Er kann einfach nicht „nein" sagen: Frank Liedke bekleidet seit Jahrzehnten Ehrenämter im Sport. Erst mit den Jahren hat er gelernt, wie sehr man anderen mit der eigenen Zielstrebigkeit auf die Füße treten kann.
Frank Liedke nimmt es mit Humor: „Wenn man mal überblickt, wieviel Zeit man dem Ehrenamt geopfert hat, dann muss man schon sagen: Es ist bekloppt." Der 59-jährige gebürtige Bischmisheimer ist seit über vier Jahrzehnten als Sportfunktionär engagiert. Derzeit ist er Vorsitzender des Trägervereins des Olympiastützpunktes Rheinland-Pfalz/Saarland, Mitglied des Landesausschusses für Leistungssport und des Aufsichtsrats des Landessportverbandes für das Saarland (LSVS) sowie 1. Vorsitzender und Ehrenpräsident des Badminton-Bundesligisten 1. BC Bischmisheim, den er 1998 gründete und zum Deutschen Serien-Mannschaftsmeister (zehn Titel seit 2005) und Europacup-Sieger (2010) machte. Auch das von ihm aus der Taufe gehobene internationale Turnier „HYLO Badminton Open" (bis 2020: SaarLorLux Open, vorher unter anderem BMW Open und Bitburger Open) hat sich prächtig entwickelt. Die diesjährige Ausgabe wird zwischen dem 2. und 7. November in der Saarlandhalle ausgetragen und ist erstmals Teil der „BWF Tour Super 500". Die damit verbundene Verdreifachung des Preisgeldes auf insgesamt 320.000 US-Dollar wird noch mehr Weltstars in die Saarlandhalle locken als bisher schon. Was Liedke anpackt, scheint also zu funktionieren.
„Manchmal trifft man Menschen im Leben, die einen dazu motivieren, nebenbei ein Turnier aufzubauen und irgendwann nimmt das Hamsterrad Fahrt auf, das Turnier wird immer größer, erst bundesweit, dann europaweit und schließlich bis auf die weltweite Ebene", erzählt Liedke und gibt zu: „In meinem Wortschatz fehlt seit jeher das Wörtchen ‚nein‘ oder ‚das machen wir nicht‘. Und so hat sich das Ganze entwickelt." Seine Gabe, Menschen zu begeistern, sorgte immerhin dafür, dass er die immer neuen Schritte nicht allein, sondern mit der Unterstützung vieler Helferinnen und Helfer gehen konnte. Das gilt auch für die vielen sportlichen Erfolge. „Man merkt irgendwann schon, dass es eigentlich alles zu viel ist, aber dann wieder zurückzufahren, wäre extrem schwierig", weiß Liedke.
Über Schwimmen und Turnen kam Frank Liedke als 13-Jähriger beim TV Bischmisheim zum Badminton. „Ich habe mich direkt und total in diese Sportart verliebt", erinnert sich der heute 59-Jährige. Früh wurde sein Talent unter Trainer Karl Geißler im Landeskader gefördert, als Aktiver schaffte er es bis in die Oberliga. Parallel dazu übernahm Liedke schon früh Verantwortung im Verein und wurde mit gerade einmal 17 Jahren der jüngste Vorsitzende in der Geschichte des TV Bischmisheim und sicher einer der jüngsten Vereinsvorsitzenden des Landes überhaupt. Als solcher hatte er sich immer auch für die Nachwuchsarbeit eingesetzt. Irgendwann stand die Ausgliederung der Badmintonabteilung an, die Gründung des 1. BC Bischmisheim, dem er seither durchgehend vorsteht und auch das Amt des Vorsitzenden des Saarländischen Badminton-Verbands (2004 bis 2019).
