Beim Katar-Sprint samstags hat er sich mit Platz zwei den dritten WM-Titel gesichert, sonntags rast er im Grand Prix als Zugabe zu seinem 49. Formel-1-Sieg. Seine historische Triumphbilanz will Red-Bull-Superstar Max Verstappen am Sonntag beim US-GP in Austin/Texas mit einem Jubiläumserfolg fortsetzen.
Ein sechster Platz mit drei mickrigen WM-Pünktchen im Samstags-Sprint in Katar auf dem Losail International Circuit hätten ihm schon genügt, seinen dritten WM-Titel in Folge einzufahren. Aber Max Emilian Verstappen wollte mehr, seinen dritten WM-Titel unbedingt mit einem Sieg sicherstellen. Aber es kam anders. Der „Quicki“ über 19 Runden und 100 Kilometer wurde für Verstappen nicht zur Triumph-Fahrt, aber „Bulle Max“ schaffte es, sich von Startplatz sechs noch auf Rang zwei vorzukämpfen. Durch den Ausfall seines Stallgefährten Sergio Pérez musste sich der Bullen-Chefpilot nur Überraschungssieger und F1-Frischling Oscar Piastri (Australien/McLaren) geschlagen geben. Dessen Teamkollege Lando Norris (Großbritannien) wurde Dritter.
Dem Zweitplatzierten Verstappen fehlten nach seinem Ausstieg aus seinem „Bullen-Biest“ zunächst die Worte. „Uff, ich weiß gar nicht so recht, was ich sagen soll. Drei Titel, das war ziemlich aufregend. Leider hatten wir einige Safety-Car-Phasen, sonst wäre vielleicht mehr möglich gewesen. Aber ich hatte Spaß da draußen, und wir haben den Titel im Trockenen, also bin ich sehr zufrieden.“
Mehr als zufrieden über die „sensationelle Leistung“ des alten und neuen Weltmeisters zeigte sich Red-Bull-Motorsportchef und Teamberater Helmut Marko. „Ich bin überwältigt. Es ist unglaublich. Wir, Red Bull, sind jetzt seit zehn Jahren zusammen, und was da erreicht wurde, ist in der Geschichte der Formel 1 sicher einmalig. Max ist jetzt 26 Jahre, und er kann noch einiges bewirken“, so der Doktor der Rechtswissenschaft nach Verstappens drittem WM-Titel bei Sky.
Auf die Frage, was ihn, den Red Bull-„Doktor“, an Verstappen so besonders beeindruckt? „Dass er sich seit dem ersten WM-Titel unglaublich weiterentwickelt hat, gleichzeitig eine gewisse Gelassenheit gefunden hat. Was so faszinierend für mich ist, dass es bei Max immer wieder Steigerungen gibt, und dass er die Siege mit einer gewissen Leichtigkeit und Souveränität herausfährt. Und deshalb kann man ihn schon mit den ganz Großen vergleichen“, so der 80-jährige Österreicher aus Graz.
Lobeshymne von Alonso
Eine Lobeshymne auf den Dreifach-Champion stimmte Zweifach-Champion Fernando Alonso an. Der Aston-Martin-Pilot, 2005 und 2006 Weltmeister mit Renault, gratulierte „für so viele Rekorde, die Max gebrochen hat. Und er hat nicht nur leichte Rennen gewonnen, sondern auch den Job erledigt, dem man viel Respekt abnötigt“, so die Anerkennung des 42-jährigen F1-Methusalems für den 26-jährigen Jungspund, Selbst Verstappens Rivale aus dem eigenen Bullen-(Renn)Stall, „Checo“ Pérez, lobte seinen übermächtigen Gegner über den grünen Klee: „Max hat einen herausragenden Job gemacht. Er ist auf einem anderen Level im Vergleich zu allen anderen Fahrern“, so der aktuelle WM-Zweite. Für Ex-Formel 1-„Gottvater“ Bernie Ecclestone, bis 2017 F1-Zirkusdirektor und dann vom US-Rechteinhaber Liberty Media entmachtet, ist „Max ein Superstar“, und für den es jemals keinen Fahrer gab, „der so gut war wie Max es heute ist“, so der 92-jährige F1-Superfan. Verstappens einziger Verfolger Pérez (Mexiko) hätte den Red-Bull-„Überflieger“ zumindest rechnerisch noch einholen können und den Titel-Triumph seines Bullen-Rivalen aufschieben können. Doch nach dem Sprint-Ausfall des Mexikaners war die Messe gelesen, die Wiese gemäht und der Drops gelutscht.
