Er hatte eine Sonderstellung bei der DEFA: Eduard Schreiber war der einzige Essayfilmer der staatlichen Filmanstalt. Auf der DVD sind sieben sehr unterschiedlich lange Filme versammelt. Den Anfang macht ein sehenswerter Dokumentarfilm über Männer, die ihre Probleme mit Alkohol in der Neptun-Werft in Rostock offen schildern. Selten hat man so direkten Einblick in die Arbeitswelt der untergegangenen Republik erhalten. Gleichzeitig wird mit diesem Film die äußerst sensible Arbeitsweise des Dokumentaristen deutlich, der seinen Protagonisten sehr nahekommt, ohne sie bloßzustellen.
Noch etwas fällt auf: Schreiber drehte seine Dokumentarfilme überwiegend abseits der stilistischen Hauptlinien der DEFA-Studios für Dokumentarfilme, weshalb seine erzählerische Position immer etwas zwischen den Stühlen war. Die investigativen Studien produzierte Schreiber nicht für das Fernsehen, sondern für das Kino. Kamerafahrten und Musik erinnern manchmal an Fellini, besonders, wenn sie in Schwarz-Weiß sind.
In dem Dokumentarfilm „Spuren", der am 10. November 1989, also einen Tag nach dem Mauerfall, anlief, werden historisch hochinteressante Sequenzen von der Sprengung der Reste der Reichskanzlei Adolf Hitlers, unweit des Brandenburger Tores, gezeigt. Dazu spricht der Schauspieler Martin Brandt Texte aus Lessings Nathan der Weise – mit diesem Text wurde das Theater des Jüdischen Kulturbundes zu Berlin im Jahr 1933 eröffnet.
Dazu passend werden sowohl historische Filmaufnahmen vom Oktober 1938 hereingeschnitten als auch von der zerstörten Reichskanzlei am Ende des Krieges 1945.
Die Spurensuche setzt sich fort auf dem jüdischen Friedhof in Eberswalde. Bei „The time is now" aus dem Jahr 1987, gedreht auf ORWO-Color, wird es hochpolitisch: Hier fährt das Filmteam quer durch die DDR und verwickelt Genossen in Gespräche zum Thema Frieden. Hintergrund sind die Vorbereitungsarbeiten zur Stationierung von Raketenkomplexen. Insgesamt keine leichte Kost, sondern eine DVD mit historischem Mehrwert.