In über 40 Jahren Vorstandsarbeit erlebt man viele Höhen und Tiefen. „Natürlich hat man dabei nicht überall nur Freunde. Vor allem, wenn man so jemand ist wie ich, der klare Ziele im Kopf hat. Die kann man nicht verwirklichen, ohne dem einen oder anderen auf die Füße zu treten", weiß Liedke, dem manches, rückblickend betrachtet, leidtut. Aber auch ihn hat so manche Intrige „menschlich schwer getroffen. Als Doppelbock, also gebürtiger Bischmisheimer und mit dem Sternzeichen Steinbock, geht man halt manchmal durch die Wand, ohne vorher nach links oder rechts zu schauen", meint Liedke selbstkritisch und stellt fest: „Ich habe mit der Zeit gelernt, aus Niederlagen zu lernen und bin immer gestärkt zurückgekommen. Manchmal war ich vielleicht etwas blauäugig, aber oft durfte ich auch feststellen, dass ich trotz Widerspruch Recht behalten habe", sagt er und ist sich bewusst: „Ich bin nicht unbedingt der diplomatischste Mensch auf dieser Welt. Das musste ich schmerzhaft lernen, aber dafür musste ich mich auch nie verbiegen und die Menschen wussten immer, mit wem sie es zu tun haben."
„Man verliert Freunde, weil man keine Zeit mehr für sie hat"
Das wussten vor allem auch die vielen Spielerinnen und Spieler, die er nach Bischmisheim lotste. Einige wie beispielsweise Michael Fuchs, Mark Zwiebler oder Marvin Seidel sind ihm ans Herz gewachsen. „Sie sind für mich wie eigene Kinder", sagt Liedke, der selbst keine Kinder hat und ergänzt: „Es ist schön, wenn die Spieler, mit denen man so etwas erreicht hat, das auch wertschätzen." Der emotionalste Moment seiner jahrzehntelangen Funktionärslaufbahn hat deshalb auch mit einem seiner Schützlinge zu tun: Die Verabschiedung von Huaiwen Xu im Sommer 2009. Es war einer der seltenen Momente, in denen der sonst so harte Manager Frank Liedke seinen weichen Kern preisgab und sogar Tränen in den Augen hatte. „Wenn man jemanden, mit dem man so lange zusammenarbeitet hat und den man als Mensch auch privat kennen- und schätzen gelernt hat, ziehen lassen muss, dann fehlt ein Stück Familie", erinnert er sich und man spürt, wie nah ihm dies noch immer geht.
Die schönen, aber auch die bitteren Momente in Verbindung mit dem Sport sollen allerdings weniger werden. Frank Liedke hat sich fest vorgenommen, seinen „dritten Lebensabschnitt" ohne Termindruck mit Dingen anzugehen, „die ich seit 30 Jahren nicht gemacht habe. Auch nicht im Urlaub, wo man letztlich auch Vereinsarbeit gemacht hat." Einen Italienisch-Kurs belegen und reisen gehört genauso dazu wie einfach mal mit Freunden zu grillen oder einen Kaffee zu trinken. „Man verliert Freunde, weil man keine Zeit mehr für sie hat", weiß er aus eigener Erfahrung und mahnt: „Den Zerfall von Freundschaften merkt man anfangs gar nicht. Irgendwann wird es dann zu einem Problem." Den Prozess der Weitergabe von Verantwortung an andere wollte Liedke eigentlich schon vor 20 Jahren einleiten. „Ich habe es aber einfach nicht geschafft", gesteht er, „Es ist einfach eine Herzenssache. Oft gehen Vereine, die jahrelang aufgebaut wurden, plötzlich wie die Titanic unter, wenn der vorderste Mann das Schiff verlässt. Das wollte ich unbedingt vermeiden." Mittlerweile sieht er dies anders und weiß, dass die nachfolgende Generation einiges anders machen wird, „aber das ist okay. Damit muss man klarkommen."
Im Großen und Ganzen blickt der Sachgebietsleiter Lichttechnik, Ausstattung und Maske beim Saarländischen Rundfunk positiv auf das bisher Geleistete zurück: „Ich konnte schon ein Stück von dem zurückgeben, was ich als Jugendlicher mit dieser Sportart erfahren habe", sagt er voller Dankbarkeit für die Personen, die ihn gefördert und unterstützt haben: „Wenn ich einmal abdanke, dann gehe ich in vollster Zufriedenheit. Ich brauche keinen, der mir auf die Schulter klopft oder Orden um den Bauch hängt. Mir ist wichtig, wenn ich dazu beitragen konnte, dass Kinder begeistert Sport treiben – egal in welcher Sportart – und dass so der soziale Zusammenhalt unserer Gesellschaft Bestand hat." Unsere Gesellschaft bestehe nicht nur im Sport aus Menschen, „die bereit sind, anderen zu helfen und Dinge in Angriff zu nehmen, deren Umsetzung man zunächst für unmöglich hält." Das hat Frank Liedke schon geschafft.