinen Fokus auf Vegetarisches und Veganes. Unter dem Motto „Angels and Devils", Engelchen und Teufelchen, geht man mit der stärkeren Ausrichtung aufs Grün spielerisch um. „Wir haben den Thunfisch auf der Karte reduziert", sagt Küchenchef Song Lee. „Aber wir wollen nicht darauf verzichten, denn das entspräche nicht der japanischen Sushi-Philosophie." Keine Frage, der „Green Grass Salad" beispielsweise mit gegrilltem Brokkoli, Süßkartoffeln, Austernpilzen, marinierten und abgezogenen Tomaten sowie Fenchel auf einem Bett von Edamame-Hummus schmeckt hervorragend. Haselnüsse, Yuzu-Vinaigrette und Topinambur-Chips bringen Säurespitzen, Knack und Nussigkeit ans rot-weiße Grün. Aber eine vegane Miso-Suppe mit Tofu, Frühlingszwiebeln, Wakame-Algen und Chili ist eben in ihrer Aromatik doch etwas grundsätzlich anderes als eine mit Bonito-Thunfisch-Flocken angesetzte.
„Ich fand es supertoll", zieht Anisha nach dem „Kids’n’Sushi"-Kurs Bilanz. „Jojo und Julien haben alles richtig gut erklärt. Ich habe viel gelernt und ich war am Ende superzufrieden." Die fertigen Rollen in der Bento-Box waren wohl zudem ausgesprochen köstlich, wie mir aus Familienkreisen zugetragen wurde. Das werde ich bald zu meinem Vorteil nutzen: Ich werde mich zu den Freunden nach Hause einladen. Wir Erwachsenen nehmen dann entspannt auf dem Sofa einen Aperitif und warten einfach darauf, bis die jüngere Tochter des Hauses uns anschließend mit selbst gemachten Sushi verwöhnt.