Start-ups gelten seit Langem als Wundermittel für die deutsche Wirtschaft, auch im Saarland. Damit sich die Saar-Gründerlandschaft strategischer ausrichten kann, entwickelt sich langsam eine vielfältige Infrastruktur.
Gründen kann mit vielen Fragezeichen verbunden sein: Spricht die eigene Idee die Zielgruppe an? Woher bekomme ich einen Kredit oder eine Vorfinanzierung? Wie erstelle ich einen vorzeigbaren Businessplan? Gibt es schon andere, ähnliche Projekte, mit denen man vielleicht besser kollaborieren würde? Wenn man sich im bundesdeutschen Förderdschungel auskennt, gibt es viele bereitwillige Helfer oder Fördertöpfe. Wenn man allerdings ohne konkreten Überblick versucht, die richtigen Ansprechpartner auf gut Glück zu finden, kann das auch mal schiefgehen. Damit das nicht passiert, schließen sich inzwischen Institutionen und Unterstützer zusammen, um angehenden Gründern den Weg zur Selbstständigkeit zu ebnen. Das kann, wie beim Co:hub66 in Saarbrücken, als auf Dauer angelegtes Projekt funktionieren oder, wie bei der „Start-up Take-off Summer School", als intensive Gründerschule über einen Zeitraum von zwei Wochen.
Im Juli dieses Jahres wurde in Kooperation des K8 Instituts für strategische Ästhetik, der Saarländischen Investitionskreditbank AG (SIKB), der Kreativgenossenschaft „S:coop" und der Saarland Innovation&Standort, kurz Saar.is, das Projekt Co:hub66 gegründet. Finanziell unterstützt wurden sie dabei vom saarländischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Verkehr. Das Ziel versteckt sich dabei schon im Namen: Gemeinsam („Co") wollen die Beteiligten einen zentralen Ort („Hub") für Gründer aus dem Saarland (Postleitzahl 66) schaffen. Zentral geplant ist ein sogenannter „First Stop Shop", an dem angehende Gründer in jeder Phase ihres Werdegangs direkt an die benötigten Ansprechpartner vermittelt werden können, alle an einem Ort gebündelt. „Es gibt sehr oft den Fall, dass Glück ein entscheidender Faktor bei einer Gründung war. Wir wollen jetzt dabei helfen, dass dieser Faktor ein bisschen kleiner wird und weniger ins Gewicht fällt. Damit man nicht nur zufällig den richtigen Ansprechpartner findet, sondern gezielt mit den richtigen Personen und Organisationen zusammengebracht wird", beschreibt Tim Vollmer, Manager des Co:hub66, die zugrunde liegende Vision.
Glück soll ein kleiner Faktor beim Gründen werden
Das nächste Herzstück des Hubs: der „FabLab Makerspace". Hier sollen durch moderne Geräte wie 3D-Drucker oder CNC-Fräsen unter Anleitung von Experten erste präsentierbare Prototypen hergestellt werden können und Kurse an den komplexen Maschinen angeboten werden. Dadurch versprechen sich die Partner nicht nur den Austausch von Know-how, sondern hoffen auch darauf, den Horizont von interessierten Gründern zu erweitern. Vollmer: „Der Co:hub66 soll auch ein Ort für diejenigen sein, die diese Technologien kennenlernen wollen. Seine eigenen Ideen weiterzuentwickeln oder auf ganz neue zu kommen, die in der Folge zu Innovationen führen können, ist schließlich viel einfacher, wenn man weiß, welche Möglichkeiten es heute schon alle gibt."
Das Projekt, das vorerst für zwei Jahre finanziert ist, möchte aber auch mögliche Geldgeber abseits der SIKB ansprechen. Das Ziel ist, auch private Investoren mit den passenden Gründern an einen Tisch zu bekommen, um dadurch ein niedrigschwelliges Angebot für den Zukunftsmarkt aufzubauen und eine Win-win-Situation für beide Seiten zu generieren. „Durch Matchmaking hoffen wir Klein- und Großinvestoren, die sich auch für die regionale Wertschöpfung einsetzen wollen, und Start-ups zusammenzubringen", erklärt Tim Vollmer.
