Hinter der HG Saarlouis und Trainer Philipp Kessler liegen turbulente Zeiten. Nach vielen Tälern, die der junge Trainer mit seiner Mannschaft durchschreiten musste, sind jetzt bessere Zeiten angebrochen. Das hat ganz bestimmte Gründe.
Wenn Philipp Kessler über seine Mannschaft und seinen Verein spricht, dann springt das Herzblut direkt auf einen über. Er redet mit einer Begeisterung von seinen Jungs, die ansteckend ist. Selbsterklärend ist dann, dass der holprige Saisonstart durchaus Spuren hinterlassen hat: „Ich habe, um ehrlich zu sein, damit gerechnet, dass es schwierig wird", sagte der Lehrer, „eine neu zusammengestellte Mannschaft muss sich zuerst finden – sowohl sportlich als auch menschlich." Zu der Problematik der neu zusammengewürfelten Mannschaft gesellten sich Verletzungsprobleme. „Wir konnten nie komplett trainieren, als Leistungsträger geplante Spieler fielen früh aus – das hat es natürlich nicht einfacher gemacht."
Das war aber nicht der erste Rückschlag, mit dem der junge Trainer in seiner Zeit bei der HGS umgehen musste. Als er das Amt übernahm, befand sich die Mannschaft im Abstiegskampf der Zweiten Liga – und musste am Ende der Saison nach acht Jahren den Gang in die Drittklassigkeit hinnehmen. Dabei war er selbst auch noch als Spieler auf dem Platz. Und als Trainer an der Seitenlinie. „Der Perspektivwechsel war wahrscheinlich die größte Schwierigkeit, die Spieler kennen meine positiven Eigenschaften, aber auch meine Schwächen. Du hast als Trainer dann nur die Möglichkeit, durch eine vernünftige Arbeit den Respekt der Spieler auch als Trainer zu erhalten." Das scheint auch zu funktionieren. Dass die Mannschaft sich nach den anfänglichen Rückschlägen so gut erholt hat, ist auch sein Verdienst. „Auch für mich war es ein Findungsprozess, Prinzipien herauszuarbeiten und zu erkennen, was mir als Trainer wichtig ist und wie ich einzelne Spieler anpacken muss", erklärt er.
„Das hat mich schon gewurmt"
Die ersten Schritte waren dabei nicht einfach in der Dritten Liga. Nach einem emotionalen ersten Saisonsieg schlich sich in der Mannschaft eine gewisse Unsicherheit ein. Die Mannschaft kam aus dem Tritt und das in einem Umfeld, das am liebsten sofort wieder in der Zweiten Liga spielen würde. „Das hat mich sehr gewurmt", gesteht er, „vor allem die hohen Niederlagen auswärts taten enorm weh – und so kamen wir in einen Abwärtsstrudel." Doch wie kommt eine junge neue Mannschaft da wieder heraus? „Wir haben am Ende der Hinrunde eine ausführliche statistische Auswertung durchgeführt und jedem einzelnen Spieler klar gezeigt, wo und wie er sich verbessern kann. Das hat ihnen ein wenig die Augen geöffnet." Das Hauptproblem war laut Trainer vor allem, „die fehlende Konstanz in Phasen, in denen es nicht so lief. Jeder Spieler wollte mit einer besonderen Aktion der Mannschaft helfen". Aber bei fehlendem Selbstbewusstsein missglückten diese des Öfteren. „Dabei war es dann meine Aufgabe, den Jungs Dinge an die Hand zu geben, damit sie ihre Leistung voll abrufen können", so Kessler. Den größten Lerneffekt bei sich selbst in dieser Zeit, sieht er in der Kommunikation und beim Umgang mit dem Druck: „Du musst an der Seitenlinie Sicherheit ausstrahlen, da lernst du, anders mit schwierigen Situationen umzugehen."
Er scheint die richtigen Schlüsse gezogen zu haben. Die Mannschaft hat sich stabilisiert und zuletzt siebenmal gewonnen, davon fünfmal auswärts –
etwas, das in der ersten Saisonhälfte eher selten gelungen ist. „Wir haben uns die Spieler zur Seite genommen und unsere Vorstellung immer wieder ausgetauscht – denn auch im Umgang mit den Spielern lernt man immer dazu." Da im Handball der Trainer von außen sehr viel Einfluss nehmen kann, „braucht man in diesen Phasen in denen man gewisse Spielzüge ansagt, auch einfach eine gewisse Erfahrung", erklärt er. Nach der nun sehr erfolgreichen Phase wurde das Ziel von „gesichertem Mittelfeldplatz" auf „vorderes Drittel" korrigiert, große Sprünge hält der Übungsleiter aber dennoch nicht für möglich. „Natürlich wollen wir auf dieser Welle weitersurfen, so lange es geht, dennoch bin ich der Meinung, dass die Entwicklung der Mannschaft und die Konsolidierung des Vereins in der Dritten Liga Priorität hat", sagt er. Bei einem Blick auf die Tabelle der Dritten Liga wird auch klar, warum der Übungsleiter von einer „ausgeglichenen Liga" spricht. Auch deswegen sind die Zielformulierungen etwas zurückhaltender.
Kader steht weitestgehend
Im kommenden Jahr sind bisher auch noch keine großen Sprünge möglich, dazu fehlen „die finanziellen Möglichkeiten". Doch Kessler ist Sportsmann durch und durch: „Natürlich ist es auch mein Ziel, oben anzuklopfen, wir haben die Liga kennengelernt, mir als Trainer ist es aber wichtig, Kontinuität in die Truppe zu bekommen." Dieses Ziel scheint er zu erreichen. Mit Kapitän Peter Walz bleibt der wohl beste Kreisläufer der Liga erhalten. Philipp Leist, Ivo Kucharik und Josip Grbavac bleiben ebenfalls. Noch ungeklärt ist dagegen die Zukunft von Toms Lielais und Pascal Noll. „Ich würde natürlich gern nachlegen und die Mannschaft weiter verstärken, aber das liegt nicht in der Hand des Trainers", sagt Kessler realistisch. „Als Trainer will ich die Mannschaft weiterentwickeln, mit Kontinuität innerhalb des Teams – dann verbessert sich auch automatisch die Platzierung."
Die HGS liefert aber auch in der Dritten Liga einige Spiele mit Eventcharakter ab: „Da sind teilweise 1500 Leute in der Halle, das hätten einige Zweitligisten gern", so Kessler. „Da gibt es während dem Spiel ordentlich auf die Socken, und danach wird sich die Hand gegeben", erklärt der Trainer.
Genau das hat die Massen an der Handball-WM begeistert. Erleben kann der Handballfan das auch in Saarlouis. Mit Philipp Kessler an der Seitenlinie, der, wenn er von seiner Mannschaft und seinem Verein spricht, mit Herzblut bei der Sache ist.