Richard Jungmann hat das Ende einer Ära bei der HG Saarlouis angekündigt – nämlich seiner. Der Macher beim Handball-Drittligisten hört 2020 auf. Während die Mannschaft sich nach Platz sieben in der Vorsaison verbessern will, läuft die Nachfolger-Suche an.
Das erste Drittliga-Jahr nach neun Jahren in der 2. Bundesliga war für die Handballer der HG Saarlouis kein Zuckerschlecken. Am Samstag, 23. August, startet die HG bei den Rhein Neckar Löwen in die neue Runde der 3. Liga Süd. Das erste Heimspiel findet am 31. August um 19.30 Uhr in der Stadtgartenhalle gegen den HC Erlangen II statt. „Die Umstellung auf die 3. Liga mit einer komplett neuen Mannschaft war eine ausgesprochene Herausforderung für den Verein und den Trainer", blickt Richard Jungmann zurück. Der Vorsitzende und Manager der HG fasst zusammen: „In der Vorrunde lief es zäh an, da die Mannschaft noch nicht komplett war und wir zudem mit Verletzungen von Leistungsträgern zu kämpfen hatten. In der Rückrunde hatte sich das Ganze jedoch sehr gut entwickelt, die Mannschaft hatte sich gefunden." Nach neun Siegen in Serie war zwei Spieltage vor Schluss sogar noch die Vizemeisterschaft möglich. Am Ende landete Saarlouis hinter der Spitzengruppe auf Platz sieben. Der guten Stimmung in der Stadtgartenhalle tat der Abstieg keinen Abbruch. „Insbesondere bei den Lokalderbys gegen VTZ Saarpfalz und TuS Dansenberg war die Atmosphäre so, wie zu Zweitliga-Zeiten. Das Publikum hat die 3. Liga also voll angenommen", findet Jungmann.
Wie lange die HG-Fans warten müssen, bis das Team wieder in der Liga spielt, die ihrer Begeisterungsfähigkeit gerecht wird, ist offen. Das Saisonziel „Aufstieg" wollen jedenfalls weder Trainer noch Vorstand in den Mund nehmen. „Wir wollen an die gute Rückrunde der letzten Saison anknüpfen", erklärt Richard Jungmann und ergänzt: „Von den beiden Ausländern, die uns nicht überzeugen konnten, haben wir uns getrennt und mit Wladi Kurotschkin (VTZ Saarpfalz) und Tommy Wirtz (HB Dudelange/Luxemburg) für die Positionen am Kreis und Linksaußen für Ersatz gesorgt, der auch abwehrstark ist."
Fans bleiben der HGS treu
Den Verein verlassen haben der Franzose Quentin Abadie (Ziel unbekannt), der Lette Toms Lielais (HB Dudelange), Pascal Noll (TSV Bayer Dormagen) und Dominik Rifel (VTZ Saarpfalz). „Der Kern der Mannschaft ist sehr gut ausgestattet, hinzu kommen vermehrt Nachwuchsspieler aus unserer A-Jugend-Bundesligamannschaft, die sich in das Team eingliedern werden", sagt Richard Jungmann, der die HG im vorderen Tabellen-Drittel sieht. „Wenn es mehr wird, dann wäre das natürlich schön", fügt er mit einem Lächeln an. Die Qualität der Mannschaft sei jedenfalls mindestens genauso gut wie im Vorjahr – „Wenn nicht sogar besser."
Trainer Philipp Kessler ist froh, dass ein Großteil des Teams gehalten wurde, hätte sich allerdings mehr Quantität im Kader gewünscht. Mit Lars „Willi" Walz, der an einem Kreuzbandriss laboriert und bis Jahresende ausfällt sowie Niklas Louis, der sich Anfang Juli zwei Bänder im Fuß abgerissen hatte und die gesamte Vorbereitung verpasst, muss er nämlich zwei Langzeitverletzte ersetzen. „Das heißt, wir müssen im Rückraum vorerst ohne Linkshänder agieren und sind personell nicht so aufgestellt, wie ich das natürlich gerne hätte. Derzeit stehen mir ohne A-Jugendliche nur neun Feldspieler zur Verfügung", klagt Kessler. Der 34-Jährige hätte sich „schon gewünscht, dass der Vorstand personell noch den einen oder anderen Akzent setzt – so, wie es auch angedacht war. Aber das lassen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wohl nicht mehr zu. Das muss ich als Trainer so akzeptieren."
