In der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA haben in diesem Sommer gleich mehrere Stars die Seiten gewechselt. Vor allem einige Clubs im Westen haben mächtig aufgerüstet. Titelanwärter Nummer eins bleibt aber auch in dieser Saison Vorjahresmeister Golden State Warriors.
Von wegen Sommerpause! So heiß wie in diesem Jahr war es in der nordamerikanischen Basketball-Profiliga NBA in der Off-Season schon lange nicht mehr her gegangen – manche sagen sogar: noch nie. Gleich mehrere Stars wechselten den Verein; am Ende landete fast jeder Topspieler, um den es Wechselgerüchte gab, auch tatsächlich bei einem neuen Arbeitgeber. Die Gehälter, die dabei zum Teil aufgerufen wurden, bestätigten einmal mehr den Ruf der NBA als die am besten bezahlte Sportliga der Welt.
Die am besten bezahlte Sportliga der Welt
Für das größte Aufsehen sorgte Oklahoma City Thunder. Mit Russell Westbrook hatte das Team schon vorher einen der absoluten Topstars in seinen Reihen. In der vergangenen Saison gelangen dem 28-Jährigen durchschnittlich 31,6 Punkte, 10,4 Assists und 10,7 Rebounds pro Partie – damit war er erst der zweite Spieler der NBA-Geschichte, der in allen drei Statistiken über eine ganze Saison zweistellige Werte schaffte, was seit 55 Jahren keinem Spieler mehr gelungen war. Mit großer Mehrheit wurde er dafür zum wertvollsten Spieler der Liga (MVP) gewählt. Allerdings waren auch Westbrooks Leistungen nicht genug, um aus Oklahoma City einen ernsthaften Titelanwärter zu machen – bereits in der ersten Playoff-Runde war gegen die Houston Rockets Endstation.
Deshalb langte Thunder im Sommer mächtig zu und verpflichtete mit Paul George von den Indiana Pacers und Carmelo Anthony von den New York Knicks gleich zwei neue Elitespieler. Anthony stand bereits zehn Mal im Allstar-Game, der sechs Jahre jüngere George schon vier Mal – dass Oklahoma City für ihn nur einen Dumpingpreis an die Pacers bezahlen musste (im Gegenzug wechselten mit Victor Oladipo und Domantas Sabonis lediglich zwei Ergänzungsspieler nach Indiana), grenzt fast schon an ein Wunder. Sogar die Polizei in Oklahoma City machte sich anschließend über die Pacers lustig, auf Twitter bedankten sie sich über die zahlreichen Hinweise zum „Diebstahl“ von Paul George.
An Carmelo Anthony hatten auch die Houston Rockets vergeblich Interesse bekundet. Die Texaner gingen in diesem Sommer trotzdem nicht leer aus und konnten Chris Paul von den Los Angeles Clippers loseisen, einen der besten Spielmacher der Liga. Mit ihm und James Harden, dem Zweitplatzierten bei der letztjährigen MVP-Wahl, haben die Rockets gleich zwei Waffen im Kampf um die NBA-Krone. Allerdings bleibt abzuwarten, inwieweit die beiden auch wirklich harmonieren. In der vergangenen Saison machte Harden das meiste allein, er besorgte den Spielaufbau und schloss auch selbst ab. Er gilt als recht egoistischer Spieler. In diesem Jahr wird er Verantwortung an Chris Paul abgeben müssen – ob er dazu bereit ist, wird sich zeigen.
An Anthony war auch Houston interessiert
Das dritte Team, das im Sommer für viel Wirbel im Wechselkarussell sorgte, waren die Boston Celtics. Der NBA-Rekordmeister hatte in der vergangenen Saison die Eastern Conference gewonnen, im Playoff-Halbfinale aber gegen die Cleveland Cavaliers klar verloren. Also befand das Management, dass sich trotz der erfolgreichen Vorrunde etwas ändern müsste – und tauschte kurzerhand vier von fünf Spielern der Startformation aus. Neu an der Ostküste sind Gordon Hayward von den Utah Jazz und Kyrie Irving von den Cavaliers, wobei vor allem sein Wechsel im Tausch gegen Isiah Thomas bemerkenswert ist – denn normalerweise werden Spielmacher im besten Alter in der NBA nur selten getauscht, erst Recht nicht mit einem Rivalen aus der eigenen Conference.
