Über eine Milliarde Badminton-Fans weltweit verfolgen jedes Jahr das traditionelle Weltklasse-Badmintonturnier in der Saarbrücker Saarlandhalle. 2023 spielt es für viele Top-Athleten eine besonders wichtige Rolle.
Die Genugtuung ist hörbar: „Wir sind als Turnier überbucht. Also alle Disziplinen sind voll besetzt und es gibt Nachrücker-Listen“, freut sich Frank Liedke. Der Turnierdirektor der Hylo Badminton Open ist stolz, dass wieder einmal die Besten der Besten in Saarbrücken gegeneinander antreten werden. Bis auf den Weltranglisten-Ersten Victor Axelsen sind die Top 40 der Männer und Frauen beim traditionellen Weltklasse-Turnier, das zwischen dem 31. Oktober und 5. November in der Saarbrücker Saarlandhalle ausgetragen wird, am Start. Darunter das frisch gebackene Vizeweltmeister-Doppel der Herren aus Dänemark, Kim Astrup und Anders Skaarup Rasmussen, und die Einzel-Weltmeisterin von 2014, 2015 und 2018, Carolina Marin aus Spanien. Als Turnier der Kategorie „BWF Tour Super 300“ gehören die Hylo Badminton Open zu den Topturnieren der Welt. Es geht um insgesamt 210.000 US Dollar Preisgeld, und es wird weltweit übertragen. Auch der Kartenvorverkauf brummt schon.
Der Blick geht Richtung Olympia
Da es in diesem Jahr ein offizielles Qualifikationsturnier für die Olympischen Spiele 2024 in Paris ist, hat das Traditionsturnier im Saarland auch für die Topstars einen besonderen Reiz. „Wir haben in diesem Jahr eine unglaubliche Leistungsdichte. Viele von denen, die sich für Paris qualifizieren werden, sind auch schon bei uns am Start“, sagt Frank Liedke. „Allein China kommt mit über 55 Athletinnen und Athleten und damit mit der größten Delegation, die jemals in Saarbrücken teilgenommen hat“, berichtet Liedke. Darunter drei Damen-Doppel, die sich gute Chancen für die Olympia-Quali ausrechnen – allerdings sind maximal zwei Startplätze pro Land möglich. Darüber hinaus sind viele weitere asiatische Länder vertreten wie Indien, Taiwan, Indonesien, Thailand, Malaysia, Singapur oder Hongkong. Dort ist der Badmintonsport mitunter Volkssport Nummer eins, weshalb viele in Deutschland lebende Asiaten die Hylo Badminton Open vor Ort besuchen werden. Es werden aber auch Top-Athleten aus Frankreich, England, Brasilien, USA und Israel mitspielen.
„Alle Länder, die eine Olympiateilnahme zum Ziel haben, sind da. Es wird eine ganz spannende Woche“, freut sich Liedke, merkt aber auch an: „Das wird für unsere deutschen Athleten schon eine Herausforderung. Sie brauchen die Punkte für die Olympia-Qualifikation.“ Aufgrund der hohen Qualität und Quantität an Meldungen für die Einzel- und Doppelwertungen werden nur wenige Spielerinnen und Spieler aus Deutschland teilnehmen. Mit dabei sind neben Saarländer Marvin Seidel auch dessen Vereinskameradinnen vom amtierenden Deutschen Mannschaftsmeister 1. BC Saarbrücken-Bischmisheim, den Doppel-Partnerinnen Isabel Lohau und Linda Efler, sowie Mark Lamsfuß, mit dem Seidel 2022 Doppel-Europameister wurde. Das Problem: Lamsfuß, der als ebenfalls amtierender Europameister im Mixed zusammen mit Lohau antreten wird, wurde im Frühsommer von einer Knieverletzung zurückgeworfen. Seit Beginn des Qualifikationszeitraums Anfang Mai 2023 rutschen Lamsfuß/Lohau im Mixed von Platz 12 auf 24 der Weltrangliste. Im Herrendoppel mit Marvin Seidel ging es von Position 16 auf 23. Um sich für die Spiele in Paris zu qualifizieren, müssen sie in der bereinigten Weltrangliste, also ohne Kontrahenten, die aufgrund der Länderquote nicht dabei sein dürfen, zu den besten 13 gehören. „Die HYLO Open als Heimturnier sind natürlich per se sehr wichtig für uns“, sagt Lamsfuß: „Durch den kleinen Rückschlag mit meinem Knie liegt der Fokus jetzt aber noch mehr auf der Turnierserie im Herbst und ich hoffe sehr, dass wir vor heimischer Kulisse ein erfolgreiches Turnier auf Top-Niveau spielen können.