Verstappen ist ein Samstags-Weltmeister – ein Champion mit Kuriosität. Dass ein F1-Weltmeister an einem Samstag gekürt wird, ist aber kein Novum. So ist der 26-jährige Max zum ersten Fahrer seit Nelson Piquet zu einem Champion an einem Samstag gekürt worden. Der Brasilianer schaffte dies bei seinen drei Titeln sogar zweimal, 1981 beim Rennen in Las Vegas und 1983 in Südafrika. Erst danach setzte die Formel-1-Rennen dauerhaft an Sonntagen an.
Obwohl noch sechs Grands Prix bis zum Saisonende (26. November in Abu Dhabi) zu absolvieren sind, ist Verstappen nicht mehr vom Platz an der Sonne in der Gesamtwertung zu verdrängen. Der nächste Grand Prix wird am Sonntag (21 Uhr/Sky) als 18. Saisonlauf in Austin, im US-Staat Texas, ausgefahren.
Nach seinen WM-Triumphen 2021 und 2022 steigt der „fliegende Niederländer“ zum neuen Serien-Champion auf. Der „stramme Max“ ist der elfte Pilot mit mindestens drei Titeln in der Königsklasse. Drei WM-Pokale in direkter Folge konnten sich vor dem „Super-Bullen“ erst vier andere Piloten in ihren Trophäenschrank stellen: Michael Schumacher, Sebastian Vettel, Lewis Hamilton und der Argentinier Juan Manuel Fangio. Mit drei WM-Titeln steht „Max V.“ auf einer Stufe mit F1-Größen wie Senna, Lauda, Stewart und Nelson Piquet (71), dem Vater seiner Lebensgefährtin Kelly. Das brasilianische Model, Kolumnistin, Bloggerin und PR-Expertin ist eines der sechs Kinder von verschiedenen Frauen des früheren F1-Stars. Kelly Piquet erblickte am 7. Dezember 1988 in der saarländischen Uniklinik Homburg als Tochter der holländischen Model-Mama Sylvia Tamsma Piquet Souto Maior (heute 69) das Licht der Welt. Papa Nelson (heute 71) und Model-Mama Sylvia lebten kurzzeitig im Saarland.
Für den dritten Verstappen-Titel gab es nicht nur Bewunderung und Anerkennung sondern auch Kritik, weil seine WM-Krönung an einem Samstag in einem Sprint, einem „Quicki-Rennen“ über 100 Kilometer, erfolgte. So schrieb das britische Boulevardblatt The Sun: „Verstappen gewinnt seinen dritten Titel ohne einen Grand Prix zu bestreiten.“ Die italienische Sportzeitung „Tuttosport“ sieht Verstappen als „Menschenfresser, der einen Rekord nach dem anderen mit einer unglaublichen Leichtigkeit bricht, während Ferrari in der Krise versinkt.“ Die „Gazzetta dello Sport“ (Italien) berichtet von einem „königlichen Verstappen in Katar. Siege und Titel hat er einem außerirdischen Auto zu verdanken.“
Ein unnötiger Rennsport?
