Eine Event- und Medienagentur, ein Modedesigner und die Inhaberin eines Frauen-Fashion-Stores. Sie alle standen mit Ausbreitung des Coronavirus vor derselben Frage: Was tun wir jetzt? Alle haben sie in kürzester Zeit mit „Atemschutzmasken" beantwortet.
Eigentlich war mein Geschäft gar nicht auf solch ein Projekt ausgelegt", erzählt Pia Bauer, Inhaberin des Fashion-Stores Zeitgemaess in Saarbrücken. Normalerweise kommen ihre Kundinnen vor Ort zum Shoppen vorbei. Doch dann hieß es von Regierungsseite: Alle Geschäfte müssen schließen. Der Anlass für sie, einen grundsätzlich anderen Weg einzuschlagen. „Zunächst habe ich mich komplett umorganisiert, Kleidung per Post an Stammkundinnen verschickt und Gutscheine verkauft. Doch dann suchte eine Kundin eine Atemmaske aus Baumwolle. Wo sollte ich die herkriegen? Aber dann dachte ich mir: Du bist Unternehmerin, also unternimm auch etwas."
Dafür holte sie sich als Unterstützung Lucy Langerwisch mit ins Boot, die normalerweise unter dem Label Eden und Jo Kinderkleidung näht. Innerhalb von drei Wochen überlegten sich die beiden Frauen ein Konzept. Seitdem entstehen in Langerwischs Atelier statt Babyhosen Baumwollmasken mit kreativen Designs. Sie sollen aber nicht nur schön, sondern auch praktisch sein. „Viele Leute tragen die Masken den ganzen Tag, deshalb war uns ein besonders zarter Stoff ohne Synthetik wichtig."
Aufgrund der Situation liefert Pia Bauer die Masken kostenfrei aus und versucht, so wenig Kontaktpunkte wie möglich mit ihren Kunden zu haben. Deshalb verzichtet sie auch auf die direkte Zahlung vor Ort — im Päckchen legt sie die Rechnung zur Überweisung bei. „Ich habe mich sehr gefreut, wie prompt alle bezahlt haben und bin sehr dankbar, dass ich solche Kunden und diese Möglichkeit habe. Und so macht das Ganze, trotz aller Sorgen, auch wieder Spaß." Jüngster Stand ist, dass man die Masken auch wieder direkt im Laden erwerben kann. Die Nachfrage ist aufgrund der Maskenpflicht natürlich stark gestiegen.
Aus der Krise hat auch Inszene Media eine Chance gemacht. Die Event- und Medienagentur ist eigentlich Ansprechpartner für Veranstaltungen und Werbemittel. „Ideen entwickeln, Design, Marketing und auch ein ordentliches Stück Logistik gehören zu unserem Tagesgeschäft. Produktion und Produktionsabläufe nur indirekt. Aber unsere Mitarbeiter haben den Ernst der Lage erkannt und sich schnell und flexibel an diese Herausforderung angepasst. Eine Transformation in Rekordzeit kann man sagen", erzählt PR-Sprecher Markus Brixius. Das war auch notwendig, denn die Agentur fürchtete, wegen ausbleibender Aufträge ihre Agentur eventuell schließen zu müssen.
Umorganisation ist alles
Der kreative Hintergrund half ihr aber, sich schnell zu adaptieren und gleichzeitig abzuheben. Das Besondere bei ihren Masken: Es handelt sich hier nicht um Atemmasken aus Stoff, sondern um Kunststoff-Visiere, die das Gesicht großflächig bedecken.
„Uns erschien das Gesichtsvisier als eine sehr gute Variante, da durch das Visier die Gefahr einer Tröpfcheninfektion oder einer Infektion durch das unwillkürliche Fassen ins Gesicht reduziert werden kann – die beiden Hauptübertragungswege des Coronavirus. Vielleicht lag es aber auch daran, dass in unserem Betrieb absolut niemand nähen kann."
Da der Verkauf der Visiere so eine große Resonanz erfuhr, ist das Thema Agenturschließung erst mal vom Tisch. „Das hat uns geholfen, die Umsatzeinbrüche zu reduzieren und Arbeitsplätze vorläufig zu erhalten. Jüngste Signale aus der Politik geben nicht viel Hoffnung, dass sich die Lage für unser Kerngeschäft bis zum Herbst hin bessert. Andererseits entsteht gerade eine ganze Industrie um das Thema. Ob wir da eine Rolle spielen können oder ob sich daraus vielleicht sogar ein langfristiges Standbein entwickelt, wird sich zeigen. Wir versuchen jedenfalls immer einen Schritt voraus zu sein, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken. Aber ganz ehrlich: Ich würde mich lieber nicht mit Pandemien beschäftigen."
Von heute auf morgen musste sich auch Modedesigner Fabian Schmidt plötzlich mit der Pandemie auseinandersetzen. Als in seinem Bekanntenkreis die ersten in Quarantäne mussten, schloss er sofort vorsorglich seinen Laden. Diverse Aufträge platzten, weil er bei Anproben immer direkt am Menschen arbeiten muss. Der Umzug ins Homeoffice gestaltete sich schwierig. „Ich habe zwar alle Sachen mitgenommen, aber das hat für mich überhaupt nicht gut funktioniert. Mir fehlte vor allem der Weg zur Arbeit."
Auch er stellte sich die Frage, wie er mit der Situation kreativ umgehen könne. Er sprach mit seinem Lebensgefährten, dann mit dem Steuerberater. „Die Idee war, Masken herzustellen, um etwas Sinnvolles tun zu können. Außerdem wollte ich auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen. Das sind jetzt gerade keine Luxusklamotten. Sondern Sicherheit." Am nächsten Tag postete er sein Vorhaben mit den Masken auf seinen Social-Media-Kanälen und erlebte eine Überraschung. „Ich hatte zunächst nur zehn Masken gemacht, aber dann ging es richtig durch die Decke", erzählt er, als könne er es immer noch nicht recht glauben.
Umsatz für Wohltätigkeit genutzt
Er habe dann aber rechtzeitig reagiert und eine Produktionsfirma in Berlin kontaktiert, um der großen Nachfrage nachkommen zu können. Bei den Käufern geht es aber nicht nur um die Maske selbst, sondern auch um Solidarität. „Viele haben viel mehr Geld dafür gegeben, als sie mussten, und davon wollte ich wieder etwas zurückgeben." Mit dem Geld produzierte Fabian Schmidt weitere Masken, die er einem Obdachlosen-Verein und einem Altenheim spendete. „Ich hätte nie gedacht, dass mir mal der schwarze Stoff ausgeht", berichtet er. Normalerweise verwendet der junge Designer ihn für seine avantgardistische Mode. Geplant war, zu expandieren und seine Kollektion auf der nächsten Fashion Week in Paris zu präsentierten. Die liegt nun erst mal auf Eis.
Trotz der Freude darüber, wie sich das Projekt um die Masken entwickelt hat, ist er – ebenso wie Pia Bauer und Markus Brixius – unsicher, wie die Zukunft aussieht. Alle drei würden sich wünschen, dass die Gesichtsmasken und -visiere zu einem Modeaccessoire werden, das bleibt, auch wenn das Virus wieder gegangen ist. Bis sich das absehen lässt, müssen sie sich weiterhin ihre Flexibilität, Motivation und ihren Erfindergeist bewahren.