Werden technisch hoch entwickelte Geräte wirklich 100-prozentig genutzt?
Im Fernsehen erklärten sie uns dieser Tage, dass es in Deutschland einen Mangel an Fachkräften gäbe. Es hörte sich wie eine Drohung an. Tatsächlich, so dünkt uns, sind die normalen Menschen hilflos dem Wohlwollen der letzten Arbeiter ausgeliefert. Es ist von Vorteil, sich selbst Kenntnisse anzueignen. Jetzt verstehen wir auch, warum viele Bildungs-Politiker vom „lebenslangen Lernen" sprechen.
Kürzlich war mal wieder große Wäsche angesagt. Doch die Maschine sprang nicht an. Die Gebrauchsanweisung enthielt glücklicherweise verständliches Deutsch. Wir drückten jenen und einen anderen Knopf. Nichts. Dann noch einen und noch einen, genauso wie es geschrieben stand. Nichts. Gut, dass die Waschmaschine bei einem netten Familien-Unternehmen mit Leasing-Vertrag und Kunden-Service erstanden worden war. Nach nur vier Tagen kam tatsächlich ein freundlicher Mensch, drückte drei Knöpfe, ließ das Gerät summen und rumpeln und verschwand nach fünf Minuten mit fünf Euro Trinkgeld in der Hand. Hurra!
Nach unserer Altersteilzeit wollten wir uns zur Ruhe setzen. Tatsächlich überlegen wir uns nun, ob wir nicht noch ein Studium beginnen. Ingenieurwesen, Medizin oder irgendwas mit neuen Medien. Die Idee kam, als wir die Angebote für Neuwagen sichteten. Die alte „Möhre" ist nun auch schon 18 Jahre alt. Gute alte japanische Wertarbeit eben. Der nette Mensch im Autohandel war ganz stolz, einen technisch hochwertigen Stadt-Flitzer anbieten zu können. Mit dem könnten wir dann mit Tempo 30 durch die Stadt flitzen.
Offensichtlich war der Verkäufer auch ein Computer-Fachmann. Für alles Mögliche gab es Schnick und Schnack. Zum Beispiel eine Einparkhilfe. Wir sagten nichts, dachten uns aber: „Die Witze mit Frau am Steuer sind nun wirklich sehr abgeschmackt." Temporegler, automatische Sitzeinstellung, Rückfahr-Kamera, schön und gut. Brauchen wir nur alles nicht. Wer nicht total verblödet ist, kann das doch alles selbst machen. Hat doch früher auch geklappt, wir sind sogar ohne Navi angekommen.
Überhaupt haben wir den Eindruck, dass viele Produkte entwickelt wurden, die viele Extras haben und schnell ihren Geist aufgeben. Eine Reparatur wird erschwert, sodass also regelmäßig Neues erstanden werden soll. Das noch relativ brauchbare Ding mit nur einer Macke kommt auf den Müll und dann nach Afrika zum Ausnehmen.
Schon mal einen Fernseher 100-prozentig eingestellt, mit allem Zipp und allem Zapp? Für uns hat das der besagte Menschenfreund von der Leasing-Firma kostenlos gemacht. Und dabei teilte er uns seine Erfahrungen mit: Kaum ein Kunde könne das selbst bewerkstelligen. Ob er vielleicht helfen könne, vor der Fußball-Weltmeisterschaften alle Zusatz-Pakete zu installieren? Na klar.
Rechtzeitig entschieden wir uns jedoch anders, nachdem wir vernommen hatten, was der kurz behoste junge Mann namens Leon Goretzka künftig beim FC Bayern München verdient. Noch sind wir nicht so durchgeknallt, dass wir die Millionen-Gehälter mitfinanzieren und die Zeit vertrödeln, indem wir Gurken-Fußball angucken, den es in gefühlt 95 Prozent aller Fälle zu sehen gibt.
Richtig aufgeregt haben wir uns, weil wir als Rentner eine Steuer-Erklärung abgeben müssen. Wir versteuern also Geld, das bereits mehrfach versteuert wurde. Uns fiel Friedrich Merz ein. Nie im Leben würden wir CDU wählen. Aber dieser Mann hatte mal von einer Vereinfachung des Steuer-Systems gesprochen. In der Realität wird es allerdings immer schlimmer.
Wer sich neben der Rente ein paar Euro dazu verdienen will, damit irgendein Reparatur-Service bezahlt werden kann, muss ab diesem Jahr einen Computer haben. Die Anlage S für zusätzliche Einkommen lässt sich nur noch elektronisch bearbeiten. Papier-Formulare gibt es nicht. Das ist ein treffliches Beispiel dafür, dass Arbeiten auf Bürger abgewälzt werden. Vielleicht wird auch noch verlangt, dass wir beim Senioren-Studium Steuerrecht belegen. Eine andere Antwort könnte Satire sein. Analog zu einer italienischen Kaffee-Werbung und Hape Kerkeling das Finanzamt anrufen: „Habe keinen Computer. Habe Rücken."