Nach der Verbannung der Nummern-Girls aus der Startaufstellung gibt es ab dieser Saison 2018 eine weitere einschneidende Änderung: Die Formel-1-Bosse von Liberty Media haben die Startzeiten nach hinten verlegt.
Die gute Nachricht: Alle Formel-1-Rennen sind im deutschsprachigen Raum live im frei empfangbaren Fernsehen bei dem Kölner Privatsender RTL zu sehen. Die weniger gute Nachricht: Fans und Zuschauer müssen sich an neue Startzeiten gewöhnen. Traditioneller Start der Europa-Rennen war sonntags um 14 Uhr. In dieser Saison erlöschen die Lichter der Startampel bei den Grand Prixs von Spanien, Monaco, Österreich, England, Deutschland, Ungarn, Belgien und Italien nicht wie bisher zur vollen Stunde, sondern erst 70 Minuten später, um 15.10 Uhr Ortszeit. Obwohl der Große Preis von Frankreich, der nach zehnjähriger Pause wieder auf dem Plan steht, ebenfalls zu den Europa-Rennen zählt, bildet er in diesem Jahr eine Ausnahme. In Le Castellet werden die Autos erst am späten Nachmittag, um 16.10 Uhr, in den Grand Prix starten. Die Verantwortlichen wollen damit auf eine Überschneidung mit der zeitgleich in Russland stattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft reagieren.
Auch das Qualifying verschiebt sich
Die Entscheidung, die Rennen 70 Minuten später starten zu lassen, stützt sich auf eine von Liberty Media durchgeführte Marktanalyse. Warum aber der Start nicht zur vollen Stunde dann um 15 Uhr, sondern auch noch zehn Minuten später, fragen sich jetzt viele Zuschauer. „Viele Sendeanstalten gehen erst zur vollen Stunde auf Sendung und verpassen damit die Emotion, welche die Minuten vor dem Start eines jeden Grand Prix charakterisieren“, so die Antwort des Formel-1-Managements auf die Maßnahme des Zehn-Minuten-Vorlaufs für eine Vorberichterstattung. Weiter heißt es in einer Erklärung: „Untersuchungen haben gezeigt, dass ein breites Fernsehpublikum später am Nachmittag erreichbar ist, insbesondere in den Sommermonaten.“
Angepasst an die neuen Startzeiten ändern sich auch die Trainingstermine. Statt um 10 Uhr geht es freitags meistens erst um 11 Uhr auf die ersten Proberunden. Das Qualifying verschiebt sich ebenfalls. Bei den Europa-Rennen machen sich die Piloten künftig ab 15 Uhr auf die Jagd nach den Startplätzen. Auch hier spielt Frankreich – wegen der Fußball-WM – wieder den Außenseiter. Auf dem Circuit Paul Ricard beginnt die Zeitenjagd erst um 16 Uhr.
Zurück zu RTL. Der Kölner Privatsender hat sich nach langen Vertragsverhandlungen mit dem neuen kommerziellen Rechteinhaber Liberty Media die Übertragungsrechte für drei weitere Jahre bis einschließlich 2020 gesichert. „RTL wollte weiter die Formel 1, und die Formel 1 wollte weiter RTL. Die Gewinner dieser intensiven Partnerschaft sind die Zuschauer“, ist RTL-Sportchef Manfred Loppe überzeugt. „Sie bekommen weiter frei Haus großen Motorsport und leidenschaftliche Berichterstattung geliefert“, teilte der Sender mit. RTL-Senderchef Frank Hoffmann kommentiert den Vertragsabschluss, der diesmal erstmals ohne Bernie Ecclestone ausgehandelt wurde, mit der „Formel 1 als starker Marke, die von möglichst vielen Menschen gesehen werden muss, und dafür ist RTL der beste Partner“.
Rosberg und Glock beerben Lauda
Der deutsche Markt geht gegen den Trend: In immer mehr Ländern verschwindet die Formel 1 in den kommenden Jahren ins Bezahl-Fernsehen. Pay-TV-Sender zahlen für Exklusiv-Rechte astronomische Summen, damit Abos abgeschlossen werden. Dafür verliert die Rennserie an Reichweite, was Sponsoren und Teilnehmern weniger gefällt. Unter Liberty Media geht der globale Trend hin zu mehr Exklusivität für das Pay-TV weiter. In Großbritannien wird ab 2019 nur noch der Heim-Grand-Prix frei empfangbar sein.
Beim Bezahlsender Sky müssen die Formel-1-Zuschauer in dieser Saison in die Röhre schauen. Bereits seit Jahren hat sich Sky darum bemüht, mehr Exklusivität für die Königsklasse auszuhandeln. Nachdem RTL die Free-TV-Rechte nun noch einmal für drei weitere Jahre bekam, hat man in Unterföhring den Stecker gezogen. „Der drastische Anstieg der Preise führt dazu, dass wir uns künftig auf Rechte konzentrieren wollen, die Sky mit einer möglichst hohen Exklusivität erwerben und ausstrahlen kann“, heißt es in einer Stellungnahme. Sky hat die Formel 1 inklusive aller Trainingssitzungen seit 1996 (zuvor unter dem Sendernamen Premiere und DF1) übertragen. Als TV-Experte war der Schweizer Ex-Formel-1-Fahrer Marc Surer ein wahrer Glücksfall.
RTL ging mit der Formel 1 schon fünf Jahre früher auf Sendung, überträgt die Rennen der Königsklasse seit 1991. Nach jahrelang sinkenden Zuschauerzahlen konnte die Saison 2017 mit dem Trend brechen und bescherte RTL wieder bessere Quoten. Die Kölner setzen voll auf das Pferd Vettel. „Sebastian ist 2017 exzellent gefahren, und wir haben gesehen, dass er in der Lage ist, die Begeisterung und Reichweiten zu steigern“, sagte Senderchef Hoffmann. Das Duell Hamilton gegen Vettel ließ die Einschaltquoten weltweit um fünf Prozent steigen. Bis zur Titelentscheidung in Mexiko lagen die Zahlen weltweit sogar sieben Prozent über dem Vorjahr 2016.
Das bewährte Team wird auch 2018 die RTL-Zuschauer bei allen Rennen begleiten. Kommentator Heiko Wasser (60) wird von Experte und Ex-Renn-Pilot Christian Danner (59) unterstützt, die im 20. Jahr gemeinsam in der Sprecherkabine sitzen, Kai Ebel (53) wird wie in den vergangenen 25 Jahren durch die Boxengasse wirbeln und Florian König (50) im 22. Jahr als routinierter Moderator auftreten. In dieser Saison aber mit zwei neuen „Begleitern“ an seiner Seite. Der Champion von 2016 Nico Rosberg und DTM-Pilot Timo Glock beerben den Knall auf Fall zurückgetretenen Niki Lauda als TV-Experte. „Ich freue mich riesig, bei einigen Highlight-Rennen im RTL-Team zu sein“, sagte der 32 Jahre junge Renn-Rentner. „Ich kann den Zuschauern hoffentlich coole Einblicke gewähren“, fügte er hinzu. Seine ersten coolen Einblicke als Experte kann der 23-malige Grand-Prix-Gewinner schon am nächsten Wochenende den Zuschauern vermitteln.