Auf eine starke Hin- folgt eine schwierige Rückrunde. Die Füchse haben mit Verletzungen und Spielerwechseln zu kämpfen. Eines ist hingegen klar: Der Trainer bleibt.
Velimir Petkovic fragte, doch niemand antwortete. „Soll ich sagen, alles wird schlecht?" Stille. Es lag sicherlich daran, dass die Frage auf der Pressekonferenz zum Start in die Rückrunde rein rhetorisch gestellt wurde. Natürlich sollte Petkovic das nicht sagen, sein Chef Bob Hanning saß ja direkt neben ihm – inmitten der Trainingshalle der Füchse, auf einem improvisierten Podium.
Also sagte der Trainer aus Bosnien-Herzegowina: „Es wird nicht einfach." Das hatte Bob Hanning kurz zuvor auch schon gesagt – Einigkeit nennt man das. Die Übereinstimmungen sind so groß, dass Hanning als Geschäftsführer klammheimlich den Vertrag des erfahrenen Trainer-Haudegens bereits im Dezember um zwei Jahre verlängert hatte. Jetzt war es für beide an der Zeit zu erklären, wie es weitergeht.
Hanning und Petkovic fingen mit dem erfreulichen Teil an: der Ausgangslage. Die sei schlichtweg sehr gut – überwintert im EHF-Pokal und Platz zwei in der Bundesliga. Das große „Aber" ließ nicht lange auf sich warten, denn die Liste der Probleme und Problemchen, mit denen die Füchse sich in den nächsten Wochen und Monaten herumschlagen werden, ist lang.
Sie beginnt mit dem Verlust ihres Top-Torjägers Petar Nenadic. Der treffsichere Serbe nahm ein Angebot von Champions-League-Teilnehmer Veszprem an und wechselte im Winter den Arbeitgeber. Ohne Nenadic würde das Spiel der Berliner komplett auf den Kopf gestellt, betonte Trainer Petkovic eindringlich. „Das braucht Zeit", lautete der Kommentar des Trainers, was ein „Es wird nicht einfach" in anderen Worten ist. Es würde spannend, wie die Mannschaft die Herausforderung annehme, schob Petkovic noch hinterher.
Bei so vielen verbalen Vorsichtsmaßnahmen blieb der Subtext den anwesenden Journalisten nicht verborgen: Leute, wir sagen es schon mal vorab – es könnte schiefgehen in der Rückrunde.
Denn neben dem fahnenflüchtigen Nenadic fehlt auch Paul Drux, der Teamleader aus dem Rückraum. Drux ist verletzt, mindestens drei Monate lang, die Saison fast beendet, wenn er wieder eingreifen kann. Sein Ausfall schmerzt besonders. Er treibt seine Kollegen in schwierigen Phasen des Spiels an und reißt sie mit. Das müssen jetzt andere tun.
Ohne Nenadic ist das Spiel auf den Kopf gestellt
Petkovic deutet an, was er sich vorstellt: Vorhandene Qualitäten, die bislang von den Füchsen nicht ausgespielt wurden, verstärkt auf die Platte zu bringen. „Wenn Nenadic spielte, blieben die anderen Spieler manchmal hungrig", umschreibt der 61-jährige Coach die von Alleingängen geprägte Spielweise des ehemaligen Torjägers. Jetzt sollen die Bälle wieder flüssiger durch die eigenen Reihen laufen, eine breitere Spielanlage dem Gegner die Konzentration auf einzelne Leistungsträger erschweren.
Außerdem: Das „schnelle Spiel", also Tempogegenstöße und die „schnelle Mitte", ein blitzschnell ausgeführter Anstoß nach einem Gegentreffer, werden verstärkt trainiert. Potenzial, das bei den Füchsen lang genug brachlag. Zusätzlich sollen noch die vorhandenen „Shooter", wie Petkovic sie nannte, besser in Szene gesetzt werden, mehr Verantwortung übernehmen. Gemeint sind damit Rückraumschützen wie Nationalspieler Steffen Fäth oder der Kroate Marko Kopljar.
Trotz aller Umstellungsprobleme und Neujustierungen wartet der Spielbetrieb natürlich nicht auf die Füchse und läuft wieder an.
Bereits letzte Woche Donnerstag stand das zweite Spiel in der Gruppenphase des EHF-Pokals an. Das erste Spiel ging sang- und klanglos zu Hause gegen Saint-Raphael Var aus Frankreich verloren. Zu Hause war in diesem Fall allerdings Potsdam. Wegen der Hallenhockey-WM in der Max-Schmeling-Halle mussten die Füchse einmalig umziehen.
Die Mannschaft machte sich danach über Kopenhagen auf den Weg ins schwedische Lund, das Spiel fand in der dortigen Sparbanken Skane Arena statt. „Normalerweise sind die Spiele dort nicht ausverkauft", wusste Füchse-Spieler Mattias Zachrisson vor der Partie, „das ist vielleicht für uns ein Vorteil, weil die Halle nicht so viel Druck auf die Schiedsrichter und uns machen kann." Der Schwede durfte auf seinen Empfang gespannt sein, ist er doch zum ersten Mal seit dem Gewinn der Silbermedaille bei der EURO 2018 in seinem Heimatland.
Sportlicher Druck lastete auf beiden Mannschaften. Wie die Füchse so verlor auch Lugi HF, so heißt der Verein aus Lund offiziell, das erste Spiel der Gruppenphase. Die Schweden hatten vorvergangenen Samstag beim 32:34 bei Helvetia Anataisuna das Nachsehen. „Die Mannschaft spielt einen schnellen, temporeichen Handball der skandinavischen Schule", erklärte Zachrisson, „eigentlich sind alle Spieler aus Schweden."
Die Füchse konnten sich unterdessen nicht optimal auf das Spiel vorbereiten, müssen sie doch weiterhin auf Fabian Wiede verzichten. „Ich hatte ihn eigentlich am Montag letzter Woche bereits im Training erwartet, das war zu optimistisch", berichtete Petkovic, „er wird in Schweden nicht dabei sein und uns nicht helfen können." Dennoch lief es sehr gut in Lund.
Die ersten beiden Punkte im Europapokal
Nach einem miserablen Start konnten sich die Füchse Berlin gegen Lugi HF im zweiten Durchgang zurückkämpfen und am Ende mit 32:27 (Halbzeit 12:16) gewinnen. Lange sah es nicht danach aus, in der ersten Halbzeit lagen die Füchse Berlin bereits mit sieben Toren zurück. Am Ende wurden dann aber doch die ersten beiden Punkte im Europapokal eingefahren. Treffsicherster Spieler war der Däne Hans Lindberg mit elf Toren.
Nach der Niederlage gegen Saint-Raphaël stimmt der deutliche Sieg in Schweden wieder optimistisch für den weiteren Saisonverlauf. Bereits der Sieg in Ludwigshafen am Wochenende zuvor sorgte für gute Laune in der nationalen Liga. Dass der Umbau des kompletten Rückraums und der Spielsysteme Zeit brauche, war bereits kommuniziert. Durch den vorübergehenden Ausfall von Fabian Wiede wurde alles allerdings noch komplizierter.
„Was am besten hilft sind Siege", hält Petkovic nach dem Spiel in Lund mit einer Binsenweisheit dagegen. Recht hat er – doch eine Ahnung bleibt: Es wird nicht einfach.