Immer mehr Menschen leiden an psychischen Erkrankungen – und das nicht erst seit Corona. Dabei scheint die Erkrankung auch die Erkrankten selbst zu polarisieren: Während die einen an ihrem eigenen psychischen Leiden zerbrechen und in ihrer Perspektivlosigkeit sogar noch anderen schaden, suchen sich andere einen pazifistischen, konstruktiven Weg aus dem schwarzen Seelenloch. Dies ist beispielsweise bei einigen Künstlern der Fall. Viele Bildende Künstler leiden an Depressionen oder bipolaren Störungen. Zahlreiche Schriftsteller weisen ebenfalls eine Tendenz zu Seelenleiden auf. Und auch Musiker sind nicht alle kerngesund.
Einer von ihnen ist der Sänger Tom Grennan, der auf seinem neuen Album „Evering Road" genau dieses gesellschaftliche Tabu thematisiert und damit sich selbst und anderen Mut machen möchte: Songs wie „Little bit of love" zeigen dabei, wie einfach es manchmal sein kann, kranken Menschen zu helfen: einfach freundlich sein, den Erkrankten Rückhalt bieten – keine Selbstverständlichkeit unter Menschen. Daher flüchten sich einige psychisch Kranke in die Musik.
Und so verwundert es nicht, dass Tom Grennans Gesang von zahlreichen Schluchzern geprägt ist. Auch die dramatischen Streicher im Song „Make my mind up" eignen sich hervorragend dazu, die eigene Orientierungslosigkeit im Leben zu untermauern.
Es soll Menschen geben, die in Krisenzeiten nach Schutz in ihrem Glauben suchen. Tom Grennan gehört jedoch definitiv nicht zu diesem christlichen Kreis. Er selbst ist bis auf das Bitterste desillusioniert und stellt sich in dem Track „Amen" die Frage, wie man am Existenzminimum lebend überhaupt noch an die Existenz einer menschenfreundlichen Ausübung der eigenen Religion glauben kann und sollte. Dabei schreit er seine Wut in einem theatralischen und zugleich sarkastisch angehauchten „Amen" hinaus – wenn auch immer im Rahmen einer melodischen Eingängigkeit, die den Zuhörer zumindest an einem nicht zweifeln lässt: an seinem Talent.
Für Tom Grennan ist die Musik ein existenzieller Filter, den man ihm nicht nehmen sollte, zumal diese Musik anderen Menschen guttun könnte. Ein gelungenes Album.