Das traditionelle Weltklasse-Badmintonturnier „Hylo Open" in der Saarbrücker Saarlandhalle ist 2022 so stark besetzt wie noch nie. Das liegt auch am steigenden Bekanntheitsgrad in der Szene.
Die Stimmung ist großartig: „Wir haben über alle Kategorien hinweg ein gigantisches Meldefeld", jubiliert Frank Liedke. Der Turnierdirektor der Hylo Badminton Open ist stolz, dass beispielsweise im Herren-Einzel in Saarbrücken die Besten der Besten gegeneinander antreten werden. Nur der Weltranglisten-Erste und der -Fünfte nehmen nicht am traditionellen Weltklasse-Turnier, das zwischen dem 1. und 6. November in der Saarlandhalle ausgetragen wird, teil. „Seitens der Sportlerinnen und Sportler gibt es aufgrund der vielen Ausfälle während der Corona-Pandemie einen großen Nachholbedarf", mutmaßt Liedke.
Apropos Corona. Obwohl die Corona-Zahlen im Saarland in die Höhe schnellen, gibt es bei der Veranstaltung fast keine Restriktionen. Vor einem Jahr sah dies noch anders aus, als das Turnier mit einer umfassenden Teststrategie sowie strengen Abstands- und Hygieneregeln umgesetzt wurde. „Man weiß ja vorher nie, was kommt. Deshalb haben wir alles in zwei Bereiche unterteilt", sagt Liedke und erklärt: „Zu Bereich A zählt alles, was mit dem Spielbetrieb zusammenhängt und Bereich B ist das Publikum. Beides wird strikt getrennt und ansonsten wird die Veranstaltung wieder sein wie vor der Pandemie, also 2019." Aufgrund der hohen Qualität und Quantität an Meldungen für die Einzel- und Doppelwertungen werden aus Deutschland nur zwei Herren-, zwei Damen-Doppel sowie drei Mixed und eine Dame im Einzel antreten. „Das liegt vielleicht auch daran, dass wir letztes Jahr ein Turnier der BWF Tour Super 500 durchgeführt hatten, also mit höheren Anforderungen und mehr Preisgeld", meint Liedke und ergänzt: „Viele kamen daraufhin zum ersten Mal nach Saarbrücken und haben es hier wohl als sehr angenehm empfunden." Die sportlichen Hoffnungen beruhen auf Isabel Lohau (geb. Herttrich) und Mark Lamsfuß, den amtierenden Europameistern und WM-Dritten im Mixed, sowie den Europameistern im Herren-Doppel, Lamsfuß und Saarländer Marvin Seidel.
Großer Nachholbedarf seitens der Sportler
Je größer umso professioneller wird das Traditionsturnier. Das schon im vergangenen Jahr eingeführte eigene Fernsehstudio für eigene Produktionen wird dieses Jahr noch größer. Hier werden Talkrunden und Sieger- und Verlierer-Interviews direkt nach den Spielen durchgeführt und in unterschiedliche Sprachen übersetzt. Liedke geht davon aus, dass das Turnier hier – wie schon in anderen Bereichen der Einsatz digitaler Bandenwerbung – ein Vorreiter für weitere Events des Badminton-Weltverbandes BWF sein könnte. Letztes Jahr wurden in Zusammenarbeit mit dem Unternehmen Infront 861 Stunden Filmmaterial aus Saarbrücken auf unterschiedlichen Kanälen in 38 Länder der Welt gesendet. Allein über das Portal Sportdeutschland.tv schalteten sich über eine halbe Million Badmintonfans zu. Weitere Neuerungen sind das „elektronische Auge" zur Unterstützung der Schiedsrichter, die Austragung auf drei von allen Zuschauern einsehbaren Courts, dem Ausbau des Messebereichs, wo mehr Händler und Hersteller Badminton-spezifische Produkte präsentieren können, sowie die Verlegung der legendären „Players Night" in die Business-Lounge des benachbarten Ludwigsparkstadions.
„Natürlich geht durch das Wachstum der Veranstaltung der ursprünglich familiäre Charakter etwas verloren. Das lässt sich aber nicht verhindern, wenn man die Weltspitze einer Sportart ins Land holen und diese Maschine über zehn Tage am Laufen halten will", sagt Frank Liedke: „Früher konnte man vieles noch selbst und mit der Unterstützung von Ehrenamtlichen stemmen, heute braucht man für fast alles Spezialisten. Früher hat eine Spielermama zwei Kuchen für den Verkauf gebacken und hat selbst am Einlassschalter geholfen. Heute haben wir ein elektronisches Ticketsystem." Inzwischen kostet das Turnier rund 700.000 Euro – allein 200.000 US-Dollar fallen für die Preisgelder an. Als „500er"-Turnier wären es 2023 sogar über 400.000 US-Dollar. Sponsoren, allen voran Hauptsponsor Ursapharm, das Landesinnenministerium und der Weltverband BWF unterstützen die Ausrichter mit finanziellen Mitteln. Trotzdem gehören zu den zwischen 150 und 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die pro Turniertag im Einsatz sind und insgesamt 28 Arbeitskreisen angehören, auch noch einige Ehrenamtliche.
200.000 Dollar insgesamt an Preisgeld
Alles in allem ist Frank Liedke mit den Vorbereitungen zufrieden. Sorgen machen ihm mit Blick auf künftige Ausgaben des Turniers nur die Hallenkosten, die angesichts der Energie-Krise explodieren werden.
Der Verein plant nämlich, im Frühjahr 2024 – zusätzlich zu den Hylo Open im Spätherbst – Europameisterschaften in der Saarlandhalle auszutragen. Es wäre das letzte Turnier vor den Olympischen Spielen in Paris im Sommer des gleichen Jahres und könnte nicht nur der hiesigen Badminton-Szene, sondern dem ganzen Bundesland weltweite Aufmerksamkeit und Anerkennung bringen. Außerdem verhandelt der Turnierdirektor mit den Verantwortlichen der BWF darüber, die Hylo Open ab 2023 dauerhaft als Turnier der BWF Tour Super 500 (derzeit: Super 300) umzusetzen. Und das, obwohl das Turnier in Saarbrücken das einzige dieser Serie wäre, das von einem Verein organisiert und umgesetzt wird und nicht von nationalen Verbänden oder professionellen Agenturen. Da der namensgebende Hauptsponsor sogar als Fernziel ein Turnier der Kategorie BWF Tour Super 750 anstrebt, scheint dieses Szenario jedoch nicht unwahrscheinlich. Vorausgesetzt, die Energiekosten halten sich im Rahmen.