Weil sie den knirschenden Kaffeesatz zwischen den Zähnen schlichtweg satthatte, erfand die Hausfrau Melitta Bentz 1908 spontan mithilfe von Löschpapier den (Einweg-) Kaffeefilter.
Eigentlich verwunderlich, dass die am 31. Januar 1873 in Dresden als Tochter eines Buchhändlers geborene Amalie Auguste Melitta Liebscher unter ihrem Ehenamen Bentz heute als Erfinderin des Kaffeefilters gefeiert werden kann. Denn schon Ende des 18. Jahrhunderts war eine Filter-Idee allgemein bekannt, wie in Johann Georg Krünitz „Oeconomischer Encyclopädie" nachgelesen werden kann: „Die neuerlich eingeführte Weise, den Kaffeetrank durch das Filtrieren zu verfertigen, ist wohl unstreitig die beste. Man legt nämlich in einen dazu gemachten blechernen, wohl verzinnten Filtrierhut oder Trichter (Kaffeesieb) ein reines, feines Leinwandtüchlein oder Haartuch oder, weil dieses durch den öfteren Gebrauch leicht unrein gemacht werden könnte, lieber weißes Lösch- und Druck-Papier."
Offenbar war diese Praxis des Kaffee-Aufgießens in der Folgezeit in Vergessenheit geraten. Denn Anfang des 20. Jahrhunderts pflegte man das mit Wasser aufgekochte Kaffeepulver einfach durch ein Sieb oder einen nach häufigem Gebrauch schnell muffig riechenden Stoffbeutel zu schütten. Das hatte zur Folge, dass in den Tassen fast immer noch Kaffeesatz vorhanden war, der einen störend-bitteren Geschmack hinterließ. Durchaus möglich, dass Melitta Liebscher in der Bibliothek ihres Vaters mal zum Zeitvertreib in den Bänden des erst 1858 komplett vorliegenden Krünitz-Opus geblättert hatte und per Zufall auf die entsprechende Stelle gestoßen war. Diese These ist allerdings reine Spekulation, da über die Jugendzeit der späteren Erfinderin nichts bekannt ist.
Der Legende nach habe es Melitta Bentz in zunehmendem Maße verärgert, dass ihr heiß geliebtes wöchentliches Kaffeekränzchen durch den zähneknirschenden Kaffeesatz beeinträchtigt wurde. Kurzerhand habe sie daher für Abhilfe sorgen müssen. Sie nahm eine leere, gereinigte Konservendose, in deren Boden sie mithilfe von Nägeln Löcher einhämmerte. Dann riss sie aus dem Schulheft ihres Sohnes das Löschpapier heraus, schnitt es kreisrund zurecht und legte es als Filter auf den durchlöcherten Dosenboden. Der Testlauf mit auf dem Papier gehäuftem Kaffeepulver und darüber gegossenem Kochendwasser verlief zufriedenstellend – der satzfreie Filterkaffee sollte schnell auch im Freundes- und Bekanntenkreis Begeisterungsstürme wecken.
Der entscheidende Schritt war es dann aber, dass Melitta Bentz ihre segensreiche Erfindung beim Kaiserlichen Patentamt in Berlin anmeldete und am 20. Juni 1908 von der Behörde den Gebrauchsmusterschutz für einen mit „Filtrierpapier" arbeitenden „Kaffeefilter mit nach unten gewölbtem, mit einem Abflussloch versehenen Boden und lose einliegendem Siebe" erhielt. Am 15. Dezember 1908 wurde mit einem lächerlichen Startkapital von gerade mal 73 Pfennigen das Unternehmen M. Bentz ins Handelsregister eingetragen. Der Firmensitz war ein 40-Quadratmeter-Zimmer der Familienwohnung in der Dresdner Marschallstraße 31. Ehemann Johannes Emil Hugo Bentz war neben Melitta und den beiden minderjährigen Söhnen der erste Mitarbeiter des jungen Unternehmens.
Anfangs wurden die Filter in Handarbeit aus Messing, ab 1910 aber auch schon aus Aluminium hergestellt. Ab 1919 kamen die ersten Filter aus Porzellan auf den Markt. Das zu langsam filternde Löschpapier wurde durch eine andere Papiersorte ersetzt. Die frühen Filterapparate hatten eine zylindrische Form, die das Rundfilterpapier umhüllte. Auf der Leipziger Messe im Jahr 1909 konnte Melitta bereits 1.200 Exemplare ihres Kaffeefilters verkaufen. Ein Jahr später errang die Firma goldene und silberne Medaillen auf der Internationalen Hygieneausstellung in Dresden. Nach mehreren Umzügen in immer größere Räumlichkeiten verlegte das Unternehmen den Firmensitz 1929 ins ostwestfälische Minden, nachdem man bereits über 100.000 Filter produziert und 1925 zum Schutz vor Nachahmern seine Einwegfilter-Packungen im heute noch typischen Rot-Grün designt hatte. 1936 ließ sich das Unternehmen das Filtersystem – den konischen, nach unten schlitzförmig zulaufenden Filterkörper mit genau passender „Filtertüte" – patentieren. Bis auf den heutigen Tag darf die Bezeichnung „Filtertüte" nur für Melitta-Kaffeefilter verwendet werden.