Die Freude über den dritten Finalsieg in der Fußball-Champions League in Folge währte bei Real Madrid nicht lange. Erst trat Trainer Zinédine Zidane wenige Tage danach überraschend zurück, dann verließ Superstar Cristiano Ronaldo die Königlichen in Richtung Italien. Rückschläge, von denen sich die Madrilenen nur langsam erholen.
Am Abend des 26. Mai 2018 war die Welt von Real Madrid noch in bester Ordnung. Gerade hatten die Königlichen zum dritten Mal in Folge die Fußball-Champions League gewonnen – das war zuvor noch keinem Team gelungen, seit es diesen Wettbewerb gibt. Mit 3:1 hatte Madrid gerade den FC Liverpool mit dessen deutschem Trainer Jürgen Klopp im Finale besiegt
„Wir haben Geschichte geschrieben. Dank an alle Madridistas. Es ist ein Augenblick des Glückes. Hala Madrid!", rief Cristiano Ronaldo einen Tag nach dem dritten Champions-League-Erfolg Madrids in Serie freudestrahlend auf dem Balkon des Gebäudes der Madrider Regionalregierung. Auch er selbst hatte Geschichte geschrieben, ist mit fünf Champions-League-Erfolgen alleiniger Rekordhalter.
Doch bereits am Vorabend hatte der Portugiese die königliche Welt nach dem 3:1-Final-Erfolg gegen den FC Liverpool mit Schmollmiene und der Andeutung eines Weggangs mächtig aufgeschreckt. „Es war schön, bei Real zu spielen", hatte er gesagt. „Cristiano bleib’, Cristiano bleib’!", skandierten die Fans auf dem brechend vollen Platz Puerta del Sol. Vergeblich, denn Anfang Juni verdichteten sich die Gerüchte um einen tatsächlichen Weggang Ronaldos, dem immer wieder Probleme mit Reals mächtigem Präsidenten Florentino Pérez nachgesagt wurden und dem in Spanien eine Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung drohte.
Führung wurde völlig überrascht
Mitte Juni erklärte sich der 33 Jahre alte Portugiese bereit, insgesamt 18,8 Millionen Euro an Nachzahlungen, Geldstrafe und Zinsen an den Fiskus zu leisten und eine Haftstrafe von zwei Jahren auf Bewährung zu akzeptieren. Die zuständige Staatsanwaltschaft hatte Ronaldo vorgeworfen, über Briefkastenfirmen mehrere Millionen Euro Steuern am spanischen Fiskus vorbeigeschleust zu haben. Es geht dabei speziell um Einnahmen aus Bildrechten, die der Profi von Champions-League-Sieger Real Madrid zwischen 2011 und 2014 hinterzogen haben soll.
Ende Juni wurde dann auch noch bekannt, dass Real Madrid die festgeschriebene Ablösesumme für Ronaldo von der astronomisch hohen Summe von einer Milliarde Euro auf 120 Millionen Euro heruntergesetzt hat. Nun war klar, dass ein Wechsel zu einem anderen Verein tatsächlich kurz bevorstand. Und tatsächlich bot Juventus Turin Anfang Juli die erforderliche Summe – bereits am 10. Juli meldeten beide Seiten Vollzug.
Ein weiterer schwerer Schlag für Real Madrid, denn bereits wenige Tage nach dem Champions-League-Erfolg hatte Erfolgstrainer Zinédine Zidane völlig überraschend seinen Rücktritt erklärt. Nach seinem dritten Champions-League-Triumph nacheinander hatte Zidane noch ausgelassen gejubelt, fünf Tage später erklärte der Trainer von Real Madrid ebenso nüchtern wie überraschend seinen Abschied. „Ich mag es zu gewinnen. Aber wenn ich glaube, dass wir nicht weiter gewinnen werden, ist es Zeit für einen Wechsel", sagte der 45-Jährige bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Madrid.
Die Entscheidung traf Real nach Aussage von Club-Präsident Florentino Pérez völlig unvorbereitet, denn eigentlich besaß der Franzose noch einen Vertrag bis zum Jahr 2020. „Wir müssen diese Entscheidung aber respektieren", sagte Pérez. Zidane machte einen aufgeräumten Eindruck, als er seinen Abschied von den Königlichen mit ruhiger Stimme auf Spanisch verkündete. Die Erklärung wirkte gut durchdacht und vorbereitet.
Seit Januar 2016 war er Cheftrainer von Real gewesen und verlor seitdem keines seiner acht Endspiele. Zuletzt gewann Zizou mit den Königlichen in Kiew gegen den FC Liverpool erneut den Titel in der Königsklasse – als erster Trainer überhaupt zum dritten Mal in Serie. „Es gab tolle Momente, und wir haben mit einem großen Moment aufgehört – mit dem Gewinn der Champions League. Aber es gab auch schwierige Momente während der Saison", betonte Zidane.
Offenbar ahnte Zidane, dass der Zenit erreicht ist
Mit Madrid musste er sich beispielsweise in der vergangenen Saison in der Liga als Dritter klar Meister FC Barcelona geschlagen geben, im Pokal war schon im Viertelfinale Schluss. Der sich schon damals andeutende Abschied von Superstar Cristiano Ronaldo aus Spaniens Hauptstadt habe aber keinen Einfluss auf seine Entscheidung gehabt.
Mit seinen Spielern hatte Zidane, der 2017 Fifa-Trainer des Jahres wurde, vor der Pressekonferenz nicht persönlich gesprochen, „aber sie kennen meine Entscheidung", verriet er. „Die Mannschaft benötigt eine neue Ansprache, eine andere methodische Arbeit", sagte Zidane zum Abschied. Zuvor hatte er nur die B-Mannschaft der Madrilenen betreut und lernte als Co-Trainer unter dem Italiener Carlo Ancelotti, ehe er befördert wurde.
Zidanes freiwilliger Rückzug ist gleichzeitig das vorläufige Ende einer atemberaubenden Karriere, die bereits als Spieler begonnen hatte. Aufgewachsen im Arbeiterviertel von Marseille, führte Zinédine Yazid Zidane, der Sohn algerischer Einwanderer, Frankreich zum Welt- und Europameistertitel, wurde dreimal Weltfußballer und entwickelte sich im Trikot von Juventus Turin und Real zu einer Marke wie heute Ronaldo oder Lionel Messi. Die aktive Laufbahn des Weltstars mit der markanten Glatze endete 2006. Noch bestens im Gedächtnis ist auch sein Kopfstoß im verlorenen WM-Finale gegen Italien. Nach der Aktion gegen Marco Materazzi wurde er in Berlin des Platzes verwiesen, aber trotzdem zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt.
Als Trainer ist ihm oft vorgeworfen worden, dass er kein taktisches Konzept habe. Doch vielmehr sind es die Flexibilität und der Pragmatismus, die das Spiel unter ihm auszeichnen. Die Unberechenbarkeit machte Madrid so gefährlich und brachte unter der Führung von Zidane unter anderem auch den Gewinn der spanischen Meisterschaft 2017 sowie Siege bei der Club-WM 2016 und 2017.
Seit er und Ronaldo weg sind, läuft es nicht mehr für die Königlichen. Sein Nachfolger Julen Lopetegui, der zwei Tage vor Beginn der Fußballweltmeisterschaft, als spanischer Nationaltrainer zurücktrat, um zu Real wechseln zu können, musste bereits Ende Oktober schon wieder seinen Hut nehmen.