Marcin Ratajczak ist der Co-Gründer von Inuru. Zusammen mit Patrick Barkowski gründete er 2012 eine Hightechfirma, die auf Lichttechnik basierende elektronische Anzeigen herstellt.
Herr Ratajczak, woher kommt der Name Inuru?
Das ist ein Kunstwort, das wir aus dem Sumerischen abgeleitet haben. Es bedeutet so viel wie „Im Licht“ oder „Erleuchtet“. Das Sumerische war die erste geschriebene Sprache überhaupt auf der Welt. Wir von Inuru haben die erste Sprache entwickelt, die mit Licht kommuniziert – das ist der Zusammenhang.
Sie bringen Papier zum Leuchten und Bilder in Bewegung. Wie funktioniert das?
Die Technologie die wir verwenden nennt sich OLED, das sind organische Leuchtdioden. Die werden aktuell auch im neuen iPhone X verwendet. Das ist also eine Display-Technologie. Wir machen diese Technologie druckfähig, wie Tinte auf Papier.
Ist das mehr als ein Gag?
Es würde tatsächlich lediglich ein Gag bleiben, wenn wir es auf Dauer nicht schafften, die Technik zum Preis der heutigen Druckerfarbe anzubieten. Wir wollen leuchtendes Papier als eine Standardtechnik der Kommunikation anbieten, genauso wie heute ganz normale Farbe gedruckt wird. Der Clou wird sein, intelligente Inhalte auf Verpackungen darstellen zu können.
Was heißt das genau?
Auf gut Deutsch heißt das, wir können in Zukunft ein ganzes Display auf eine Verpackung drucken und mit Inhalten aufladen. Dann ist das überhaupt kein Gimmick mehr, sondern eine komplett neue Werbemöglichkeit und ein Element, das Logistik-Kosten spart.
Momentan leuchtet Ihr Papier „nur“ – Sie sprechen aber schon von Inhalten, die kommuniziert werden sollen. Klingt für mich wie ein kleiner Computer …
Ja genau, das funktioniert im Endeffekt wie ein Tablet auf Papier. Das läuft jetzt bei uns schon unter Laborbedingungen. Mit den ersten Produkten rechnen wir im Jahr 2019. In spätestens zehn Jahren wird das aus unserer Sicht definitiv in sehr hoher Qualität und kostengünstig am Markt sein.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen?
Als Kind habe ich früher immer mit Bestellkatalogen gespielt, diese dicken Dinger, zum Beispiel von Quelle. Da haben wir uns Sachen angekreuzt und gesagt: „Du, wenn wir mal groß sind …“ (lacht). Nur, die waren immer so schwer, und ich fand, es wäre toll das zu vereinfachen. Als ich später die OLED-Technologie gesehen habe, dachte ich sofort, das kann man damit machen.
Das war aber nicht der Einstieg für Inuru?
Nein, es war 2012, als wir mit allem angefangen haben. Da war uns auch klar, bis zum interaktiven Bestellkatalog auf Papier ist es noch ein langer Weg. Also, womit beginnen? Wir saßen einmal zusammen in einem Sushi-Restaurant und hielten die Menükarte mit einem Koi-Karpfen auf dem Cover in den Händen. Wie wäre es, wenn der Fisch von rechts nach links über die Karte schwimmt, fragten wir uns. Als Werbemittel müsste das doch durch die Decke gehen – die Idee war geboren!
Das hört sich nach einem lohnenden Wachstumsmarkt an. Was macht die Konkurrenz?
Wir sind momentan das einzige Unternehmen, das genau diese Technologie anbietet. Es gibt noch andere Firmen in unserem Segment, die verwenden aber andere Technologien, die alle nicht zu Displays verbaut werden können. Wir sind außerdem die einzige Firma, die die entsprechende Drucktechnologie entwickelt hat.
Wie darf der Laie sich einen Drucker für leuchtendes oder gar intelligentes Papier vorstellen?
Es ist ganz wichtig, zu verstehen, dass wir industrielle Drucksysteme nutzen, das heißt konventionelle Drucksysteme, wie sie am Markt vorhanden sind. Die Tinten wurden so entwickelt, dass sie auf normalen Industriedruckern verwendet werden können. Diese Drucker gibt es in groß und in klein – in Zukunft wird es aber definitiv möglich sein OLED auf einem normalen Bürodrucker wie er hier hinter mir steht, zu drucken.
Die Idee ist die eine Sache, die Umsetzung bis zur Marktreife eine andere. Was sind die Herausforderungen?
Vor fünf Jahren habe ich die ersten Kunden per Kaltakquise angerufen und gesagt, wir bringen Papier zum Leuchten beziehungsweise die Bilder zum Laufen wie bei Harry Potter. Da haben mir von den 18 größten Medienagenturen in Deutschland 17 gesagt: Sie sind ein Spinner. Das war die erste Hürde. Dazu kommt, dass wir uns jetzt in einem großen neuen Markt befinden, der gerade erst entwickelt wird und wo die Konkurrenz fehlt. Wir sind wie ein Fisch, der in einem riesigen Ozean schwimmt. Da muss man sich fokussieren und darf nicht wie wild durchs Wasser schwimmen. Deshalb konzentrieren wir uns auf unsere Kernkompetenz.
Der Standort Adlershof ist auf den ersten Blick für ein junges Start-up ungewöhnlich ...
Wo hätten Sie uns denn erwartet?
Vielleicht in Mitte oder in Kreuzberg an der Spree?
Da findet man die Tech-Start-ups. Wir sind aber Hightech. Wir brauchen die Anbindung an eine Forschungsinfrastruktur und haben eine sehr enge Kooperation mit der Humboldt-Universität, nutzen deren Labore mit. Das ist für uns sehr wichtig, um unsere Leuchtelemente erforschen und herstellen zu können. Wir benötigen zum Beispiel aufwendige Messgeräte, da wir uns im Nanobereich bewegen – die kosten mal schnell ein paar Millionen Euro. Da ist es für uns sinnvoll, Kapazitäten zu nutzen, die das Land Berlin zur Verfügung stellt. Am Technologiestandort Adlershof finden wir ideale Bedingungen vor.
Was spricht sonst noch für Berlin-Adlershof?
Wir hatten am Anfang die Standortwahl. Die Frage war, wohin gehen wir? Zu Beginn haben wir die Dinge in Chemnitz entwickelt, am Institut für Drucktechnik. Dann haben wir eine Standortanalyse gemacht. Erstes Kriterium für uns war die Infrastruktur – Zugang zu Chemie- und Messlaboren. Dann haben wir nach einem Standort gesucht, den man gut und gerne erreichen kann, da unser Business sehr vertriebsbetont funktioniert. Adlershof erfüllt beide Kriterien mit seiner Nähe zur Humboldt-Universität und zum Flughafen – wenn er denn bald fertig wird (lacht). Weiterhin boomt Berlin immer noch, das führt zu einem guten Angebot an qualifiziertem Personal.