Seit vergangener Woche segelt der 1. FC Saarbrücken-Tischtennis erstmals in Vollbesetzung in Richtung K.o.-Runde der Champions League, Pokalfinale und Bundesliga-Play-offs – wenn der Plan der Saarländer am Ende aufgeht.
Nachdem der neue Taiwanese Liao Cheng Ting am vierten Bundesligaspieltag zur Mannschaft gestoßen ist, hat beim 3:1-Erfolg in der Champions League gegen den dänischen Vertreter Roskilde Bordtennis auch Tomas Polansky seinen Einstand gegeben. Mit dem U21-Europameister Polansky, dem Zweiten Cristian Pletea und dem Drittplatzierten Darko Jorgic ist die vielleicht hochkarätigste Nachwuchstruppe der Bundesligageschichte endlich komplett. Nachdem die vor der Saison neu nach Saarbrücken gekommenen Kollegen bereits zeigen konnten, dass sie schon jetzt eine ernsthafte Konkurrenz für die Etablierten darstellen, will Polansky nachziehen. Der tschechische Nachwuchsmann weiß aber, dass er nach seiner sechsmonatigen Pause aufgrund einer Schulterverletzung erst wieder die nötige Wettkampfhärte erreichen muss. „Es fühlt sich toll an, wieder unter Wettbewerbsbedingungen an der Platte zu stehen. Allerdings fühle ich mein Spiel noch nicht wieder so, wie das vor der Verletzung war. Aber das ist normal. Ich kann nicht erwarten, dass ich nach so einer Verletzung sofort wieder mein bestes Tischtennis spiele", sagt Polansky, der bei seinem persönlichen Saisonauftakt mit 0:3 gegen den Tischtennisveteranen Michael Maze unterlag.
„Fühle mein Spiel noch nicht wieder so"
In der ersten Saisonphase hat sich besonders Jorgic in den Blickpunkt spielen können. „Jorgic hat in den letzten Wochen super Tischtennis gespielt. Er hat gezeigt, dass er es schaffen kann, ein Top-Mann in Europa zu werden", sagt FCS-Trainer Slobodan Grujic über den 20-Jährigen. Mit seinen Erfolgen, wie dem Gewinn der Bronzemedaille mit der slowenischen Nationalmannschaft 2017, wo Jorgic sogar ein Sieg gegen die damalige Nummer eins der Welt, Dimitrij Ovtcharov, gelang, hat der Nachwuchsmann die Erwartungen selbst nach oben geschraubt. Der slowenische Nationalspieler, der nach einer starken Premierensaison in der Bundesliga für den TSV Bad Königshofen im Sommer ins Saarland gewechselt ist, hat in Saarbrücken mit souveränen Siegen in der Champions League gegen Vize-Europameister Ovidiu Ionescu von Angers TT und den Fuldaer Topmann Wang Xi in der Bundesliga seine Vorschusslorbeeren bestätigt. „Wie weit Jorgic kommt, entscheidet allein sein Kopf. Er ist ein bisschen unsicher und braucht noch etwas Selbstvertrauen. Er muss mental noch stärker werden, dann kann er viel schaffen", sagt Grujic über seinen Schützling. Jorgic selbst hat einen ziemlich genauen Plan, wie seine sportliche Laufbahn weitergehen soll. „Persönlich möchte ich im nächsten Jahr den Sprung unter die besten 30 schaffen. Das wird sehr schwer, aber ich denke, dass ich das schaffen kann", sagt der in Hrastnik geborene Slowene, der sich seit Saisonbeginn schon von Weltranglistenrang 69 auf Platz 56 verbessert hat.