Diese Situation stellt für die Eigengewächse aus der Talentschmiede eine große Chance dar. Die A-Jugend-Bundesligaspieler können sich schon früh im Herren-Bereich akklimatisieren – und das gleich auf Drittliga-Niveau. „Das tut den Jungs gut, und für uns ist es wichtig, damit wir auch im Training mal Sechs gegen Sechs spielen können. Außerdem haben sie durchaus die Möglichkeit, die jeweils zweite Position im Kader zu besetzen", betont Kessler. Zum Perspektivteam der HG gehören zum Beispiel Linkshänder Marvin Schug (18 Jahre alt) und Torwart Vincent Hein (18), die beide auch im Juli mit ins Trainingslager nach La Bresse in die Vogesen reisen durften, sowie Alexander Herzig und Jonas Peifer (beide 18) und die erst 16-jährigen Marco Grgic und Konrad Wagner. Mit den im Trainingslager und den bisher gezeigten Testspielen gezeigten Leistungen ist Kessler jedenfalls „größtenteils zufrieden" und fest davon überzeugt, „dass wir eine vernünftige Rolle spielen können. Ich will jedenfalls das Maximale herausholen, und die Jungs sind heiß darauf, jedes Spiel zu gewinnen. Wir wollen uns im Vergleich zur letzten Saison verbessern. Wenn uns das gelingt, wäre dies sicher als Erfolg zu werten."
„Optimaler Zeitpunkt für einen Wechsel"
Sich mit einem Erfolg zu verabschieden, wäre auch im Sinne Richard Jungmanns. Auf der ordentlichen Mitgliederversammlung des SC Saargold Saarlouis-Lisdorf im Juli kündigte er nämlich seinen Rückzug als Vorsitzender und Manager der HG im Jahr 2020 an. „Es ist so, dass ich meine Entscheidung sehr früh angekündigt habe. Ich werde ja auch nicht jünger und habe mich aus der Verantwortung heraus dazu entschieden", erklärt der gerade 70 Jahre alt gewordene Jungmann. Der Zeitpunkt hierfür sei optimal, weil sowohl im Vorstand der HG als auch mit den Aktiven, den Sponsoren und dem Umfeld großes Einvernehmen herrsche. „Diese Situation ist hervorragend, und ich wollte diesen Schritt gehen, solange sich das Heft des Handelns noch in meiner Hand befindet und bevor Fragen aufkommen wie ‚Wie lange willst du das eigentlich noch machen?!‘" Diese Entscheidung verdient großen Respekt. Schließlich ist Jungmann der unbestrittene Macher der HG. Seit über zwei Jahrzehnten leitet er die Geschicke neben und zwischenzeitlich auch auf dem Platz und prägte die Erfolgsgeschichte der HG wie kein anderer. „Diese Entscheidung zu treffen, fiel mir nicht leicht. Im Gegenteil", gibt er zu: „Mein Entschluss entstand aus Verantwortung gegenüber dem Verein. Der Club soll neben dem erfahrenen Vorstand mit jüngeren, tatkräftigen Leuten ausgestattet werden, die nicht befürchten müssen, mir persönlich den Stuhl wegzuziehen."
Einen Nachfolger gibt es noch nicht. Ohnehin ist noch unklar, ob mit Jungmanns Rückzug nicht auch eine Strukturreform vollzogen wird. „Wir sind derzeit in der Findungsphase. Der Verein könnte in eine andere Rechtsform überführt werden, oder alles bleibt wie es ist und wird auf verschiedene Schultern verteilt", erklärt Jungmann und ergänzt: „Aber ich bin mir sicher, dass wir die für den Verein beste Lösung finden werden."