Moritz Reichert hat einen großen Traum: Er will 2024 mit der deutschen Volleyball-Nationalmannschaft an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen. Dafür ist allerdings noch einiges zu tun.
Der beste saarländische Volleyballer der Welt heißt Moritz Reichert, ist 28 Jahre alt und stammt aus Lebach. Nach einigen hochkarätigen Stationen in Deutschland wie VfB Friedrichshafen (2014/2015), United Volleys Rhein-Main (2015 bis 2017) und Berlin Recycling Volleys (2018 bis 2020) spielt der beim TV Lebach und TV Bliesen ausgebildete 1,95 Meter-Mann seit drei Jahren bei Topclubs im Ausland.
Wieder im deutschen Nationalteam
Sein Vertrag beim französischen Erstligisten Tourcoing Lille Métropole Volley-Ball läuft aus, mit einem neuen Verein in Frankreich befindet sich der Ex-U19-Weltmeister im Beachvolleyball derzeit in aussichtsreichen Verhandlungen. Bereits in der Spielzeit 2017/2018 war er in Frankreich aktiv, damals bei Tours Volley-Ball. Gegen seinen Ex-Club schied Reichert in der abgelaufenen Saison sowohl im Pokal als auch in den Play-offs um die französische Meisterschaft aus. Beide Wettbewerbe konnte Tours später gewinnen. „Zu den besten vier zu gehören, war auch unser Saisonziel“, sagt er, merkt aber auch an: „Wenn wir es geschafft hätten, während der Hauptrunde etwas konstanter zu spielen, hätten wir uns eine bessere Ausgangssituation für die Play-offs schaffen können und wären erst später auf Tours getroffen.“ Nach wenigen Wochen der Erholung wird Moritz Reichert einen Großteil des Sommers wieder mit der deutschen Nationalmannschaft verbringen. Angefangen mit der im Juni und Juli ausgetragenen Nations League.
Vor seinem Wechsel nach Frankreich spielte Reichert zwei Jahre lang bei Trefl Gdansk in der polnischen Liga – eine der stärksten der Welt. „Das war sportlich schon eine super Erfahrung. Volleyball hat in Polen einen viel höheren Stellenwert als in anderen Ländern“, berichtet er, „Es war nur schade, dass insbesondere das erste Jahr unter den Bedingungen der Corona-Pandemie stand und man ohne Zuschauer spielen musste.“ In seiner zweiten Saison in Danzig sah es schon wieder anders aus, da lernte er die Emotionalität der polnischen Fans kennen: „Es war echt cool, das so mitzuerleben. Aber leider lief es sportlich in der zweiten Saison eher so lala.“ Insbesondere die Sprachbarriere machte Reichert in Polen zu schaffen. „In der kurzen Zeit konnte ich die Sprache nicht wirklich lernen. Die Stadt an sich hat mir sehr gut gefallen, aber die ganze Kultur ist doch eine deutlich andere als in Deutschland, Frankreich oder Italien wo ich mich etwas wohler fühle“, gibt er zu. Es folgte der Wechsel nach Lille – wohl dem, der sich seinen Arbeitsplatz auf diese Weise nahezu selbst aussuchen kann.
„In Lille hat es sportlich und auch auf der persönlichen Ebene gut gepasst. Ich war auch nicht mehr so weit vom Saarland entfernt“, findet Reichert. Mittlerweile spricht er sogar ganz passabel Französisch. Auch deshalb hat er sich dazu entschieden, ein weiteres Jahr in Frankreich zu spielen. Doch warum nicht gleich in Lille, wenn doch alles gepasst hat? „Das Volleyball-Geschäft ist leider noch etwas kurzlebiger als es beispielsweise im Fußball der Fall ist“, erklärt er: „Ich könnte mir schon vorstellen, etwas länger in Frankreich zu bleiben, aber es werden üblicherweise Ein- oder maximal Zweijahresverträge abgeschlossen statt auch mal über vier oder fünf Jahre. Daran gewöhnt man sich, aber es schränkt die Planungsmöglichkeiten natürlich ein.“
Was er für die kommende Saison plant, ist allerdings schon recht konkret: „Ich möchte mindestens bis ins Finale kommen – am liebsten natürlich die französische Meisterschaft gewinnen“, sagt er selbstbewusst. Mit welchem Club das gelingen soll, lässt er offen: „Noch kann ich dazu nichts sagen.“ Was er hingegen sagen kann, ist: „Langfristig würde es mich schon reizen, mal in Italien zu spielen.“ Neben der in Polen gehört auch die italienische Liga zu den stärksten der Welt.
Apropos die „Stärksten der Welt“. Mit denen misst sich Moritz Reichert auch als fester Bestandteil der deutschen Nationalmannschaft. Zunächst in der Nations League, dann von Ende August bis Anfang September bei der Europameisterschaft und bis Anfang Oktober bei der Olympia-Qualifikation. „Unser ganz großes Ziel ist die Teilnahme an den Olympischen Spielen 2024 in Paris“, stellt Reichert klar. Wohlwissend, dass sich ein deutsches Team zuletzt für die Spiele in London 2012 qualifiziert hatte und dass die Qualifikationsrunde hart wird: In ihrer Achter-Gruppe trifft die deutsche Nationalmannschaft unter anderem auf die Topteams aus Brasilien und Italien. In der Qualirunde für die Spiele in Tokio 2021 scheiterte Deutschland knapp am späteren Olympiasieger Frankreich. Direkt für die Spiele in Paris qualifizieren sich nur der Erst- und Zweitplatzierte einer Gruppe. „Um das zu schaffen, müssen wir eines dieser beiden Länder schlagen“, weiß Reichert. Allerdings besteht auch noch die Möglichkeit, das olympische Ticket über die Weltrangliste zu buchen: „Deshalb ist auch die jetzt anstehende Nations League wichtig. Dort können wir Punkte für die Weltrangliste sammeln“, erklärt Reichert und gibt zu: „Ich hoffe, dass wir es schaffen. In Paris dabei zu sein, wäre die Erfüllung eines Traums – und das auch noch so nah am Saarland.“
Nahtloser Einstieg ins Berufsleben
Dass das Träumen von großen Zielen und das Profisportler-Leben an sich irgendwann ein Ende hat, weiß Moritz Reichert natürlich. Dafür hat er auch schon vorgesorgt und parallel im vorletzten Jahr seinen Bachelor in Immobilienmanagement gemacht. Derzeit arbeitet er an seinem Masterabschluss. „Wenn alles glatt läuft, wäre ich Mitte 2024 mit allem durch. Das gibt mir schon eine Sicherheit für den Fall, dass es mit der Karriere auf einmal vorbei sein kann“, sagt er und erläutert: „Beim Volleyball ist auch die Verletzungsgefahr nicht so hoch wie in anderen Sportarten. Aber falls es irgendwann nicht weitergehen kann, habe ich die Möglichkeit, nahtlos in das Berufsleben einzusteigen.“
Ein zeitliches Limit will er sich dafür aber nicht setzen: „Solange der Körper mitmacht, es mir Spaß macht und ich mich dabei wohlfühle, möchte ich noch Volleyball spielen.“ Vor dem Hintergrund, seine große Leidenschaft zum Beruf gemacht zu haben, weiß Reichert die Privilegien zu schätzen, die er genießt: „Klar ist: Auch, wenn ich in Zukunft mal einen Job finden werde, der mir richtig viel Spaß macht, ist klar: So genießen, wie das Leben als Volleyballer derzeit, werde ich nie wieder. Deshalb möchte ich das so lange weitermachen wie es geht.“