Diese „außerirdischen Autos“ und die Formel 1 generell werden immer lauter angeprangert. Wie umweltfreundlich oder unnötig ist dieser Rennsport, lautet die Frage immer öfter und lauter. Wir versuchen, eine Antwort zu geben und haben herausgefunden:
Klimaschutz, Klimawandel, Treibhauseffekt – in all diesen Themen spielt ein Begriff eine zentrale Rolle: Kohlendioxid, kurz CO2. In der Saison 2019, also vor Corona, gab die Formel 1, nach eigener Darstellung ihren CO2-Ausstoß mit einem Äquivalent von 256.551 Tonnen an. 0,7 Prozent entstehen durch den Verbrauch der Rennwagen, 73 Prozent durch Logistik und Verkehr. CO2-Experten haben einen Vergleich herausgefunden: Eine Fußball-WM schadet der Umwelt so viel wie acht bis zehn Formel-1-Saisons. Ab 2026 laufen die F1-Motoren mit nachhaltigem synthetischem CO2-neutralem Treibstoff. Doch wie auch bei anderen Sportarten ist die Logistik der größte Faktor für den CO2-Ausstoß. Die Königsklasse des Motorsports, also die Formel 1, will bis 2030 vollständig klimaneutral sein. Die Umweltorganisation Greenpeace hält dieses Vorhaben für Etikettenschwindel – und macht der Formel 1 zum Teil schwere Vorwürfe. Hart ins Gericht mit der Formel 1 geht Benjamin Stephan. Der Verkehrsexperte von Greenpeace sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur nach der Sommerpause: „Die Formel 1 sieht, dass sie sich zum Klimaschutz verhalten muss, aber sie tut das nur oberflächlich. Wenn die Formel 1 Nachhaltigkeit nicht nur als Feigenblatt nutzen will, muss sie die CO2-Bilanz des gesamten Rennzirkus überdenken. Sie sollte sich stärker regionalisieren, statt wie im kommenden Jahr sogar 24 Rennen austragen und Massen von Menschen und Material um die Welt zu fliegen.“ Der Verkehrsexperte lässt kein gutes Haar am aktuellen (Klimaschutz)-Zustand der Formel 1 und ledert los: „Wenn sich die Formel 1 nicht grundsätzlich neu aufstellt und akzeptiert, dass sich die Identität der Rennserie verändern muss, dann meint sie es nicht ernst mit dem Klimaschutz. Formel-1-Technologien, die uns bei der Mobilitätswende nicht weiterbringen, senden die falsche Botschaft. Bisher haben die Vorhaben der Formel 1 für mich nur kosmetischen Charakter und sind nicht viel mehr als Greenwashing.“ Unter dem Begriff Greenwashing versteht man im Kern einen Etikettenschwindel mit Nachhaltigkeitszielen.
„Vom Saulus zum Paulus“
Was die Formel 1 angeht, hat F1-Rentner Sebastian Vettel, in Sachen Klima- und Umweltschutz vom „Saulus zum Paulus bekehrt“, eine klare Meinung, denn der Sport könnte noch viel mehr für den Umweltschutz tun. In einem Interview der „F.A.Z.“ hatte der viermalige Weltmeister die Formel 1 aufgefordert, viel schneller zu reagieren und ihr technisches Potenzial für Lösungen zu nutzen.
Als Rennfahrer plagten ihn starke Gewissenskonflikte wegen der Unverträglichkeit seines Berufs mit dem Umweltschutz. Zuletzt 2022 noch in Diensten von Aston Martin sah er sich in einem enormen Konflikt zwischen seinem Beruf und seinem Engagement für den Umweltschutz. „Ein Auto zu fahren, ist meine Leidenschaft, und jedes Mal, wenn ich in ein Auto steige, liebe ich es“, erklärte Vettel in einer Talksendung des britischen Fernsehens. „Aber, wenn ich aus dem Auto aussteige, denke ich natürlich auch: Ist das etwas, was wir machen sollten.“ Und der „Auto-Aussteiger“ stellte sich die Frage: „Müssen wir um die Welt reisen und Ressourcen verschwenden?“ Und er gestand in dieser BBC-Talkrunde kompromisslos: „Ja, ich bin ein Heuchler“, weil er sich zwar für Umweltschutz einsetzt, gleichzeitig aber Tausende Kilometer um die Welt jettet, um dort Auto zu fahren. Er sei auch „kein Heiliger. Ich mache mir Sorgen um die Zukunft. Wenn ich sehe, wie sich die Welt verändert hat und wie die Zukunft aussieht, dann verstehe ich, dass ein Teil meiner Leidenschaft, meines Jobs, mit Dingen zu tun hat, von denen ich kein Fan bin“, gesteht Vettel – und offenbart: „Die Fragen um Energie und die Abhängigkeit von Energie beschäftigen mich. Wir müssen aufhören, von Energie abhängig zu sein. Und das können wir. Es gibt Lösungen dafür.“