Disney’s Musical „Die Schöne und das Biest" kommt jetzt zum ersten Mal nach Luxemburg in die Rockhal. FORUM verrät Ihnen, ob sich die Fahrt ins Großherzogtum lohnt.
Nachdem die Spielfilmversion des alten Zeichentrick-Klassikers von Walt Disney letztes Jahr für volle Kinosäle sorgte, ist auch die Musical-Version des berühmten Märchenstoffs wieder auf Tournee. Wer kennt sie nicht, die romantische Geschichte der reizenden Belle, die in einem verwunschenen Schloss von einem monströsen Biest gefangen gehalten wird. Ab dem 17. Januar gastiert die Produktion erstmals in der Rockhal im luxemburgischen Esch-sur-Alzette.
FORUM konnte sich vorab im Musicaltheater Bremen von der Qualität der Inszenierung überzeugen, bevor das Ensemble seine Zelte in Luxemburg aufschlägt. Die ausverkaufte Bremer Premiere war ein voller Erfolg. Somit dürften Musical-Fans auch in der Rockhal auf ihre Kosten kommen. Die Veranstalter im benachbarten Großherzogtum zielen mit den kommenden sieben Aufführungen auch auf Musicalfreunde aus dem Saarland, denn die Inszenierung ist durchgängig in deutscher Sprache.
Der Disney-Erfolg geht zurück auf den Film „Die Schöne und das Biest" (Originaltitel: Beauty and the Beast) von 1991, den 30. abendfüllenden Zeichentrickfilm der Walt-Disney-Studios. Im gleichen Jahr sorgte die Musical-Version am New Yorker Broadway, die auf der Musik des Zeichentrickfilms basiert, für Aufsehen. Seit 1995 existiert eine deutschsprachige Version. Die Handlung wurde dem französischen Märchen „La belle et la bête" entlehnt. Ein eingebildeter, überheblicher Prinz wird von einer Hexe zur Strafe für sein kaltherziges Verhalten in ein abscheuliches Biest verwandelt. Sein Hofstaat muss auch darunter leiden: Die Bediensteten werden zu Möbelstücken und Haushaltsgegenständen des Schlosses. Erst wenn das Ungetüm vor dem Fall des letzten Blütenblatts einer verzauberten Rose zu lieben lernt und auch selbst Liebe empfängt, kann der Fluch gebrochen werden. Die Situation erscheint aussichtlos – wer soll sich schon in das abstoßende und dazu äußerst übellaunige Biest verlieben? Aber da erscheint Hoffnung in Gestalt der ebenso bezaubernden wie mutigen Belle, die sich zusammen mit ihrem Vater aufs Zauberschloss verirrt. Es ist kein Geheimnis, dass die Geschichte nach etlichen dramatischen Wendungen auf ein furioses Happy End zusteuert.
Gastspiel der Budapester Bühne
Das in der Rockhal gezeigte Musical ist eine Inszenierung des Budapester Musical- und Operettentheaters in deutscher Sprache, offiziell vom Disney-Konzern abgesegnet und lizensiert. Seit 2011 ist das Theater damit immer wieder im deutschsprachigen Raum unterwegs. „Wir können schon auf über 500 Aufführungen zurückblicken", erzählt die Tourneemanagerin Henriett Bognár stolz. Gastspiele in der Dresdner Semperoper und im Berliner Admiralspalast zählen dazu. In der Luxemburger Rockhal ist die Inszenierung erstmals zu sehen. „Wir haben die Rechte von Disney vorläufig noch für ein Jahr", erklärt Bognár. Ob der Konzern die Lizenz erneuert oder zugunsten der Vermarktung des jüngsten Kinofilms auslaufen lässt, ist noch ungewiss. Im ungünstigsten Fall wäre das erste Gastspiel der Budapester in der Rockhal auch das letzte. Die Tourneemanagerin hofft jedoch auf eine Verlängerung, denn das Stück erfreue sich nach wie vor größter Beliebtheit.
Die Budapester sind kein En-Suite-Theater wie andere Musical-Bühnen, sondern ein Repertoiretheater mit mehreren zusätzlichen Tournee-Ensembles. So kommen über 500 Mitarbeiter zusammen. „Ich erinnere mich an den 20. August 2017, da hatten wir vier verschiedene Aufführungen gleichzeitig in vier Ländern", berichtet die Tourneemanagerin.
„Abgesehen von den Tänzern ist die Besetzung weitgehend gleich geblieben", erzählt Henriett Bognár. Genau wie sie sind auch die beiden Hauptdarsteller Kitti Jenes und Sándor Barkózci, die „Belle" und „das Biest", seit 2011 mit von der Partie. Beide wurden in der renommierten Musical-Akademie von Pest ausgebildet. Die Darsteller kann man getrost als Idealbesetzung für die beiden Hauptrollen bezeichnen.
Während die bildhübsche – und mit einer bezaubernden Stimme gesegnete –
Kitti Jenes auch in Natura schon als Belle durchgehen würde, müssen sich die Maskenbildner bei Sándor Barkózci allerdings mehr anstrengen, um ihn in das Biest zu verwandeln. Eine ganze Stunde sitzt er dafür in der Maske. Am Anfang des Stückes lässt er dann statt Gesang richtig fürchterliches Gebrüll hören. „Das ist meine wirkliche Stimme!", scherzt Sándor Barkózci. „Nein, das ist ein elektronischer Spezialeffekt. Der Toningenieur hat Zeichen im Text und weiß, wann meine Stimme so klingen muss." Danach zeigt Barkózci eindrucksvoll, wie aus dem mürrischen Monster nach und nach ein liebender, mitfühlender Mensch wird. Seine emotionalste Szene? „Wenn Belle sagt: ‚Danke, dass du mir das Leben gerettet hast‘."