Cristian Pletea ist der Dritte im Bunde der Saarbrücker Rasselbande, die fest entschlossen ist, sich ihren Weg in die europäische Spitze zu bahnen. Aufgrund seines Alters ist der Rumäne derzeit vielleicht sogar noch einen Tick höher einzuschätzen als seine beiden 20-jährigen Saarbrücker Kollegen. Im Mai dieses Jahres ist Pletea 18 Jahre alt geworden. Bei seinem Siegeszug ins U21-EM-Finale blieben gegen das Supertalent mitunter drei Jahre ältere Gegner auf der Strecke. Nachdem er Jorgic im Halbfinale besiegt hatte, unterlag der rumänische Senkrechtstarter im Endspiel gegen Polansky nur hauchdünn mit 10:12 im finalen Entscheidungssatz. Während Trainer Grujic bei Jorgic Steigerungspotenzial im mentalen Bereich ausgemacht hat, wirkt Pletea für einen so jungen Spieler erstaunlich selbstbewusst. Bei seinem Sieg gegen Andrea Landrieu beim 3:0-Sieg in der Champions League ließ sich der Nachwuchsspieler auch von einem 5:8-Rückstand im Entscheidungssatz nicht beirren, gewann den Satz noch mit 11:9 und brachte damit den souveränen 3:0-Sieg des FCS unter Dach und Fach. Auch beim Blick auf seine langfristige Zukunft präsentiert sich Pletea als jemand, der genau weiß, was er will und wie er es erreichen kann. „Ich will einen Schritt nach dem anderen machen und jeden Tag ein bisschen besser werden. Dann, davon bin ich überzeugt, werden auch die Resultate kommen", sagt der junge Spieler und fügt hinzu: „Ich denke, den Traum, irgendwann Weltmeister, Olympiasieger und Nummer eins der Weltrangliste zu werden, haben alle Spieler gemeinsam." In dieser Spielzeit ist er für den FCS nur in der Champions League am Start, da er in Rumänien noch zur Schule geht. Sobald er seinen Abschluss im kommenden Jahr in der Tasche hat, will der Rumäne, der seit seinem 14. Lebensjahr regelmäßig bei der TIBHAR-Trainingsgruppe mittrainiert, komplett in die saarländische Landeshauptstadt umziehen, um dann auch in der Liga und im Pokal für den FCS zu starten. Dort hofft er auch, noch einmal auf sein großes Idol Timo Boll zu treffen. Pletea hat sich den besten europäischen Spieler der letzten zehn Jahre „sowohl vom Charakter her als auch von seiner Art zu spielen" zum Vorbild genommen. „Ich habe einmal gegen ihn gespielt und war dabei unglaublich nervös. Er hat mich 3:0 geschlagen, aber ich hatte nicht schlecht gespielt und war trotzdem stolz. Ich hoffe, dass ich ihn in zwei oder drei Jahren schlagen werde", erzählt die aktuelle Nummer 166 der Weltrangliste.
„Ich will jeden Tag ein bisschen besser werden"
Während der Saarbrücker Leitwolf Patrick Franziska derzeit in der Form seines Lebens ist und den jungen Himmelsstürmern den Rückhalt gibt, den sie aufgrund ihrer Unerfahrenheit noch brauchen, ist Liao Cheng Ting so etwas wie das Sorgenkind beim FCS. Grujic und der sportliche Leiter Erwin Berg stecken viel Hoffnung in den Taiwanesen, der vor der Saison vom schwedischen Erstligisten BTK Kävlinge ins Saarland gewechselt ist. Bislang konnte der 22-Jährige, dem die Verantwortlichen eine Spielstärke auf dem Niveau der ehemaligen Saarbrücker Nummer eins, Tiago Apolonia, attestieren, die Erwartungen allerdings nicht erfüllen. Beim 3:0-Pokalerfolg gegen den SV Mühlhausen konnte Liao mit einem 3:2-Sieg gegen Daniel Habesohn seinen bislang einzigen Sieg im Saarbrücker Dress verzeichnen. In der Bundesliga (drei Niederlagen) und in der Champions League (eine Niederlage) steht der Taiwanese bis jetzt mit leeren Händen da. „Er trainiert wie ein Wahnsinniger, setzt sich aber selbst zu sehr unter Druck", diagnostiziert Berg das Problem im mentalen Bereich. Dabei sei das gerade beim FCS TT nicht notwendig, wie der sportliche Leiter weiter ausführt: „Bei uns gibt es den Druck nicht wie bei anderen Vereinen. Hier braucht er nur gut Tischtennis zu spielen."