“
Das hofft selbstverständlich auch Turnierdirektor Frank Liedke. „Unsere Jungs und Mädels müssen zusehen, dass sie in der Weltrangliste möglichst schnell möglichst weit nach vorne kommen“, weiß er und ergänzt: „Hier wird vor allem die Auslosung der ersten Runde eine entscheidende Rolle spielen: Wenn sie Pech haben, treffen sie gleich im ersten Spiel auf ein Duo aus den Top Fünf. Und dann wird es ganz schön schwer, noch weit zu kommen.“
Großes Interesse in Asien
Wie jedes Jahr werden die Spiele des Turniers auch 2023 per Videostream online übertragen und auch von TV-Sendern in Badminton-begeisterte Länder übertragen. Im vergangenen Jahr wurden so insgesamt 1,12 Milliarden Haushalte erreicht. Vor allem Fans in den asiatischen Hochburgen, aber auch in Nordamerika war das saarländische Turnier präsent. „Das ist absolut irre“, findet Liedke und erklärt: „Die Begeisterung für Badminton in diesen Ländern ist vergleichbar mit der für Fußball in unserer Region. Nur, dass hier allein schon durch die Einwohnerzahlen von China und Indien mit insgesamt rund 2,5 Milliarden Menschen ganz andere Dimensionen möglich sind.“ Der entsprechend hohe monetäre Rücklauf aus der Vermarktung ist inzwischen ein wesentlicher Bestandteil der Finanzierung der Veranstaltung. „Ohne diese Einnahmen könnten wir das Turnier gar nicht umsetzen“, sagt Liedke sogar.
Apropos Fußball: Wie schon 2021 findet während des Turnierzeitraums im benachbarten Ludwigsparkstadion ein Fußballspiel mit großem Zuschaueraufkommen statt: Am Mittwoch, 1. November, gastiert Rekordmeister FC Bayern München zum DFB-Pokal-Zweitrundenspiel beim 1. FC Saarbrücken. Das Spiel wird um 20.45 Uhr und damit etwas später als ursprünglich geplant angepfiffen. „Die Bayern haben quasi das Feld geräumt, damit die Hylo Open nicht behindert werden – das ist doch auch mal was“, sagt Liedke und lacht: „Spaß beiseite, ganz so ist es natürlich nicht. Aber für uns stehen die Zeichen gut, sie deuten auf ein ganz tolles Turnier während einer tollen Woche in Saarbrücken hin.“ Schon 2021 wurden im Vorfeld des Turniers Sicherheitsbedenken laut, weil an einem Tag das Fußball-Drittliga-Derby zwischen dem 1. FC Saarbrücken und dem 1. FC Kaiserslautern stattfand. Am Ende lief dabei alles weitestgehend reibungslos ab.
„Es ist angerichtet, die Show kann losgehen. Das Saarland ist eine Woche lang in einem positiven Kontext im Fokus der sportlichen Weltöffentlichkeit. Es gibt kaum eine vergleichbare Veranstaltung, die so viele Zuschauer über unterschiedliche Plattformen vor die Endgeräte lockt wie unser Turnier“, sagt Frank Liedke stolz und ergänzt: „Wir freuen uns drauf und hoffen auf gute Stimmung – wobei dies bei so vielen Asiaten in der Halle fast schon ein Selbstläufer sein wird. Wer einmal miterlebt hat, wie asiatische Badmintonfans feiern können, der wird das nie vergessen.“