50 Prozent Frauen in allen künstlerischen Theaterressorts – das fordert die Initiative „Pro Quote Bühne". Zudem geht es um bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Eine der Unterstützerinnen ist HOT-Intendantin Bettina Jahnke.
Frau Jahnke, warum engagieren Sie sich für „Pro Quote Bühne"?
Ich sehe es als meine Aufgabe, diese wichtigen Themen in die Öffentlichkeit zu bringen und darauf zu drängen, dass die Forderungen durchgesetzt werden. Was ich erreicht habe, sollte eigentlich der Normalzustand sein, ist es aber leider noch nicht. Frauen, die wie ich eine gewisse Machtposition haben, müssen diese Initiative unterstützen. Macht haben bedeutet ja, etwas zu gestalten, Einfluss zu nehmen und Dinge in Bewegung zu setzen.
Bei Ihnen im Theater ist außer im Technikbereich fast alles fest in Frauenhand. Ihr Verdienst?
Schon vor meiner Zeit gab es in den Gewerken wie Requisite, Kostüm, Maske und in der Dramaturgie mehr Frauen. Aber das ist überall so. Als ich Intendantin wurde, sorgte das in den Medien für großes Aufsehen, denn hier stand seit 60 Jahren keine Frau mehr an der Spitze des Theaters.
Und wie ist das im Ensemble?
Aufgrund der Rollenverteilung in den Stücken werden mehr Männer gebraucht, aber damit kann ich leben. Interessant wird es in der Regie, da waren und sind ja doch meistens Männer in der Überzahl. Das habe ich geändert, das ist bei uns jetzt 50 zu 50 fünfzig. Wer Regie führt, das bestimmen mein Team und ich.
Nach welchen Kriterien?
Es gibt Stücke, da denke ich mir: Das könnte eine Frau erzählen. Letztlich ist aber der künstlerische Zugriff auf das Thema entscheidend. Bei „Fräulein Smillas Gespür für Schnee" dachten wir uns, das Stück hat so eine starke Hauptfigur, da wäre es schön, wenn wir eine Regisseurin finden, die mit deren Erfahrungswelt übereinstimmt. Bei „Kabale und Liebe" müssen sich beide Figuren gegen Machtverhältnisse durchsetzen, da war es für uns eher wichtig, wer von seiner Handschrift her für uns interessant ist.
Sie haben an Theatern im In- und Ausland gearbeitet. Wie sieht es da mit der Gleichstellung zwischen Frauen und Männern aus?
Es ist in der Regel so, dass Frauen benachteiligt werden. Sie finden sich meist in der zweiten Reihe wieder, als Dramaturgin oder Regieassistentin. Bei der Regie steht man in der ersten Reihe, hat was zu sagen, kann Entscheidungen treffen. Da ist überall der Frauenanteil geringer.
Eine Quote würde das ändern?
Quote bedeutet doch, ich entscheide mich für jemanden bei gleicher Qualifikation. Wenn bei einer Bewerbung der Mann und die Frau gut qualifiziert sind, dann entscheide ich mich eher für die Frau. Wenn sie völlig unbegabt ist, kommt sie auch durch die Quote nicht rein.
Wie steht es bei Ihnen am Theater mit der Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
Es ist und bleibt schwierig in diesen Berufen. Wir haben Arbeitszeiten bis in den Abend, wenn die Vorstellungen laufen. Deshalb versuchen wir, die Probenzeiten erst ab 19 Uhr anzusetzen, oder am Vormittag länger zu arbeiten, dann ohne Abendproben. Das betrifft fast alle, denn neben den Schauspielern auf der Bühne müssen ja auch die verschiedenen Gewerke da sein.
„Pro Quote Bühne" fordert auch Männergagen für alle …
Die Festangestellten werden nach Tarif bezahlt, beim Ensemble ist das frei verhandelbar, das legt die Geschäftsleitung fest. In der Kunst ist es immer etwas schwieriger. Es hängt davon ab, wie lange jemand im Beruf ist, an welchen Theatern er oder sie gearbeitet hat, wie präsent sie in Film, Funk oder Fernsehen sind.
Soweit es möglich ist, gibt es bei uns gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit. Auf die Mindestgage, die liegt bei 2000 Euro, legen wir noch 100 Euro drauf, weil Potsdam ein teures Pflaster ist.
Sie sind in der Intendantengruppe innerhalb des Deutschen Bühnenvereins. Das ist der Interessen- und Arbeitgeberverband der Theater und Orchester und thematisiert alle künstlerischen, organisatorischen und kulturpolitischen Fragen. Wie können Sie darauf Einfluss nehmen, dass sich die Verhältnisse zugunsten der Frauen ändern?
Das ist ein Prozess, der gerade begonnen hat. Wir haben uns umbenannt und heißen jetzt „Intendant*innengruppe", schon mal ein Fortschritt. Zudem ist der Vorstand jetzt paritätisch besetzt. Je mehr Frauen in den Vorständen und Entscheidungsgremien sitzen, je mehr kommen die Themen zur Sprache, da bin ich sehr zuversichtlich.
Aber es muss sich auch bei den Frauen etwas verändern: Sie sollten mutiger sein, sich etwas zutrauen und Verantwortung übernehmen.