Titelsong gewann Oscar und Grammy
Und für seine Kollegin? „Für mich ist es die Szene, wenn er mir den Zauberspiegel gibt", so Kitti Jenes. „Wir kommen uns nahe, und dann sehe ich im Spiegel, dass mein Vater in Schwierigkeiten steckt. Ich muss entscheiden, ob ich beim Biest bleibe oder zu meinem Vater eile. Und dann lässt er mich gehen, fordert mich sogar dazu auf, meinem Vater zu helfen." Beide haben den gleichen Lieblingssong: „Wie kann ich sie lieben?" Barkózci: „Es ist der Moment, wenn das Biest erkennt, dass es sich seinen Problemen stellen muss."
Die Inszenierung aus Budapest ist eigenständig, märchenhaft und kurzweilig. Ein Höhepunkt ist das furiose Ballett des Tafelgeschirrs. Alle Schloss-Bediensteten wurden ja in Haushaltsgegenstände verwandelt. Übrigens zeigt die Inszenierung hier gegenüber der Broadway-Version eine eigene, persönliche Note: Das Dekor des Tafelporzellans ist ein traditionell ungarisches aus der berühmten Porzellanstadt Herend.
Die Bühnenbilder und Kostüme zeigen viel Liebe zum Detail und unterstreichen die märchenhaft-romantische Atmosphäre des Stücks. Erwähnenswert auch das Orchester: 21 Musiker sind für eine Musicalproduktion durchaus üppig, und das hört man am satten Sound, genau passend zur cineastischen Größe der Originalmusik von Alan Menken.
Das Wichtigste: Den Sängern hört man ihre fundierte Ausbildung an. Musical-Freunde dürfen sich also auf hervorragende Interpretationen der weltbekannten Lieder freuen, darunter „Sei unser Gast", „Wie kann ich sie lieben", „Mensch wieder sein" und der Titelsong „Die Schöne und das Biest", dessen englischsprachiges Original einen Oscar, einen Golden Globe und einen Grammy einheimste.
Intendant Györgi Lörinczy sieht sein Musicaltheater als eine Art positiven Kulturbotschafter seines Heimatlandes, gerade angesichts der politischen Entwicklung unter Staatschef Victor Orban: „Ungarn braucht momentan ein paar positive Nachrichten, und wir probieren es wenigstens mit der Kultur", scherzt der Intendant in fließendem Deutsch.
Apropos Deutsch: In Online-Bewertungsportalen wird zuweilen der Akzent der Darsteller kritisiert. Tatsächlich ist bei vielen ein ungarischer Akzent hörbar. Logisch, sind ja auch Ungarn. Intendant Györgi Lörinczy dazu: „Einige können kein Deutsch. Doch dafür beschäftigt das Budapester Theater extra einen Sprachcoach, der die deutsche Aussprache der Darsteller optimiert." Mit Erfolg: Während der Premiere in Bremen hat der leichte Akzent keineswegs gestört oder die Sprachverständlichkeit getrübt, wirkte bei manchen sogar sympathisch. Alle Darsteller konnten mit einer deutlichen Aussprache glänzen. Da die Rockhal als Aufführungsort für ihre gute Akustik und hochwertige Beschallungstechnik bekannt ist, dürfte man dort ebenfalls mit einer guten Sprachverständlichkeit rechnen. Und dass die beiden Rollen Lumiére und Babette nun einen ausgeprägten französischen Akzent an den Tag legen, ist wiederum volle Absicht.
Man hört die gute Sängerausbildung
Die Inszenierung des Disney-Klassikers hat einige Besonderheiten zu bieten. Unter anderem sind die Ungarn mit einer mobilen Drehbühne unterwegs, sodass sie praktisch in allen Sälen spielen können. Auch das Zauberschloss, in dem der Großteil des Stückes spielt, profitiert am davon. Auch einzelne Teile sind beweglich, wie etwa die Treppen. Dank eigener Technik klappen die vielen Verwandlungen und Spezialeffekte des Bühnenbildes auch in einem Konzertsaal wie der Rockhal ohne Abstriche. Henriett Bognar: „Wir sind mit insgesamt sechs Lkw unterwegs, einer davon wird alleine für die Drehbühne benötigt. Überhaupt ist die Tournee für die quirlige Ungarin und ihre Mitarbeiter eine große logistische und organisatorische Herausforderung. Um die vielen Vorstellungen bewältigen zu können, sind alle Rollen dreifach besetzt. Manche Darsteller beherrschen mehrere Rollen, der Darsteller von Vater Maurice sogar vier. Dadurch ist ein geregelter Dienstplan mit Freizeit möglich. Anders würden die Künstler wohl irgendwann zusammenklappen – „Biest"-Darsteller Sándor Barkózci verliert während einer Aufführung mit dem schweren Kostüm etwa ein Kilo Körpergewicht. Vor allem die Hitze unter den aufwendigen Kostümen verlangt den Künstlern einiges ab. Auch „Madame Pottine", die in eine Teekanne verwandelt wurde. „Wir wollten mal die Temperatur in dem Kostüm messen", erzählt Henriett Bognar. „Das Gerät ist kaputtgegangen, so heiß wurde es." Doch man merkt Sängerin Nicolett Füredi die Strapaze nicht an, wenn sie die Titelmelodie „Märchen schreibt die Zeit" anstimmt. Wohl der einzige Oscar-prämierte Song, der von einer Teekanne interpretiert wird.