Handball-Drittligist HG Saarlouis hat einen starken Saisonstart hingelegt und verbringt die Corona-Zwangspause an der Tabellenspitze. Klar ist: Die Saison wird nicht abgebrochen. Unklar ist aber, wann und wie es weitergehen soll.
Ende Januar 2021 wurde offiziell verkündet, dass die 3. Handball-Liga nicht abgebrochen wird. Doch wie sie beendet werden soll, ist noch unklar. Das sorgt auch bei der HG Saarlouis, Tabellenführer der Staffel „Mitte", für Unsicherheit. Ihr letztes Ligaspiel fand am 31. Oktober statt. Die 18:22-Niederlage setzte dem fulminanten Saisonstart mit vier Siegen in Folge ein jähes Ende. „Wir warten auf ein Signal des DHB, wie es weitergehen soll", sagt Trainer Philipp Kessler. Mannschaftstraining findet derzeit nicht statt, Team und Trainer befinden sich in Kurzarbeit, „aber die Jungs haben natürlich die Anweisung, sich mit individuellem Lauf- und Krafttraining fitzuhalten", betont Kessler und erklärt: „Nicht zu wissen wie es weitergeht, ist für Trainer und Spieler eine sehr unbefriedigende Situation. Wir orientieren uns bei unserer Arbeit an klaren Zielstellungen, und die fehlen im Moment. Es wäre wichtig, eine Perspektive zu haben."
Unterschiedliche Szenarien, wie die Spielzeit der 3. Liga beendet werden könnte, standen und stehen im Raum. Unter anderem gibt es die Option, die Hinrunde zu Ende zu spielen. Dies wurde vor dem Hintergrund des Wiedereinstiegs in den Spielbetrieb am 1. Februar diskutiert, der ja aufgrund der Lockdown-Verlängerungen nicht zustande kam. Aktuell soll es am 1. März wieder losgehen. „Wie ich das im Moment einschätze, wird der Spielbetrieb auch nicht Anfang März wiederaufgenommen, sondern eher im April", meint Kessler: „Auch das würde zeitlich noch reichen, die verbleibenden zwölf Spiele der Hinrunde bis Ende Juni stattfinden zu lassen." Vorausgesetzt, der Spielplan würde durch weitere Corona- oder witterungsbedingte Verlegungen nicht allzu sehr belastet. Ein weiteres Szenario könnte eine staffelübergreifende Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga darstellen, an der jene interessierte Vereine teilnehmen dürfen, die die dafür nötigen Auflagen erfüllen – beispielsweise die fristgerechte Einreichung des Lizenzantrags für die
2. Bundesliga und die Vorhaltung ausreichender Hallenkapazitäten. „Fest steht nur, dass es keine Absteiger geben wird. Aber es geht darum, die beiden Aufsteiger auszuspielen", erklärt Kessler.
Viele Unwägbarkeiten begleiten die Personalplanungen
Wesentliche Voraussetzung für eine Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur 2. Bundesliga ist nach Vereinsangaben nicht nur die sportliche Leistung der Mannschaft, sondern auch eine gesunde wirtschaftliche Basis. Hier führt die HG derzeit Gespräche mit den Sponsoren, um die finanziellen Möglichkeiten für die kommende Spielzeit 2021/2022 auszuloten. Auch mit den Spielern befinde man sich im Austausch, „um deren persönliche und sportliche Erwartungen und Möglichkeiten zu berücksichtigen", heißt es von Vereinsseite. Sollten die Spiele ohne Publikum ausgetragen werden müssen, können Fans sie über das Portal Sportdeutschland.tv live im Internet verfolgen. Dauerkarten-Besitzer sogar kostenfrei. „Eine Teilnahme wäre zum einen durch die Reisen und zum anderen auch durch die erforderlichen Corona-Tests mit erheblichen Mehrkosten verbunden, was in einer Zeit, in der alle Einnahmen von Zuschauern wegbrechen, nicht einfach ist. Wenn die wirtschaftlichen Fragen geklärt sind, können wir uns Gedanken um das Sportliche machen", weiß der Trainer und ergänzt: „Egal, in welchem Modus es letztlich weitergeht – wir wollen natürlich jedes Spiel gewinnen. Es sind aber Mannschaften wie Eintracht Hagen in der Staffel Nord-West und Eintracht Hildesheim in Nord-Ost dabei, die sehr professionell aufgestellt sind und das klare Ziel verfolgen, ganz oben anzugreifen."
Andernorts kann man sich auch schon jetzt dem sportlichen Teil widmen. Da nicht alle Drittliga-Teams unter Profi-Bedingungen agieren, bieten ihnen die unterschiedlichen Verordnungen in den Bundesländern unterschiedliche Trainingsmöglichkeiten. „Das bringt natürlich eine Wettbewerbsverzerrung mit sich. Es gibt in den dritten Ligen Mannschaften, die derzeit zweimal pro Woche unter professionellen Bedingungen trainieren", sagt Philipp Kessler, „teilweise konnten die Anfang des Jahres Testspiele gegen Zweitligisten bestreiten und sind uns in Sachen Trainingsfortschritt natürlich voraus." Ohnehin war die erneute Corona-Zwangspause gerade für die HG ein Schlag ins Kontor. Die Saarländer haben vier ihrer ersten fünf Spiele gewonnen und stehen an der Tabellenspitze der 3. Liga Mitte. „Wir haben uns in den ersten Spielen etwas erarbeitet, das wir gerne mitnehmen wollen, und setzen uns dafür ein, dass die Hinrunde zu Ende gespielt wird. Meiner Meinung nach wäre das auch die fairste Lösung", findet Kessler. Möglicherweise könnte diese Lösung daran scheitern, dass die Jugendnationalspieler im Sommer zu internationalen Turnieren berufen werden und ihren Vereinen nicht vollumfänglich zur Verfügung stehen würden.
Sportlehrer Kessler sorgt sich auch um den Nachwuchs
Wer der HG in der kommenden Saison zur Verfügung steht, scheint weitestgehend klar zu sein. „Ich bin guter Dinge, dass wir den Großteil des Kaders dieser Saison zusammenhalten können und dass an der einen oder anderen Stelle eine Ergänzung hinzukommt", sagt Philipp Kessler. Neben den Leistungsträgern Philipp Leist (30 Jahre, bis 2024), Kreisläufer Wladislaw Kurotschkin (25, bis 2023), den Torhütern Patrick Schulz (32, bis 2022), Urgestein Darius Jonczyk (36, bis 2022) und Julien Bro (20, bis 2023) hat auch Toptalent Marko Grgic (17, bis 2023) seinen Vertrag mit der HG vorzeitig verlängert. Auch Kapitän Peter Walz hat seinen Vertrag verlängert. Um Spielpraxis zu erhalten, wird er allerdings bis zum Sommer für den Zweitligisten THSV Eisenach auflaufen.
Trainer Kessler macht sich derweil nicht nur um die Zukunft seiner Erstmannschafts-Schützlinge so seine Gedanken. Der Sportlehrer weiß auch, wie wichtig der Vereinssport für die vielen Kinder und Jugendlichen ist. „Das gilt nicht nur für den Handball, sondern für alle Sportarten. Die Situation, dem eigenen Hobby nicht nachgehen zu können, ist für junge Menschen sehr schwierig", weiß Kessler und hofft, „dass sich die Zahlen schnellstmöglich so entwickeln, dass den Kids wenigstens ein kontaktloser Trainingsbetrieb ermöglicht werden kann, bei dem sie sich mal wieder auspowern können."