Chan Marshall alias Cat Power liebt das Covern ausgewählter Songs. Ganze (formidable) Alben hat sie damit bestückt. Nun erfüllt diese Frau sich mit „Cat Power Sings Dylan“ ihr ganz persönliches Herzblut-Projekt.
Bob ist ihr Held seit frühester Jugend. Als ihr das Angebot, in der legendären Londoner Royal Albert Hall zu spielen, unterbreitet wurde, reagierte sie blitzschnell: „Ich will dort Dylan singen – und zwar sein berühmtes Konzert von 1966 in Gänze – Track für Track.“ (Dieses Dylan-Konzert war eigentlich in Manchester gespielt und nur als Bootleg mit der falschen Angabe Royal Albert Hall bekannt geworden.) Gesagt, getan. Das Ergebnis ist von stupender Qualität – voller Ehrfurcht und Hingabe. Man spürt Marshalls gelegentliches Anspannungs-Vibrieren in der Stimme.
Geprobt wurde in Los Angeles (die elektrische Hälfte) und in New York (die akustische Hälfte). Auf Gesangsproben verzichtete Marshall hingegen komplett. Ihre Stimme sollte möglichst spontan klingen.
Die Album-Statik der Vorlage wurde exakt belassen. So eröffnet „She Belongs to Me“ den Reigen. Henry Munson zupft und schrammelt die Saiten und spielt Mundharmonika. Schon hier erleidet man erste Gänsehautsalven. „Fourth Time Around“ ist noch besser, erst recht „Visions of Johanna“. Eigentlich unfassbar, wie es gelingt, gänzlich frei von Abgrenzungswillen oder Experimentierlust ein Repertoire zu zelebrieren, das seit 57 Jahren singulär durch die Ewigkeit schwebt.
Wo liegt der Unterschied zum Original? Es ist – obwohl Cat Powers Stimme tief in den Dylan-Kosmos eintaucht – das Feminine des Vortrags, das hier Staunen macht, inklusive einer deutlicheren, zugleich samteneren Phrasierung. Auch eine dezente Tempodrosselung ist zu vernehmen – wobei, durchgerechnet habe ich das nicht. Die Applause sind ohnehin nicht identisch. Zu „Tell Me, Momma“ stöpselt dann auch das famose Cat-Power-Septett die Elektrische ein. Jemand ruft wie beim Original-Konzert: „Judas!“ Dem verwegen scheppernden Dylan-Furor wird nun ein selbstbewusster Folk-Rock-Puls verliehen. Respekt – und schiere Freude!