Einen anderen Ansatz verfolgt die „Start-up Take-off Summer School", eine Veranstaltung des Gründungsprojekts der Hochschule für Technik und Wirtschaft Saar (HTW) und Hochschule für Bildende Künste (HBK) namens „Places2x" und der Zeppelin-Universität in Baden-Württemberg. In einem zweiwöchigen Kursprogramm, das halb am Bodensee und halb im Saarland stattfand, boten sie ein dicht gepacktes Angebot von der Entwicklung einer Idee über die erste Umsetzung hin zu einem fertigen Geschäftsmodell. Ursprünglich richtete sich der Kurs an Studierende. „An der Zeppelin-Universität möchten wir mehr Angebote schaffen, die es Studierenden ermöglichen eine eigene Gründung mit dem Studienalltag zu vereinbaren", so Lisa Benzkirch von der Zeppelin-Universität. „Dabei ist uns aufgefallen, dass es zwar viele gibt, die sich für das Thema Gründen interessieren, aber einige noch über keine Vorkenntnisse verfügen. Deshalb wollten wir eine Summer School anbieten, damit Studierende in ihren Semesterferien die Grundkenntnisse erwerben können, um dann im Semester mit ihrer Idee direkt ins Gründen einzusteigen."
Saarländische Start-up-Szene entwickelt sich
Ein weiterer Schwerpunkt der Veranstaltungsreihe: Netzwerken, nicht nur zwischen den Gründern, sondern auch mit den beteiligten Institutionen. Damit verfolgen die Veranstalter, ähnlich wie beim Co:hub66, das Ziel, dass Gründer nicht als Einzelkämpfer im Regen stehen müssen. Felix Kirschstein, Gründungsberater bei „Places2x" im Saarland: „Wir wollen den Teilnehmern vermitteln: Nutzt das Netzwerk hier und sprecht die Kontakte an, wenn ihr Fragen habt. Der Austausch und die Kooperation untereinander sind für uns wesentlich und unglaublich wichtig. Deswegen sind wir auch froh, dieses Projekt gemeinsam mit der Zeppelin-Universität durchzuführen."
Interessierte Gründer mit oft schon sehr konkreten Ideen gibt es reichlich. Gründungsberaterin Silke M. Maringer von der HTW Saar vermutet, dass das Interesse am eigenen Unternehmen durch Corona noch steigen könnte: „Bisher waren wir im Saarland immer eher ein Arbeitnehmerland. Nach der Ausbildung oder dem Studium wollten die Jungen meistens in den öffentlichen Dienst oder in die Industrie. Aber durch Corona hat sich gezeigt, dass es auch in der Industrie nicht immer rosig aussieht. Es gibt einige, die sich jetzt fragen, ob sie ihre eigenen Ideen verwirklichen sollten und ob sie den Mut aufbringen wollen, diesen Sprung zu wagen. Diese sich langsam aufbauende saarländische Start-up-Szene, die von allen vier Hochschulen im Saarland gefördert wird, wird langsam zu einem gesunden Ökosystem für Gründer. Und warum auch nicht? Wir sind im Saarland sehr forschungsstark und aus diesem Innovationsdrang eine eigene Existenz aufbauen zu wollen, ist alles andere als abwegig."
Fest steht, dass sich einiges tut im Bereich der Unternehmensgründung, alle Akteure sind gespannt, wo die Reise ab jetzt hingeht. Die „Start-up Take-off Summer School" soll es im nächsten Jahr wieder geben, weiterentwickelt mit dem Input der jetzigen Teilnehmer, um am Puls der Zeit zu bleiben. Auch im Co:hub66 rechnet man damit, sich in den kommenden Monaten und Jahren stetig weiterentwickeln zu müssen, um sich an das Tempo einer sich schnell verändernden Start-up-Welt anzupassen. „Wenn ich als Projektleiter irgendwann sage, dass unser Hub fertig ist, dann habe ich wahrscheinlich etwas falsch gemacht. Innovation ist nie fertig. Mit den Menschen und den Start-ups, die diesen Ort beleben, wird es gleichzeitig eine stetige Veränderung geben. Wer zu uns kommt, der hat auch ein Mitgestaltungsrecht, je nachdem, was er für seine Idee benötigt. Wir wollen keine Institution sein, die sagt: Das hier ist unser Angebot, sei dankbar und nutze es, sondern, wenn etwas für dich nicht passt, dann sprich uns darauf an", so Tim Vollmer abschließend.