Die entscheidende Frage aber ist: Haben sich die Kräfteverhältnisse in der Liga dadurch wirklich verändert? In den vergangenen drei Spielzeiten waren die Golden State Warriors die dominierende Mannschaft der National Basketball Association gewesen. 2015 holten sie erstmals den Titel; 2016 stellten sie mit 73:9 Siegen einen neuen Rekord für die reguläre Saison auf, verloren das Finale aber gegen die Cleveland Cavaliers; 2017 kassierten sie auf dem Weg zur erneuten Meisterschaft in den Play-offs lediglich eine einzige Niederlage. Vor der Saison war Kevin Durant aus Oklahoma City nach Golden State gewechselt, wo er seither zusammen mit Stephen Curry, Klay Thompson und Draymond Green die sogenannten Fantastic Four bildet, die jeden Gegner das Fürchten lehren – alle vier wurden in der vergangenen Saison ins NBA-Allstar-Game gewählt. Im Sommer konnten die Warriors das Quartett nun erneut an sich binden und den Stars mit Omri Casspi und Nick Young zudem noch zwei weitere gute Schützen an die Seite stellen. Der Meister bleibt damit vorerst das Team, das es zu schlagen gilt. Mit ihrer attraktiven, offensiven Spielweise und nicht zuletzt mit ihrer Kritik am umstrittenen US-Präsident Donald Trump haben die Warriors schon jetzt viele Sympathien gewonnen.
Auch die Cleveland Cavaliers sind trotz des Wechsels auf der Spielmacherposition (oder gerade deswegen, schließlich wollte Kyrie Irving unbedingt weg) wieder stark einzuschätzen, dafür sorgt allein schon die Präsenz von LeBron James – für viele trotz Westbrooks famosen Auftritten immer noch der beste Basketballspieler der Welt. Es wäre jedenfalls keine allzu große Überraschung, wenn die Endspielpaarung im Juni 2018 zum vierten Mal hintereinander Cleveland gegen die Warriors lauten würde. Zum Saisonstart am 17. Oktober spielen beide Teams zu Hause: Die Cavaliers empfangen Boston, Meister Golden State misst sich mit Houston. Zu den Höhepunkten der regulären Saison gehören außerdem drei Gastspiele der NBA in Mexiko-Stadt und in London am 7. und 8. Dezember und am 11. Januar.
Eine Finalteilnahme eines deutschen Spielers wäre in diesem Jahr eine Sensation. Und das, obwohl in dieser Saison gleich fünf Deutsche und damit so viele wie noch nie in der besten Basketballliga der Welt vertreten sind. Neu dazugekommen sind nämlich Daniel Theis und Maximilian Kleber, die aus der Bundesliga von Bamberg beziehungsweise Bayern München den Schritt über den großen Teich wagten. Theis spielt künftig in Boston, Kleber wird in Dallas Teamkollege von Dirk Nowitzki.
Drei Gastspiele der NBA in Mexiko-Stadt
Doch sowohl Dallas als auch die Atlanta Hawks mit Dennis Schröder müssen sich in diesem Jahr nach unten orientieren. Nowitzki hatte bei seiner Vertragsverlängerung in Dallas erneut auf Geld verzichtet, damit die Mavericks neben ihm einen weiteren Superstar holen können, doch am Ende war die vielversprechendste Verpflichtung die von Spielmacher Dennis Smith Junior, der vom College den Weg nach Texas gefunden hat. So wird es der Meister von 2011 schwer haben, einen Play-off-Platz zu ergattern, auch wenn Nowitzki immer noch in jedem Spiel für große Momente gut ist. Für den Würzburger ist es bereits die 20. Saison in der NBA – er gilt als der beste Europäer, der jemals in Übersee gespielt hat. Seine Aufnahme in die Ruhmeshalle der Liga ist nur eine Frage der Zeit.
Davon ist Dennis Schröder momentan ein ganzes Stück entfernt. Allerdings ist der Braunschweiger auch noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung. In der vergangenen Saison hat sich der 24-Jährige als Stamm-Spielmacher der Atlanta Hawks etabliert. Nach starken Leistungen im Sommer bei der Europameisterschaft dürfte er nun auch im Club noch mehr Verantwortung bekommen, zumal die Hawks mit Dwight Howard, Paul Millsap und Tim Hardaway Junior gleich drei wichtige Spieler verloren haben. Die Play-offs sind trotzdem möglich, weil die Eastern Conference insgesamt deutlich schwächer ist als der mit Starspielern gespickte Westen. Gleiches gilt für die Chicago Bulls. Das Team von Paul Zipser hat in der Sommerpause ebenfalls seinen besten Spieler verloren – Jimmy Butler wechselte zu den Minnesota Timberwolves. Für Zipser kann das aber sogar von Vorteil sein, ihm winkt nun sogar ein Platz in der Startformation. In der Off-Season hat er noch einmal intensiv an seinem Spiel gearbeitet und dafür sogar auf die Teilnahme an der EM verzichtet. Auch für ihn fiel die Sommerpause in diesem Jahr aus. So wie für die gesamte Liga.