Dreimal hintereinander sind die American Footballer der Berlin Rebels hauchdünn im Viertelfinale um die Deutsche Meisterschaft gescheitert. In dieser Saison wollen die Hauptstädter endlich in den German Bowl.
Die neue Spielzeit in der German Football League (GFL) hat zwar noch gar nicht begonnen, doch ein Saisonziel können sich die Berlin Rebels jetzt schon abschminken. Ein Finale in der eigenen Stadt, wie es in den vergangenen Jahren stets das Ziel von Berlins bestem Footballteam gewesen war, wird es 2019 nicht geben.
Das liegt aber nicht daran, dass die Rebels nicht erneut das Potenzial hätten, das Endspiel zu erreichen: Die Charlottenburger zählen auch in der neuen Saison wieder zum erweiterten Favoritenkreis, die am 11. Mai gleich spektakulär mit einem Berlin-Brandenburg-Derby gegen die Potsdam Royals beginnt. Es ist vielmehr so, dass der German Bowl in diesem Jahr gar nicht in Berlin stattfindet. Zwischen 2012 und 2018 war die Hauptstadt stets Austragungsort des Gipfeltreffens um die Deutsche Meisterschaft gewesen, doch für die kommende Auflage hat der American Football Verband Deutschland (AFDV) stattdessen die Arena in Frankfurt am Main als Gastgeber auserkoren. „Die Stadt Frankfurt am Main ist ein großer Unterstützer unseres Sports, und die Betreibergesellschaft der Commerzbank-Arena war stets ein guter Partner", sagt AFDV-Präsident Robert Huber. Auch GFL-Sprecher Carsten Dalkowski meint: „Die Commerzbank-Arena ist sicherlich eins der schönsten Stadien in Deutschland und wird einen herausragenden German Bowl in 2019 ermöglichen."
Das Finale wird am 12. Oktober ausgetragen. Den Heimvorteil hätten die Rebels dieses Mal also nicht, doch darauf könnten die Berliner wohl gut verzichten, wenn es dafür endlich einmal klappen würde mit dem Einzug in den German Bowl. In den vergangenen drei Jahren scheiterte man jeweils knapp im Viertelfinale. Erst war zweimal der spätere Titelträger Schwäbisch Hall Unicorns einen Tick besser. Im Vorjahr war dann gegen Frankfurt Universe Endstation, das aus einer regelrechten Wasserschlacht mit sintflutartigen Regenfällen hauchdünn mit 6:5 als Sieger hervorging. Es war ein bitteres Saisonende, doch umso größer ist nun die Motivation, es dieses Mal besser zu machen. „Ich bin sicher, in diesem Jahr schaffen wir es in den German Bowl. Das ist das einzige Ziel, nichts anderes", sagt Linebacker Maciej Jaroszewski aus Polen. Sein Landsmann Mateusz Dubicki, der in der Offensive als Passempfänger eingesetzt wird, geht sogar noch einen Schritt weiter: „Es gibt nur eine Option: die Meisterschaft!"
German Bowl 2019 in Frankfurt
Es wäre der erste Titel für die Rebels. Nach dem schleichenden Abstieg des sechsfachen German-Bowl-Siegers Berlin Adler – das ehemals beste Team Europas tritt in der kommenden Saison nur noch in der drittklassigen Regionalliga an – haben sich die Rebels mittlerweile als Berlins Footballclub Nummer eins etabliert. Es ist nun an der Zeit, auch in Sachen Trophäensammlung zum Lokalrivalen aufzuschließen.
In anderer Hinsicht haben die Rebels die Adler bereits übertrumpft, denn einer ihrer Spieler schaffte es vor Kurzem tatsächlich direkt aus der Bundesliga in die nordamerikanische Profiliga NFL. Im Februar gaben die Tampa Bay Buccaneers bekannt, dass sie Berlins dänischen Kicker Phillip Friis Andersen unter Vertrag genommen haben – eine Ausnahme im American Football, wo die meisten NFL-Spieler zuvor ein College besucht haben. Doch Andersen hatte in den vergangenen Jahren immer wieder mit seinen präzisen Schüssen begeistert und damit letztlich auch die Verantwortlichen in Tampa Bay überzeugt. Selbst aus großer Distanz fand der Football fast immer sein Ziel. Noch ist unklar, ob Andersen tatsächlich den Sprung in das finale Aufgebot der Buccaneers schafft, doch er wird den Rebels in dieser Saison in jedem Fall fehlen. Ein herber Verlust sicherlich, doch die Berliner verfügen auch so noch über genügend Qualität im Kader.
Auf der zentralen Position des Quarterbacks vertrauen die Rebellen das dritte Jahr in Folge auf Terrell Robinson. Der Amerikaner wollte im Herbst eigentlich schon seine Karriere beenden, doch er entschied sich nach dem bitteren Saisonaus gegen Frankfurt noch einmal um – auch er hat offenbar das Gefühl, dass seine Aufgabe in Berlin noch nicht erfüllt ist. Robinson hat gewissermaßen den Aufstieg der Rebels zu einem der Topteams der Liga mitzuverantworten; seit er 2016 in die Hauptstadt wechselte, ging es stetig bergauf. Kaum ein Quarterback passt besser in das Berliner System und ist so variabel und brandgefährlich für den Gegner wie er. Selbst wenn er einmal keine Anspielstation findet, macht er es einfach selbst und trägt den Ball höchstselbst in Richtung Endzone.
„Sie sind längst zu meiner zweiten Familie geworden"
Noch länger als Robinson, nämlich schon neun Jahre, spielt Linebacker Rory Johnson in Berlin, der seitdem die Abwehr der Rebels zusammenhält. „Rory ist das Herzstück unserer Defense. Eine Konstante, die für uns unverzichtbar ist", sagt Sportdirektor Dogan Özdincer. Am College lief Johnson früher an der Seite des späteren NFL-Profis Michael Oher auf, dessen Leben später als Vorlage für den Kinohit „The Blind Side" mit Sandra Bullock in der Hauptrolle diente. Doch während Oher danach eine Profikarriere einschlug, verpasste Johnson bei den Green Bay Packers und bei den New York Giants den Sprung in den Kader. Stattdessen verschlug es ihn nach Berlin. „Die Rebels haben mir die Chance gegeben, Football zu spielen, als ich schon nicht mehr damit gerechnet hatte. Und sie sind längst zu meiner zweiten Familie geworden", sagt er.
In dieser Familie kann Johnson in dieser Saison auch einige neue Mitglieder begrüßen. Aus Mailand ist der Amerikaner Paul Morant gekommen, aus Serbien der Bosnier Jasmin Novalic – beide sollen in der Verteidigung zum Einsatz kommen. In der Offensive sind die beiden Wide Receiver Faalevao Esekielu (USA), der aus Moskau an die Spree wechselt, sowie Naji El-Ali neu dabei, ein gebürtiger Berliner, der zuletzt allerdings für Frankfurt Universe spielte. Runningback Andreas Betza (Frankreich) kommt ebenfalls vom letztjährigen Viertelfinalgegner, mit dem die Rebels bekanntlich noch eine Rechnung offen haben. Das erstmalige Erreichen des German Bowls ausgerechnet in Frankfurt wäre da sicher mehr als eine Wiedergutmachung.