Die einst bestimmenden Faktoren der französischen Republik, die Republikaner und die Sozialisten, erlebten ein regelrechtes Debakel bei den Präsidentschaftswahlen. Damit ist ihre Zukunft unklar – und die hängt auch an der Wahlkampffinanzierung.
Sie waren die bestimmenden Faktoren der Fünften Republik: auf der einen Seite die bürgerlichen, rechtsliberalen Gaullisten, die sich nun „Les Républicains", die Republikaner nennen, auf der anderen die Sozialisten, die „Parti socialiste". Jahrzehntelang, seit der Proklamation der Nachkriegsrepublik unter General Charles de Gaulle, hat sich das französische Zweiparteiensystem im Mehrheitswahlrecht des Landes an der klassischen Links-Rechts-Achse ausgerichtet.
Diese Zeiten sind vorbei. Die Gründe sind ähnlich wie in den USA die Organisationsschwäche der Parteien, ihre mangelnde Verankerung in der breiten Gesellschaft, ihre Finanzen. Anders als in Deutschland besitzen die französischen Parteien keine fixe Struktur. Ihre Mitgliederzahl ist geringer als die deutscher Parteien, getragen werden sie vor allem durch Spenden, persönliche Kredite der Kandidatinnen und Kandidaten und, je nach Abschneiden, durch staatliche Unterstützung. Frankreich zahlt die Hälfte der Wahlkampfkosten für all diejenigen Kandidaten, die mehr als fünf Prozent erhalten haben. Valérie Pécresse, Kandidatin der Republikaner, scheiterte in der ersten Runde knapp mit 4,8 Prozent. Anne Hidalgo, PS, fuhr mit 1,7 Prozent ein historisch niederschmetterndes Ergebnis ein. Die staatliche finanzielle Unterstützung fehlt nun beiden Traditionsparteien, sodass sie sich gezwungen sahen, bereits kurz nach der ersten Runde der für sie verlorenen Präsidentschaftswahl erneut um Spenden zu bitten.
Sorge um Gelder für Parlamentswahl
Ihr Überleben als Partei aber hängt nicht nur am Geld, sondern auch an der Unterstützung durch die Bevölkerung. Auf kommunaler Ebene ist diese noch hoch. Bei den Regionalwahlen 2021 dominierten die Republikaner (28,4 Prozent der Stimmen), gefolgt von dem rechtsextremen Rassemblement National (19,3 Prozent), den Sozialisten (15,8 Prozent) und den Grünen (13,2 Prozent). Macrons Regierungspartei erhielt nur knapp zehn Prozent der Stimmen. Der französische Zentralismus und die Abneigung gegen den als elitär empfundenen Präsidenten zeigt sich in diesen Zahlen wiederum deutlich: In der Provinz ticken die französischen Wählerinnen und Wähler anders als bei der Wahl ihres neuen Staatsoberhauptes.
Nicht zu unterschätzen ist jedoch der mittelfristige finanzielle Schaden für die beiden Parteien. Denn im Augenblick ist fraglich, ob sie die nötigen Mittel aufbringen können, um alle ihre Kandidatinnen und Kandidaten durch die Wahlen zur Nationalversammlung im Juni zu bringen. Französische Medien berichten schon jetzt von Schwierigkeiten, zum Beispiel bei den Republikanern: So hatten diese 5.000 Euro Wahlkampfunterstützung pro Kandidat zugesagt, 577 Abgeordnete stehen zur Wahl, macht ein Gesamtbudget von drei Millionen Euro. Schon schlug der Schatzmeister Alarm, weil mit dem schlechten Abschneiden von Pécresse nun das Geld fehlt. Wie die Partei finanziell derzeit dasteht, ist unklar. Sicher ist, dass einige Wahlkämpfer auf Kredite und ihr Erspartes zurückgreifen werden – oder aus dem Rennen aussteigen. Immerhin hat der Spendenaufruf von Pécresse bereits gewirkt: Laut dem französischen „Figaro" erhielt die Partei bis zehn Tage nach dem Wahldebakel bereits 1,4 Millionen Euro an Spendengeldern. Bis Mitte Mai will sie sieben Millionen Euro sammeln. Das würde die Implosion der Partei erst einmal verhindern.
Der sozialdemokratischen PS geht es nicht anders: Aufgenommene Kredite belasten die Parteikasse schwer, auch sie ist dringend auf Spenden angewiesen. Klar ist im Augenblick nur eines: Das traditionelle Links-Rechts-Schema in Frankreich ist endgültig Geschichte.